Ingrid Newkirk im Interview

Das US-Magazin Forbes hat ein sehr interessantes Gespräch mit der PETA-Vorsitzenden Ingrid Newkirk geführt, das wir Ihnen hier in deutscher Übersetzung präsentieren.

 


Ingrid bei einer PETA-Protestaktion

Michael Tobias (MT): Was ist das dringendste Problem, mit dem Tierrechtsgruppen wie PETA heute zu kämpfen haben?

Ingrid Newkirk: (IN) Das ist etwa, als würde man fragen, welcher Schuh am meisten drückt. Wahrscheinlich ist es das Essverhalten der Menschen – denn schließlich trägt nicht jeder Pelz oder führt Tierversuche durch, aber jeder Mensch isst. Das bedeutet, dass eine unfassbare Anzahl an Tieren für einen Gaumenkitzel leidet. Und die Grausamkeit findet sich nicht nur in den dummen und grausamen Tötungen wieder. Es ist die alltägliche Grausamkeit, die wir mit jedem Sandwich oder Abendessen hinnehmen. Das soll jedoch nicht heißen, dass sich die Essgewohnheiten der Menschen nicht ändern. Sieht man einmal über die Frau aus New Jersey hinweg, die um den Titel der dicksten Frau der Welt kämpft, stürmen Kochbücher wie „Meine Rezepte für eine bessere Welt“ von Alicia Silverstone oder Dr. Neal Barnard’s 21- Day Weight Loss Kick Start immer häufiger die Bestseller-Listen. Trotzdem werden alleine in Amerika jedes Jahr über 16 Milliarden Landtiere vom Menschen gezüchtet, gemästet, abtransportiert und geschlachtet. Tiere wie Fische und Krebse, die ebenfalls keine gefühllosen „Dinge“ sind – egal wie schwer es uns fällt, sie zu verstehen – sind hier noch nicht einmal mit eingerechnet.

MT: Wo wir schon davon sprechen – Schätzungen zu der Anzahl von getöteten Fischen gehen von “0,97 – 2,7 Billionen wild gefangenen Fischen” aus. Wie gehen Sie mit der Kritik um, dass PETA das Thema Veganismus zu stark vorantreibt?

IN: Wir sollten uns das Leid der Tiere für einen Moment verdeutlichen – ich hasse dieses feige “Herumreden” nach dem Motto „Ich will nicht wissen, was die Tiere durchmachen – ich mag mein Steak“. Wir sprechen hier über eine unglaubliche Anzahl an Schweinen, denen zur Identifizierung Löcher in die Ohren gestanzt werden; Hühner, deren Schnabel mit einer heißen Klinge gekürzt wird; Kühe, denen die Hörner mit einer Zange abgetrennt werden; Tiere, die in Kisten geschmissen, getreten und mit Stangen Rampen hinaufgetrieben werden, in ein Gefährt, das sie noch nie zuvor gesehen haben – einen Lastwagen. Vor dort aus kommen sie – mit in Panik weit aufgerissenen Augen – an einen Ort, wo sie mit ansehen, wie ihre Artgenossen aufgehängt werden und Arbeiter ihnen die Kehle durchschneiden. Fische werden an Bord von Schiffen gezerrt, japsen nach Luft, ihre Augen treten durch die Dekompression aus dem Kopf hervor, ihre Kiemen werden von den Netzen zerrissen; oben angekommen werden sie aufgeschlitzt. Tiere zu essen und uns das zu nehmen, was eigentlich ihnen gehört – wie z.B. die Milch für ihre Kälber – ist ein aggressives Verhalten. Die Menschen darüber zu informieren, was ihr Verhalten verursacht, nennt man Aufklärung. Man kann es nicht schönreden.



MT: Wenn Sie eine Sache abschaffen können, was wäre das?

IN: Den Gedanken, die Herrschaft über andere zu haben! Dieser „Vorherrschaftismus“ ist genau wie Rassismus und Sexismus – der Gedanke, dass andere in Bezug auf ihren Intellekt, ihre Tischmanieren oder ihr Aussehen unterlegen sind und man deshalb das Recht hat, sie zu manipulieren, zu nutzen, zu missbrauchen und zu schlachten, wie es einem beliebt. Das ist eigennütziger Quatsch.

MT: In den Nachrichten sieht man ständig Geschichten über Tiere. Wenn überhaupt, welche waren für PETAs Arbeit hilfreich?

IN: Jeder hat wohl den Prozess um Michael Vick mitbekommen – diese Geschichte hat Hundekämpfe, den heimlich praktizierten Blutsport, zumindest in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Und die Geschichte von dem Schimpansen, der einer Frau das Gesicht zerfetzt hat; danach haben einige Gesetzgeber über ein Verbot von Wildtieren nachgedacht, die in Gefangenschaft meist schlichtweg verrückt werden. Als die Zeitungen Bilder vom Elefantentraining im Zirkus brachten, die zeigten wie die Tiere geschlagen und festgebunden werden, hat das vielen Menschen die Augen geöffnet – fast 1.000 Menschen protestierten in Los Angeles, als die Tierwägen in die Stadt rollten.
PETAs „alberne“ Aktionen werden von den Medien gerne aufgegriffen – wie als wir Michelle Bachmann zuvorkamen und die Gallone Benzin plötzlich wieder zwei Dollar kostete; wir legten den Rest drauf und servierten den Fahrern Sandwiches mit veganem Putenfleisch. So konnten wir vermitteln, dass man durch eine vegane Ernährung dem Klimawandel stärker entgegenwirken kann, als wenn man ein Hybrid-Auto fährt. Unsere „sexy“ Strategie lässt die Leute hinschauen – und auch wenn sie lachen, schauen sie eben hin und gehen dann auf PETA.org, um sich die sexy Videos und unsere Informationen dazu anzusehen.

