Duhner Wattrennen: Tierquälerei am Nordseestrand

„Pferderennen auf dem Meeresgrund“ – unter dieser idyllisch klingenden Bezeichnung findet jedes Jahr im Sommer das Duhner Wattrennen in Cuxhaven statt. Doch wie eine Fotodokumentation im Jahr 2014 enthüllte, ist der Renntag auf dem Wattboden alles andere als idyllisch, sondern bedeutet für die Pferde Gewalt, Zwang und Schmerzen. Trotz laufender Ermittlungen wurde die Veranstaltung auch in den Folgejahren unter tierschutzwidrigen Bedingungen durchgeführt. Offensichtlich haben weder die zuständigen Behörden noch die Politik Interesse daran, den Tierschutz bei diesem Pferderennen ernsthaft durchzusetzen. 

Das Duhner Wattrennen – Tierquälerei statt Idylle

Wie die Aufnahmen von 2014 zeigen, werden die Pferde in mehreren Trab- und Galopprennen mit scharfer Zäumung, tierschutzwidrigen Gebissen, Riemen und Peitschenschlägen gefügig gemacht. Die Reiter treiben sie unter Gewaltanwendung zu Höchstleistungen – viele Tiere erleiden dabei große Schmerzen. In der Vergangenheit wurde das Duhner Wattrennen laut Veranstalter zu Promo-Zwecken bereits in einem Atemzug mit den brutalen Stierrennen von Pamplona und dem grausamen Hundeschlittenrennen von Alaska genannt.

Nachdem das belastende Fotomaterial veröffentlicht wurde und wir von PETA Deutschland im Juli 2015 Strafanzeige gestellt hatten, teilte der zuständige Oberstaatsanwalt in einer vorläufigen Stellungnahme mit, dass Anhaltspunkte für Tierquälerei vorliegen. Die näheren Umstände sollte ein Gutachten klären. Mittlerweile haben wir 10.000 Unterschriften an den Oberbürgermeister der Stadt Cuxhaven sowie den Ministerpräsidenten von Niedersachsen mit der Forderung übermittelt, das Duhner Wattrennen nicht länger zu unterstützen und die tierquälerische Veranstaltung endgültig einzustellen.

Am 14. August 2016 kam es beim Duhner Wattrennen erneut zu zahlreichen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz: Trotz der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stade nach unserer Strafanzeige im Vorjahr nutzten zahlreiche Reiter erneut eine tierschutzwidrige Zäumung und fügten den Pferden damit Leid und Schmerzen zu.

Auch die seit 1998 in Niedersachsen verbotenen Ohrstöpsel kamen abermals zum Einsatz. Ein Expertengutachten, in dem über 50 Bildaufnahmen des Rennens ausgewertet wurden, belastete die Verantwortlichen schwer. Wir erstatteten daraufhin erneut Strafanzeigen gegen Reiter, Veranstalter und das Veterinäramt. Auch an das zuständige niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz appellierten wir ein weiteres Mal, die Ausrichtung des Duhner Wattrennens künftig zu untersagen – leider erfolglos. Zusätzlich wandten wir uns an zahlreiche Sponsoren.

Verantwortliche ignorieren jahrelang offensichtliches Tierleid aus Profitgier

Obwohl ein Gutachten zahlreiche Tierquälereien beim Duhner Wattrennen belegte und selbst die Staatsanwaltschaft „Anhaltspunkte für Tierquälerei“ feststellte, fand das Duhner Wattrennen von 2014 bis 2019 dennoch statt. Die Pferde wurden im Rahmen der Veranstaltung weiterhin brutal zu Höchstleistungen gezwungen. Aufnahmen von 2018 zeigen, wie Reiter ihre Pferde bei zwei Rennen durch Riemen, Gebisse und Zungenbänder zu willenlosen Rennmaschinen degradieren. Die Kontrolle der Tiere durch das Zufügen von Schmerzen ist ein typisches Merkmal von Pferderennen. Obwohl Expertengutachten zu dem Schluss kamen, dass beim Duhner Wattrennen Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen vorlagen, wurden zwei Strafanzeigen unter anderem mit der fadenscheinigen Begründung eingestellt, die Fotos seien nur eine „Momentaufnahme“.

Auch in Zukunft soll der tierquälerische Wettbewerb weiterhin stattfinden. Seitens der zuständigen Behörden und Politiker besteht offensichtlich kein Interesse, für mehr Tierschutz beim Duhner Wattrennen zu sorgen – denn das würde das Ende der Veranstaltung bedeuten, und in der Folge fehlende Einnahmen.

