Elefantenmisshandlung im Zoo Hannover: PETA kritisiert Befangenheit auch des dritten Gutachters vom Tierpark Hagenbeck

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Hannover / Hamburg / Stuttgart, 20. Juli 2017 – Im Ermittlungsverfahren wegen Tierquälerei an Elefanten gegen Verantwortliche des Zoos Hannover hat die Staatsanwaltschaft einen dritten Gutachter bestellt: Dr. Stephan Hering-Hagenbeck vom Tierpark Hagenbeck in Hamburg. Die Anzeigenerstatterin PETA  zweifelt, wie schon bei den ersten beiden Sachverständigen, an der Objektivität des ehemaligen Direktors des Tierparks Hagenbeck. Als langjähriger Befürworter der Haltungsform „Direkter Kontakt“ im eigenen Zoo in Hamburg, bei dem die Elefanten mit einem Stock mit spitzem Metallhaken kontrolliert werden, wird Hering-Hagenbeck die Videobeweise nach Auffassung von PETA nicht unparteiisch bewerten. Zudem ist er Schatzmeister im Verband der Zoologischen Gärten e.V., in dem auch der Zoo Hannover und der Zoo Osnabrück unter der Leitung vom zweiten Gutachter Dr. Michael Böer, vertreten sind. Es ist fraglich, ob Hering-Hagenbeck ein Verbandsmitglied mit einer objektiven Einschätzung belasten würde. Die Tierrechtsorganisation fordert die Staatsanwaltschaft Hannover deshalb erneut auf, unabhängige Experten für den Fall einzusetzen.
 
„Die Auswahl der Gutachter ist ein weiterer Schlag ins Gesicht der gequälten Elefanten. Es ist unfassbar, dass die Staatsanwaltschaft Hannover ausschließlich Sachverständige aus dem Umfeld des Zoos bestellt, die teilweise auch noch die Nutzung von Elefantenhaken gutheißen“, so Peter Höffken, Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche bei PETA. „Auch Hering-Hagenbeck steht für  jene Tierhaltung, die Gewalt gegenüber den sensiblen Rüsseltieren beinhaltet.“
 
Wie die Videoaufnahmen, die PETA im April veröffentlichte, zeigen, werden die Elefanten im Zoo Hannover eingeschüchtert und mit Haken gestochen und geschlagen, damit sie Zirkustricks ausführen. Auch die Verantwortlichen des Tierparks Hagenbeck waren lange Zeit mit der Zirkuswelt verbandelt: Noch im Jahr2009 bot Hagenbeck dem Zirkusdompteur Christian Walliser eine Manege, in der er Tiger mit der Peitsche zu Kunststücken zwang. Die Show endete, als der Dompteur lebensgefährliche Bissverletzungen durch die Tiere davontrug [1]. PETA bezweifelt, dass ein Gutachter aus dem zirkusaffinen Hagenbeckschen Tierpark im Fall der Elefanten in Hannover im Sinne des Tierschutzes urteilen kann.
 
Die Tierrechtsorganisation kritisiert auch die Auswahl der anderen beiden Gutachter scharf: Michael Böer war in den 1980er und 1990er Jahren etwa 15 Jahre im Zoo Hannover beschäftigt, davon lange als stellvertretender Direktor. PETA vorliegenden Informationen zufolge war der heutige Chefpfleger der Elefanten bereits damals unter Böer für die Rüsseltiere verantwortlich. Der zweite Gutachter, Hansjoachim Hackbarth, betonte im April 2017 nach der Veröffentlichung von PETAs Recherche zur Elefantenquälerei im Zoo Hannover, dass er „den Einsatz von Elefantenhaken für absolut notwendig“ hält [2]. 2014 lobte Hackbarth die Tierhaltung bei Circus Krone, obwohl der Zirkusbetrieb seit Jahren mit schwer verhaltensgestörten Elefanten auftritt und die Tiere mit dem Elefantenhaken dressiert [3]. Zudem bestehen laut Zeitungsberichten enge Kontakte zwischen dem Zoo Hannover und der Tierärztlichen Hochschule Hannover [4].
 
PETA veröffentlichte Videoaufnahmen vom Herbst 2016 die zeigen, wie Elefantenkinder im Zoo Hannover abseits der Besucherblicke klassische Zirkusnummern wie das Stehen auf zwei Hinterbeinen, das Drehen auf einem Podest oder das aufrechte Sitzen erlernen müssen. Gehorchen die Tiere nicht, werden sie mit dem Elefantenhaken bestraft. Die Aufnahmen zeigen auch, dass eine schwere Peitsche zur Züchtigung benutzt wird. 
 
Schon 2005 informierte der renommierte Verein Elefanten-Schutz Europa e.V. die Geschäftsführung des Zoos, dass wiederholt Elefanten geschlagen wurden. Details darüber wurden von der Organisation und in einem Fachartikel veröffentlicht. Trotz Augenzeugenberichten sprach die Zooleitung schon damals von „großer Zuneigung“ für die Tiere und stritt die Vorwürfe ab. PETA fordert den Zoo auf, die Misshandlungen der Tiere endlich einzugestehen und die zuständigen Mitarbeiter zu suspendieren oder zu versetzen.
 
PETA setzt sich für ein Ende der Elefantenhaltung in Gefangenschaft ein, denn die sensiblen Rüsseltiere gehören in die Wälder und Savannen Afrikas und Asiens. Dort wandern sie gemeinsam mit ihren Familien viele Kilometer am Tag. Die Bedingungen in Zoos sind derart unnatürlich und mangelhaft, dass die empfindsamen Tiere dort durchschnittlich nur halb so alt werden wie in der Natur [5]. Viele der Elefanten in Gefangenschaft zeigen Verhaltensstörungen; Auswilderungen der im Zoo geborenen Tiere finden nicht statt.

Quellen:
[1] https://www.welt.de/vermischtes/article5479301/Behoerde-wertet-Tiger-Angriff-als-Arbeitsunfall.html (zuletzt abgerufen am 10.07.2017)
[2] Harbart, Felix (2017): „Warum der Wirbel um den Zoo übertrieben ist“. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Artikel vom 8. April 2017. Online unter: www.haz.de/Nachrichten/Meinung/Uebersicht/Kommentar-zu-den-Tierquaelerei-Vorwuerfen-im-Zoo-Hannover.
[3] Schulte, Gabriele (2014): „Circus Krone wird massiv bedroht“. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Artikel vom 14. Juli 2014.
[4] Kreiszeitung (2017): „Experten untersuchen nach Peta-Vorwürfen Elefanten im Zoo Hannover“. Artikel vom 12.04.2017. Online unter: www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/experten-untersuchen-nach-peta-vorwuerfen-elefanten-hannover-8133900.html.
[4] Clubb R., Moss C. et al (2008): Compromised Survivorship in Zoo Elephants., Science 12 December 2008: 1649.

Kontakt:
Denis Schimmelpfennig, +49 (0)711 860591-528, [email protected]

 

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