Circus Luna: Tierleid geht im neuen Circus Hallygally weiter

Circus Luna stand lange wegen der tierquälerischen Haltung und gefährlichen Vorfällen in der Kritik. Der Zirkus der Familie Frank war einer der letzten Zirkusbetriebe in Deutschland, die Bären zu Auftritten in der Manege zwangen. Die einsame Elefantendame Benjamin ist – vermutlich durch die jahrelangen Entbehrungen im Zirkus – unberechenbar geworden: Sie verletzte mehrere Menschen.

Wir von PETA Deutschland haben die Zirkusverantwortlichen und die mangelhafte Haltung von Wildtieren im Circus Luna in den vergangenen Jahren immer wieder kritisiert. Nach einer Pause scheint die Zirkusfamilie nun unter dem neuen Namen Circus Hallygally wieder mit Tieren unterwegs zu sein. [1]

Inhaltsverzeichnis

Tiermissbrauch gipfelte in tödlicher Elefantenattacke

Fast 20 Jahre lebte Elefantin Benjamin, auch Baby genannt, im Circus Luna. Jahrelang wurde das Tier zu Auftritten in der Manege gezwungen. Im Zirkus müssen Elefanten meist artwidrige „Kunststücke“ vorführen – damit das überhaupt möglich ist, werden sie gewaltsam dressiert.

Tierquälerische Einzelhaltung im Circus Luna

Die Afrikanische Elefantin mit dem Namen Baby wurde als „Wildfang“ ihrem Lebensraum entrissen und 1997 vom Zirkus erworben. [2] Kurz darauf wurde anscheinend einfach ihr Name gewechselt – unter dem Namen Benjamin sollte sie die nächsten Jahre das Zirkuspublikum unterhalten. [3] Bei Circus Luna wurde der Elefantendame alles verwehrt, was ein artgerechtes Elefantenleben ausmacht: So sind weibliche Elefanten soziale Herdentiere, deren Einzelhaltung laut den sogenannten Zirkusleitlinien untersagt ist. Dennoch musste Benjamin im Zirkus seit Juni 2000 ohne Artgenossen ausharren. Sie litt bereits unter schweren Verhaltensstörungen.

Elefant in Zirkuskaefig bei Circus Luna
Elefantin Benjamin litt bei Circus Luna unter jahrelanger Einzelhaltung.

Auch die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte im Mai 2012 in einem Schreiben, dass „teilweise die Vorgaben der Zirkusleitlinie nicht umgesetzt wurden“. Außerdem wurden sowohl „die Einzelhaltung des Elefanten als auch […] das zu kleine Innengehege in Verbindung mit einem fehlenden Außengehege […] sowie teilweise fehlendes Beschäftigungsmaterial“ bemängelt.

Anfang Februar 2015 dokumentierten wir außerdem, dass der Zirkus die Elefantin bei klirrender Kälte in einem engen LKW eingesperrt hielt. In einer Nacht lagen die Temperaturen bei drei Messungen bei jeweils etwa 6 Grad Celsius. Daraufhin erstatteten wir unmittelbar Anzeige beim Kreisveterinäramt Waldshut. Drei Tage später zeigte das Thermometer sogar nur 5,3 Grad Celsius aus dem Inneren des Transporters an. Laut Zirkus- und Zoorichtlinien muss eine Elefantenbehausung nachts mindestens 15 bis 20 Grad Celsius warm sein. Die dauernde nächtliche Unterbringung auf einem kleinen LKW ist gemäß Zirkusrichtlinien ebenfalls nicht gestattet.

Der Zirkus verstieß vor den Augen der Veterinärbehörden unbehelligt gegen die Leitlinien und ließ die Elefantendame leiden. Laut einer ZDF-Reportage vom März 2015 hatten Amtsveterinäre in den vergangenen vier Jahren ganze 124 Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen bei dem Zirkusbetrieb dokumentiert – viele davon die Elefantenhaltung betreffend. [4]

Elefant im Zelt hinter Elektrozaun bei Circus Luna
Im Zirkus werden Elefanten kaum 30 Jahre alt, weil ihnen dort alles verwehrt wird, was natürlich und wichtig für sie ist.

Vorfälle mit Elefantin Benjamin: Zahlreiche schwer verletzte Menschen

Die Elefantendame Benjamin ist durch die jahrelange tierquälerische Haltung im Zirkus unberechenbar geworden. Bei Übergriffen der Elefantin wurden Menschen zum Teil schwer oder sogar tödlich verletzt:

  • Im nordhessischen Melsungen versetzte Benjamin im Jahr 2000 einer Frau und ihrem sechs Jahre alten Kind einen Schlag mit dem Rüssel. [5] Das Kind erlitt einen Schock, die Mutter kam mit Verdacht auf Gehirnerschütterung ins Krankenhaus.
  • 2010 verlor ein Familienvater nach einer lebensgefährlichen Attacke in Leutkirch eine Niere, sein Sohn wurde ebenfalls schwer verletzt. [6, 7] Die Elefantin drückte den 24-jährigen Vater mit seinem neun Monate alten Sohn auf dem Arm gegen einen Zaun, hob die beiden mit seinem Stoßzahn empor und schleudert sie vier Meter durch die Luft. Der junge Vater wurde per Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Dort lag er im Koma, verlor eine Niere, musste beatmet und mehrmals operiert werden. Das Baby kam mit einem Oberschenkelbruch und einem Trauma nur deshalb verhältnismäßig glimpflich davon, weil der Vater es vor dem Aufprall mit seinem eigenen Körper schützte.
  • 2012 erlitt ein 12-jähriger Junge bei einem Gastspiel in Burladingen einen Kieferbruch durch einen Rüsselschlag. [8] Während der Vorführung schlug die Elefantin dem Kind mit ihrem Rüssel ins Gesicht, wobei der Kiefer des Jungen brach.
Elefant laeuft mit Zirkusdirektor ueber Flohmarkt
Circus Luna nahm Elefantendame Benjamin für Werbezwecke mit zu Floh- und Supermärkten.

Nur wenige Wochen vor dem Vorfall in Burladingen hatten wir alle baden-württembergischen Regierungspräsidien ausdrücklich vor weiteren Unfällen mit der Elefantendame gewarnt, weil Benjamin durch die jahrelange Qualhaltung schwere Verhaltensstörungen aufwies und die Zirkusbetreiber in hohem Maße fahrlässig mit den Tieren und den Besucher:innen umgingen.

Auch der renommierte Elefantenexperte Dr. Fred Kurt warnte: „Jeder Kontakt zwischen dem Tier [Benjamin] und einem Besucher kann in einer weiteren Tragödie enden.“ Der Zirkus ließ dennoch weiterhin Menschen – auch Kinder – ganz nah an den Elefanten heran.

Mitte Juni 2015 brach Elefantendame Benjamin schließlich bei einem Gastspiel in Buchen aus dem Zirkus aus und tötete einen Passanten. Erst nach diesem Vorfall haben die Behörden reagiert und das Tier aus dem Zirkus herausgeholt. [3] Benjamin wurde in den Safaripark Stukenbrock gebracht. Dort hat sie sich entgegen einem vorherigen Gutachten des zirkusnahen Wissenschaftlers Dr. Immanuel Birmelin problemlos in eine Gruppe mit drei Afrikanischen Elefanten integriert. Dr. Birmelin hatte Benjamin zuvor eine angebliche Unverträglichkeit mit Artgenossen attestiert und dem Zirkus so eine Ausnahmegenehmigung zur Einzelhaltung ermöglicht.  

Elefant steht vor Menschen auf einem Parkplatz
Elefantin Benjamin begegnete wiederholt Menschen unter unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen.

Circus Luna musste sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten

Nach dem tödlichen Vorfall im Sommer 2015 beantragte die Staatsanwaltschaft Mosbach einen Strafbefehl gegen den Direktor des Circus Luna wegen fahrlässiger Tötung über 6.300 Euro. Er habe gefährliche Situationen mit der Elefantendame Benjamin nicht unterbunden, sodass sie im Juni 2015 einen Spaziergänger tötete.

Belege für die Behauptung von Zirkusangehörigen, Betriebsfremde hätten den Elefanten freigelassen, wurden laut Staatsanwaltschaft nicht gefunden. Dagegen beobachtete eine Buchener Bürgerin laut Ermittlungsakte nur wenige Minuten vor der tödlichen Attacke, wie die Elefantendame in Begleitung einer augenscheinlich mit dem Tier vertrauten Person außerhalb des Zirkusgeländes umherlief.

Bei einer anschließenden Durchsuchung im Zirkus wurden die von der Zeugin beschriebenen Kleidungsstücke gefunden – dies erhärtete den Verdacht, dass der Elefant von einem Zirkusangehörigen spazieren geführt und nicht „befreit“ wurde. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Mosbach gegen den Zirkusdirektor wurde in Höhe von 3.150 Euro rechtskräftig. [9]

Bären im Circus Luna: So litten Shirley und Bessy

Circus Luna war einer der letzten deutschen Zirkusse mit Bärenhaltung. Wie im finsteren Mittelalter wurden die Braunbärinnen Shirley und Bessy zu artwidrigen Vorführungen gezwungen, zum Beispiel Rollerfahren oder von einer Rutsche hinabgleiten. Ansonsten waren die Tiere die meiste Zeit in einem winzigen Käfigwagen eingesperrt. Das Zusammenpferchen von einzelgängerischen Braunbären auf engstem Raum ist genauso tierquälerisch wie die komplette Isolation von sozialen Herdentieren wie Elefanten.  

Bereits 1998 stellten die Veterinärbehörden in Mörfelden-Walldorf fest, dass die Tierhaltung bei Circus Luna tierschutzwidrig ist. Die Bären wurden in einem Zirkuswagen auf einer Fläche von nur acht Quadratmetern gehalten und hatten schon damals weder ein Außengehege noch das vorgeschriebene Badebecken. Doch die permanente und dokumentierte Missachtung der Zirkusleitlinien hatte für Circus Luna bisher kaum Konsequenzen: Trotz zahlreicher Anzeigen von uns hielt Circus Luna die Tiere in nahezu jedem Gastspielort weiterhin unter mangelhaften Bedingungen.