Fotos © Melanie Bolleininger

Experten bewerten das Duhner Wattrennen als Tierquälerei

Was die Pferde bei dem Duhner Wattrennen in Cuxhaven erleiden, ist „jenseits der Grenze des Akzeptablen“. So beschreibt es der renommierte Pferdeexperte, Veterinärmediziner und Fachbuchautor Dr. Gerd Heuschmann. Heuschmann analysierte für PETA Fotos vom Renngeschehen und kam zu dem Schluss:

„Die Zäumung auf den Fotos ist als absolut tierschutzwidrig zu bewerten. Hier findet mechanische Kontrolle der Tiere unter Gewalteinwirkung statt. Als Pferde-Experte halte ich diese Zäumung für nicht tolerierbar. Es ist skandalös, dass es im Pferdesport keine Handlungsrichtlinien gibt, die diese haarsträubenden qualvollen Methoden verbieten.“

Dr. Gerd Heuschmann

Auch der ehemalige Rennbahntierarzt Dr. Maximilian Pick bewertete die Fotodokumentation:

„Diese Gebisse sind Tierquälerei pur, paradoxerweise jedoch laut Trabrennordnung erlaubt. Zudem wurde die Zunge bei manchen Pferden am Unterkiefer tierquälerisch angebunden und ist durch die Abschnürung bereits dunkelblau angelaufen. Ohrstöpsel, Blender und Scheuklappen behindern die Sicht und akustische Wahrnehmung der Tiere. Das Schlimmste ist, dass die so zusammengeschnürten, panischen Pferde dann auch noch mit der Peitsche rücksichtslos bis zu dreimal geschlagen werden dürfen.“

Dr. Maximilian Pick 

Zäumung führt nachweislich zu gesundheitlichen Schäden

Trensen, Kinnketten und Nasenriemen üben Zug auf die empfindlichen Mundwinkel und den Unterkiefer von Pferden aus. Sie drücken auf Zunge und Laden, auf den sehr empfindlichen Gaumen sowie auf den Nasenrücken oder das Genick des Pferdes. Verstärkt wird dieser Druck durch die Hebelwirkung einiger Gebisse. Solche Foltergebisse bereiten den Tieren Schmerzen und können zu ernsthaften Verletzungen führen. Die Liste der durch Gebisse verursachten gesundheitlichen Probleme ist lang. So hat auch die Tierärztliche Hochschule Hannover nachgewiesen, dass Gebisse eine permanente Schmerzquelle sein können. Die Experten machen auf die Verletzungsrisiken durch Zäumungen an Zunge, Unterkiefer, Lippen und Gaumen aufmerksam. [1] Gebisse beeinträchtigen außerdem den Stoffwechsel, die Atmung und das Herz der Tiere und können zu starkem Stress führen.

Duhner Wattrennen 2016

Tierquälerische „Tradition“ – Pferderennen müssen verboten werden

Laut Tierschutzgesetz darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen zufügen. Die brutale Misshandlung von Pferden durch Schläge und tierschutzwidrige „Hilfsmittel“ bei Rennen darf daher nicht länger toleriert werden. Bei Galopprennen dürfen Reiter ihre Pferde den offiziellen verbandsinternen Richtlinien zufolge bis zu fünfmal, bei Trabrennen dreimal mit der Peitsche schlagen – das zeigt, wie rücksichtlos der Umgang mit den empfindlichen Tieren ist. Die Legalisierung der Tierquälerei durch die Verbände steht im direkten Widerspruch zum Tierschutzgesetz. Aufgrund der zahlreichen Unfälle, oftmals mit Todesfolge bei Pferden und Reitern, fordern wir ein sofortiges Ende von Pferderennen. Pferde sind keine „Sportgeräte“, sondern fühlende Lebewesen.

Wir appellieren an das zuständige Niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz, die Ausrichtung des Duhner Wattrennens künftig zu verbieten.

Wie Sie den Pferden helfen können

  • Bitte besuchen Sie keine Pferderennen und nehmen Sie nicht an Pferdewetten teil. Bei solchen Aktivitäten geht es lediglich um Profit und hohe Wettsummen – zum Leidwesen der Tiere.
  • Bitte appellieren Sie an das Niedersächsische Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz, die Ausrichtung des Duhner Wattrennens zu untersagen: Schreiben Sie eine entsprechende E-Mail an das Ministerium.
  • Quellen

    [1] Elisabeth Engelke und H. Gasse (Anatomisches Institut, Tierärztliche Hochschule Hannover): Zur Lage unterschiedlicher Trensengebisse im Pferdemaul; In: Pferdeheilkunde 18 (2002) 4 (Juli–August) 367–372