MT: Warum ignorieren viele Menschen diese Grausamkeiten?

IN: Wir bei PETA sagen oft, dass es nicht nur um die Tiere selbst geht, wenn wir davon sprechen, wie wir sie behandeln; es geht um uns, um unser Verhalten. Es geht darum, was wir denken, wenn wir anderen, mit denen wir uns nicht so verbunden fühlen oder die wir als nicht so wichtig erachten, Gewalt antun. Viele Menschen wachsen in einer Kultur auf, die ethisches Verhalten nicht lehrt – aber man kann sich ändern! Vielen ist ihre Religion zum Beispiel sehr wichtig. Einer der wichtigsten Pfeiler des Buddhismus ist, dass jedes Leben gleich ist. Konfuzius lehrt uns, dass wir alles in der Welt als Eins betrachten sollen. Jesus sprach darüber, gut zu „den Geringsten“ zu sein – sich um den kleinsten Spatz zu kümmern. Im Judentum und im Islam gibt es wundervolle Geschichten darüber, wie man Mitgefühl gegenüber Tieren zeigen soll. Egal, ob wir religiös sind oder nicht – andere zu respektieren sollte für uns ebenso wichtig sein, wie auf uns selbst zu achten; es benötigt allerdings Disziplin, unsere schlechten Angewohnheiten, die Tieren schaden, abzulegen. Ich glaube, je mehr wir über Tiere wissen, desto schwieriger ist es, sie zu missbrauchen. Der durchschnittliche Hund, der in einer menschlichen Familie lebt, lernt z.B. hunderte Worte des alltäglichen Lebens, ohne dass man sie ihm beibringen muss. Ameisen bauen Boote, um über Bäche zu kommen. Fledermäuse bringen kranken Fledermäusen Nahrung. Schimpansen, Krähen, Elefanten und sogar Fische nutzen Werkzeuge. Oktopusse lernen, wie man ein Glas aufmacht, indem sie einer Person dabei zusehen. Elefanten tragen die Knochen ihrer toten Angehörigen in ihrem Rüssel herum und Tränen laufen über ihr Gesicht. Kleine Wüstenratten sammeln Tau, indem sie einen Stein vor ihren Bau rollen. Gänse und Tauben bleiben ein Leben lang mit ihrem Partner zusammen und trauern und sind sichtbar deprimiert, wenn dieser stirbt. All diese Fakten und noch viele mehr wurden erfasst, beobachtet, studiert und veröffentlicht.

MT: Sicherlich hören Sie oft die Frage: „Gibt es denn keine wichtigeren Probleme?“

IN: Das ist, als würde man sagen “Ach, solange es mir gut geht…”. Als Martin Luther King Jr. gegen die US-Beteiligung im Vietnamkrieg protestierte, warnten ihn seine Anhänger und sagten, er solle sich da raushalten, es sein kein richtiges Bürgerrechtsthema. Dr. King antwortete: „Ungerechtigkeit irgendwo ist eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall.“ Ich bin kein Anhänger der Idee, dass wir zuerst Männern oder Weißen oder Amerikanern helfen müssen, oder irgendwem, mit dem wir uns am ehesten identifizieren können, und erst dann – und nur dann – anderen helfen dürfen. Unser Mitgefühl ist groß genug, um uns hinter die Identität des Opfers blicken zu lassen, dem Ungerechtigkeit wiederfährt und uns dagegen zu wehren. Für mich ist es eine Welt und die nicht menschlichen Tiere tragen die Last der Unterdrückung und des Leids auf ihren Schultern.

MT: Auf welcher Seite stehen Sie bei den anstehenden Wahlen?

IN: PETA kann keine Stimmen werben. Aber wir können alle Kandidaten bitten, die Gesundheit dieses Landes, die immer mehr den Bach runtergeht, zu verbessern, indem sie Fleisch und Milch nicht mehr subventionieren. Oder Gesetze zu erlassen, damit Militärpersonal aus dem Ausland und Menschen, die aus Katastrophengebieten evakuiert werden müssen, ihre geliebten Tiere mitnehmen können; Gesetze, die das US-Verteidigungsministerium endlich davon abhalten, unglaublich schmerzhafte Übungen an Tieren durchzuführen, die problemlos durch fortgeschrittene Lehrmethoden ersetzt werden könnten, oder die Durchsetzung des Tierschutzgesetzes gegen Wanderzirkusse, die lahme, arthritische Elefanten in Ketten mitführen. Jeder, der darin mit uns einer Meinung ist, sollte an seine lokalen politischen Vertreter und Kandidaten schreiben. Ach ja, und bitte, Mr. Obama, wenn Sie das nächste Mal in Ihre Lieblings-Burgerbude in Washington gehen, bestellen Sie doch bitte einen fleischfreien Burger oder Hot Dog! PETA konnte sicherstellen, dass sie immer vorrätig sind!



Weitere Infos über PETAs Arbeit finden Sie auch unter www.peta.de/tierrechte

 

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