Missstände bei einem Mast- und Milchkuh-Hof in Steinhorst

Update, August 2013:

Nach der Dokumentation und Anzeige beim zuständigen Veterinäramt Sandesneben-Nusse teilt dieses PETA im Sommer 2013 offiziell mit, dass umfangreiche Auflagen vor allem bei den Kälbern verfügt wurden, die auch regelmäßig kontrolliert werden (keine Anbindung, ausreichend frisches Trinkwasser, Kontrolle des Gesundheitszustandes, Klauenbehandlung, Mindestbeleuchtung 80 lux und im Sommer täglicher Weidegang). Der besonders auffällige Stallbereich wurde geschlossen, seit Juli 2011 findet dort keine Unterbringung von Tieren mehr statt.

Originalartikel vom 13. Mai 2011

In Steinhorst, Schleswig-Holstein, konnten PETA-Ermittler im Mai 2011 erschreckende Zustände in einem Mast- und Milchkuh-Hof aufdecken. Gerade in Kleinbeständen ist die Anbindehaltung noch weit verbreitet. Diese Haltungsform der Anbindeställe machte im Jahr 2010 21 % aller Haltungsplätze in Deutschland aus und sie betrifft ca. 3 Millionen Tiere.

Laut Statistischem Bundesamt hat ein Rinderhaltungsbetrieb durchschnittlich 96 Haltungsplätze. Viele würden dabei bereits von „Massen“-Tierhaltung sprechen. Doch die Tieranzahl allein sagt nichts über die unzumutbaren Zustände in Tierhaltungsbetrieben aus. Empfindungen und Bedürfnissen von Tieren werden in der Intensivtierhaltung keine Beachtung geschenkt.

Rinder stehen im Dreck

Anbindehaltung

PETA Deutschland e.V. musste in einem Mast- und Milchkuh-Hof in Steinhorst, Schleswig-Holstein, gravierende Mängel feststellen. Nicht einmal die gesetzlichen Mindeststandards wurden dort eingehalten. Laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz müssen Haltungseinrichtungen für alle sogenannten Nutztiere „nach ihrer Bauweise, den verwendeten Materialien und ihrem Zustand so beschaffen sein, dass eine Verletzung oder sonstige Gefährdung der Gesundheit der Tiere […] ausgeschlossen wird […]“.

Hier schon werden im Mast- und Milchkuh-Hof gravierende Mängel deutlich. 15 Kühe und Bullen, die erst knapp ein Jahr alt sind, stehen dicht aneinander gedrängt knöchelhoch in ihren eigenen Exkrementen. Sie sind mit einer dicken Eisenkette am Hals angebunden. Diese scheuert schmerzhaft auf der Haut. Dadurch, dass die Tiere gerade mal aufstehen und sich hinlegen können, entwickeln sie schmerzhafte Gelenkentzündungen.

Rinder stehen im Dreck

Verletzte Tiere

Ein Mitarbeiter gibt zu, dass sich bereits zwei der Kühe mit dem Bein in der Kette verwickelt und dadurch verletzt haben. In einer anderen Stallanlage des Hofes finden die PETA-Ermittler sogenannte Milchkühe, die angekettet auf Gitterrosten liegen und eine davon weist sogar Verletzungen an der Flanke auf. Sie sind dünn und ausgemergelt.

Die Werbung suggeriert uns erfolgreich „Die Milch macht’s“! Jährlich gibt allein die Milchindustrie 251,7 Millionen Euro für das Marketing von Molkereiprodukten aus. Milchprodukte stehen auf Platz 2 der am intensivsten beworbenen Lebensmittel. Um die Tiere geht es dabei längst nicht mehr.

Missstände der Rinderhaltung:

Einsturzgefährdete Bretterbude

Das Gesetzt schreibt weiterhin vor, Haltungseinrichtungen sollten „so ausgestattet sein, dass den Tieren, soweit für den Erhalt der Gesundheit erforderlich, ausreichend Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen geboten wird […].“ Auch hier finden die PETA-Ermittler Zustände vor, die diese Bestimmung missachten. Die Kühe in Steinhorst werden in einer einsturzgefährdeten Bretterbude gehalten, die keinen ausreichenden Schutz vor Witterungseinflüssen bieten kann. Regen dringt durch die Decke herein. Die Stallungen sind feucht.