Anfang Juni 2015 von uns veröffentlichte Videoaufnahmen zeigen, wie die Bärin Bessy ständig ihren Kopf gegen die Gitterwand des Käfigwagens schlug.

Seit Jahren hatten wir bereits den Zirkus und die verantwortlichen Behörden aufgefordert, die beiden Bären in eine renommierte Auffangstation zu geben. Doch Bessy konnte nicht mehr gerettet werden: Bei einem Gastspiel in Sinsheim wurde sie nur wenige Wochen später eingeschläfert, weil sie an Rückenproblemen gelitten haben soll.

Im Monat nach Bessys Tod verfügten Veterinärbehörden aufgrund der mangelhaften Bärenhaltung bei Circus Luna die Abgabe der Tiere in eine wissenschaftlich geführte stationäre Einrichtung. Die verbliebene Bärin Shirley wurde an den Hochwildschutzpark Hunsrück übergeben. [10,11] Im Juni 2016 erhielt der Direktor des Circus Luna einen Strafbefehl des Amtsgerichts Michelstadt über 750 Euro wegen Tierquälerei. Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte nach einer Strafanzeige des Kreisveterinäramts Odenwald aus dem Jahr 2015 Anklage erhoben. Grund dafür war die tierquälerische Haltung der Elefantendame Benjamin sowie der beiden Bären. Das Amtsgericht betonte, dass den Tieren länger anhaltende erhebliche Leiden zugefügt wurden.

Baer im Zirkuskaefig bei Circus Luna
Das Leben der Bären bei Circus Luna spielte sich überwiegend im Käfigwagen ab.

„Circus Hallygally“: Zirkusfamilie Frank ist erneut mit Tieren unterwegs

Nach dem tödlichen Vorfall von 2015 zog der Zirkus mit 40 Tieren – darunter Hunde, Katzen, Dromedare, Esel, Schweine, Ziegen und Ponys – in die Region Mannheim. Etwa drei Jahre lang quartierte sich die Zirkusfamilie mit den Tieren im Mannheimer Norden [12, 13] unter einer Brücke ein. Wenig später berichtete die Zirkusfamilie Frank von dem Plan, eine Kinder- und Jugendfarm mit Zirkusvorführungen, Streichelzoo und Ponyreiten zu eröffnen. Der Zirkus erhielt jedoch keine Erlaubnis und eröffnete daher auf einem Privatgelände in Ludwigshafen einen Streichelzoo mit Pony- und Dromedarreiten sowie Zauber- und Varietéshows. [13]

Unterbringung von Pferden bei Circus Luna
Unterbringung von Ochsen bei Circus Luna
Angekettetes Pony auf der Wiese bei Circus Luna
Eine Katze sitzt in einem abgesperrten Bereich bei Circus Luna

Seit 2019 tritt die Zirkusfamilie unter dem Namen Circus Hallygally auf. Die Show umfasst neben Artistik und Zauberei weiterhin Tierdressuren. Das Minischwein Rosalie muss beispielsweise über Hindernisse springen und auf einem Brett hin und her wippen. [1] Auch wenn der Zirkus unter dem Namen Circus Hallygally nun keine Großwildtiere mehr hält, werden dort weiterhin zahlreiche Tiere wie Dromedare, Papageien und Ponys als Unterhaltungsobjekte missbraucht. [14] Auch zu Zwischenfällen ist es bereits wieder gekommen: Im April 2021 löste der Ausbruch von drei Stachelschweinen aus dem Zirkus eine Suchaktion mit Polizei und Feuerwehr aus. [15]

Tiere gehören nicht in den Zirkus

In der Gefangenschaft von Zirkussen und Zoos entwickeln viele Tiere Verhaltensstörungen. Immer wieder brechen Tiere aus ihren Gefängnissen aus, wobei Tier- und Menschenleben gefährdet werden. Tiere sind nicht dazu da, uns zu unterhalten – weder Wildtiere noch domestizierte Tiere. Jedes Tier hat das Recht auf ein unversehrtes und möglichst selbstbestimmtes Leben.

Elefant in Zirkuskaefig bei Circus Luna
Ob Wild oder domestiziert: Tiere gehören nicht in den Zirkus.

So können Sie Tieren im Zirkus helfen

Besuchen Sie keine Shows, in denen Tiere für Unterhaltungszwecke ausgebeutet werden. Es gibt zahlreiche tierfreundliche Alternativen zu Zoos, Tierparks und Zirkussen.

Außerdem können Sie sich aktiv für die im Zirkus gequälten Tiere einsetzen, Aufmerksamkeit auf das Thema lenken und möglicherweise verhindern, dass ein Zirkus seine Zelte in Ihrer Stadt aufschlägt.