Elefantenquälerei: Neues Gutachten belastet Zoo Hannover schwer – PETA reicht mehrstündiges Videomaterial nach

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Hannover / Stuttgart, 19. Juni 2017 – Nach Strafanzeige wegen Tierquälerei: Laut Staatsanwaltschaft Hannover sollen Prof. Dr. Michael Böer und Prof. Dr. Hansjoachim Hackbarth die Elefantenhaltung im Zoo Hannover beurteilen. PETA  zweifelt an der Objektivität der beiden zoonahen Sachverständigen. Die Tierrechtsorganisation hat der Strafverfolgungsbehörde nun ein neues Gutachten der weltweit renommierten Elefantenexpertin Margaret Whittaker vorgelegt. Das Gutachten wurde bereits vor Veröffentlichung der Recherche Anfang April in Auftrag gegeben. Whittaker berät seit Jahrzehnten Zoos und Auffangstationen bei der Haltung von Elefanten und begleitete Zoos beim Übergang vom „Direkten Kontakt“ in den „Geschützten Kontakt“.  Auf 13 Seiten beschreibt Whittaker detailliert, warum die Elefanten im Zoo Hannover in einem Umfeld von Gewalt, Einschüchterung und Angst leben und wie dies ihr seelisches und körperliches Wohlergehen negativ beeinflusst. Die Expertin empfiehlt dem Zoo eine sofortige Umstellung auf den Geschützten Kontakt, um die Lebensqualität der Elefanten entscheidend zu verbessern. PETA unterstreicht ihre Forderung, die gewalttätigen Elefantenwärter zu suspendieren und die Elefantenhaltung mittelfristig aufzugeben.
 
„Der Zoo Hannover ist seit Jahren eine Prügelanstalt für Elefanten. Doch anstatt konkrete Maßnahmen einzuleiten, um die Tierquälerei endlich zu beenden, versucht die Geschäftsführung weiterhin zu verharmlosen und sich herauszureden“, so Peter Höffken, Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche bei PETA. „Wir befürchten, dass der Zoo die Elefanten auch weiterhin misshandelt.“
 
Nach Auswertung von knapp sechs Stunden Videomaterial, die PETA auch der Staatsanwaltschaft zusätzlich zu den bereits übermittelten Szenen übersandte, kritisiert Whittaker, es sei „besonders abstoßend, wenn man sieht, wie Babyelefanten mit den Techniken der negativen Verstärkung, Dominanz und Bestrafung manipuliert werden, indem man sie schmerzhaften und beängstigenden Reizen (Ankus und Peitsche) aussetzt.“ Ferner hebt Whittaker hervor, dass das Training im Zirkusstil dem Ansatz moderner Zoos, die Besucher über Artenschutz und Verhaltensbiologie informieren, entgegen läuft. 
 
PETA wandte sich in der vergangenen Woche auch mit einem Schreiben an die European Association of Zoos and Aquaria (EAZA), die den Zoo Hannover bei der Aufarbeitung des Falls unterstützen soll. Die Tierrechtsorganisation appellierte an die europäische Zoovereinigung, ihren Mitgliedern den „Direkten Kontakt“, der die Anwendung von Gewalt mit dem Elefantenhaken einschließt, zu untersagen. Vorbild ist die US-amerikanische Zoovereinigung AZA, die seit September 2014 nur noch Zoos als Mitglieder zulässt, die von dieser veralteten Haltungsform absehen. Aufgrund der verzerrten Informationspolitik des Zoos Hannover informierte PETA die EAZA zudem über die tatsächlichen Vorgänge im Zoo.  
 
PETA fordert aufgrund der Verflechtungen der von der Staatsanwaltschaft berufenen Gutachter mit dem Zoo die Bestellung unabhängiger Sachverständiger. Michael Böer war in den 1980er und 1990er Jahren etwa 15 Jahre im Zoo Hannover beschäftigt, davon lange als stellvertretender Direktor. Der zweite Gutachter, Hansjoachim Hackbarth, betonte im April 2017 nach der Veröffentlichung von PETAs Recherche zur Elefantenquälerei im Zoo Hannover, dass er „den Einsatz von Elefantenhaken für absolut notwendig“ hält [1]. Schon 2005 informierte der renommierte Verein Elefanten-Schutz Europa e.V. die Geschäftsführung des Zoos, dass Elefanten wiederholt geschlagen wurden. Details darüber wurden von der Organisation und in einem Fachartikel veröffentlicht. Trotz Augenzeugenberichten sprach die Zooleitung schon damals von „großer Zuneigung“ für die Tiere und stritt die Vorwürfe ab.
 
PETA setzt sich für ein Ende der Elefantenhaltung in Gefangenschaft ein, denn die sensiblen Rüsseltiere gehören in die Wälder und Savannen Afrikas und Asiens. Dort wandern sie gemeinsam mit ihren Familien viele Kilometer am Tag. Die Bedingungen in Zoos sind derart unnatürlich und mangelhaft, dass die empfindsamen Tiere dort durchschnittlich nur halb so alt werden wie in der Natur [2]. Viele der Elefanten in Gefangenschaft zeigen Verhaltensstörungen; Auswilderungen der im Zoo geborenen Tiere finden nicht statt.
 
[1] Harbart, Felix (2017): „Warum der Wirbel um den Zoo übertrieben ist“. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. Artikel vom 8. April 2017. Online unter: www.haz.de/Nachrichten/Meinung/Uebersicht/Kommentar-zu-den-Tierquaelerei-Vorwuerfen-im-Zoo-Hannover.
[2] Clubb R., Moss C. et al (2008): Compromised Survivorship in Zoo Elephants., Science 12 December 2008: 1649.

Das Gutachten von Margaret Whittaker kann hier (deutsch) und hier (englisch) heruntergeladen werden.

Weitere Informationen:
PETA.de/Zoo-Hannover

Kontakt:
Denis Schimmelpfennig, +49 (0)711 860591-528, [email protected]

 

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