Auf dem Boden sammeln sich Urin und Mist und sorgen damit für klimatische Verhältnisse, die das Entstehen von Keimen begünstigen. Die Vorschrift, dass Ställe „erforderlichenfalls ausreichend wärmegedämmt und so ausgestattet sein [müssen], dass Zirkulation, Staubgehalt, Temperatur, relative Feuchte und Gaskonzentration der Luft in einem Bereich gehalten werden, der für die Tiere unschädlich ist“, wird hier wohl offensichtlich ignoriert. Auf dem Hof in Schleswig-Holstein stehen die Tiere bis zu den Knöcheln in ihren eigenen Exkrementen oder liegen auf dem feuchten, urinbedeckten Boden. Auch der ständige Kontakt mit Keimen in den Exkrementen sorgt für wundgescheuerte Stellen. Die Ermittler dokumentieren Hautveränderungen und auch eine wunde Stelle an den Oberschenkeln einer Kuh.

Kuh-Kinder vegetieren in fahlem Licht vor sich hin

Laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen die Ställe auch „mit Vorrichtungen ausgestattet sein, die jederzeit eine zur Inaugenscheinnahme der Tiere ausreichende Beleuchtung (…) ermöglichen.“ In Steinhorst vegetieren die Kuh-Kinder in fahlem Licht vor sich hin. Die PETA-Ermittler haben außerdem einen vollkommen dunklen Stall vorgefunden, in dem einige angebundene Rinder standen. Dort gab es weder eine elektrische noch eine natürliche Lichtquelle.

Was muss passieren

Es müsste sichergestellt werden, dass der Stall sauber gehalten wird. Insbesondere die Ausscheidungen der Tiere müssen so oft wie nötig entfernt werden. Stall und Geräte, mit denen die Tiere in Berührung kommen, müssen in angemessenen Abständen gereinigt und evtl. desinfiziert werden. Auf dem Hof in Steinhorst türmt sich der Mist jedoch meterhoch auf dem Gang hinter den angeketteten Rindern.

Sie selbst stehen in Betonbuchten ohne Einstreu in ihrem eigenen Mist, in den sie sich auch hinlegen müssen. Der gesamte unordentliche Hof zeigt schon, dass es der Halter mit der Wahrung der Ordnung nicht so genau zu nehmen scheint. Überall stehen alte Maschinen und Unrat liegt herum. Der Mist quillt bereits regelrecht unter der Tür hervor.

Rinder stehen im Dreck

Was ist falsch an Milchprodukten?

Weder aus tierrechtlicher und ethischer noch aus ökologischer oder gesundheitlicher Sicht ist diese Haltung zu vertreten. Tiere sind fühlende Lebewesen. Sie empfinden genau wie Menschen Schmerz oder Angst, Hitze oder Kälte. Ihr Mist wird zunehmend auch ein Problem für die Umwelt und der Fleischkonsum erhöht das Risiko für Zivilisationskrankheiten. Die Tiere sind längst zu einer Produktionsware geworden, deren Empfindungen und Bedürfnissen keine Beachtung geschenkt wird.

Um den Gewinn zu maximieren, untergraben die Tierhalter sogar die ohnehin ungenügenden gesetzlichen Mindeststandards und selbst diese versuchen sie bis ins letzte Detail für Ihre Interessen auszuloten. An die Tiere denkt keiner. Sie enden zerlegt in alle Einzelteile, anonym und abgepackt im Supermarkt. PETA Deutschland e.V. würde sich wünschen, dass sich die Menschen im Alltag für die Tiere einsetzen und keine tierischen Produkte kaufen.

Rücksprache mit dem Veterinäramt

PETA Deutschland hat nach den vorgefundenen Missständen natürlich Rücksprache mit dem Veterinäramt gehalten. Am folgenden Tag sollte eine Kontrolle vorgenommen werden, deren Ergebnis noch aussteht. Der Stall in Steinhorst zeigt, wie grausam die Haltung von Tieren zur Produktion von Milch und Fleisch ist. Nicht nur in dem heruntergekommenen Verschlag.

Diese Recherche war nur durch die finanzielle Hilfe unserer Unterstützer/innen möglich.

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