Gorilla im Tiergarten Nürnberg bewirft Besucher mit Holz und soll „desensibilisiert“ werden – PETA übt scharfe Kritik: „Auf Gefühle des Menschenaffen Rücksicht nehmen, nicht auf Zoobesucher“

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Nürnberg / Stuttgart, 24. Juni 2020 – Hilferuf eines lebenslänglich Inhaftierten: Der Tiergarten Nürnberg hat eine Besucherplattform am Gorilla-Außengehege zeitweise abgesperrt. Denn die Zoobesucher setzen Gorilla Thomas offenbar unter Stress, weshalb er sie mit Holzstückchen bewirft. Besonders stark reagiert er auf Fotoapparate und Teleobjektive. Nun soll der Silberrücken „desensibilisiert“ werden. Der Tiergarten plant, zum Schutz vor den Wurfgeschossen ein Netz anzubringen. Außerdem sollen Menschen bewusst nicht auf seine Wurfgeschosse reagieren, um sein Verhalten zu unterbinden und zu verhindern, dass andere Gorillas es ihm gleichtun. PETA kritisiert den Tiergarten Nürnberg scharf, da er versucht, den Gorilla an die Besucherströme anzupassen, die ihn offensichtlich stressen, statt Rücksicht auf die Bedürfnisse des Menschenaffen zu nehmen, der sein Leben lang in einem völlig inadäquaten Gehege eingesperrt ist. Im Rahmen der Kampagne „Menschenaffen raus aus Zoos“ fordert PETA zudem ein generelles Zucht- und Importverbot für Menschenaffen. Mit einer Petition auf der Kampagnenwebsite appelliert die Tierrechtsorganisation an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die Gefangenhaltung und Zurschaustellung der sensiblen Tiere schnellstmöglich auslaufen zu lassen.
 
„Menschenaffen und andere Tiere wollen nicht tagein, tagaus von Schaulustigen begafft werden“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Das Verhalten von Gorilla Thomas zeigt, was in Zoos falsch läuft: Die Bedürfnisse der eingesperrten Tiere werden grundlegend ignoriert, nur um sie als Besuchermagneten zu missbrauchen.“
 
Thomas kein Einzelfall: Besuchermassen setzen eingesperrte Tiere unter Stress
Verhaltensweisen wie die von Gorilla Thomas sind nicht ungewöhnlich: So bewarf etwa Schimpanse Charly im niedergebrannten Krefelder Affenhaus Besucher mit Exkrementen; ein anderer Schimpanse in einem schwedischen Zoo sammelte Steine, um Besucher Stunden später damit zu bewerfen. [1] Menschenaffen fühlen und leiden wie Menschen. Sind sie eingesperrt, entwickeln die hochsozialen und intelligenten Tiere häufig Depressionen, Angstzustände und Verhaltensstörungen. Eine kürzlich veröffentlichte Studie belegt, dass Schimpansen im britischen Edinburgh Zoo vermehrt Anzeichen von Unbehagen und Nervosität zeigten, wenn sich lärmende Besuchermassen bildeten und Kamerablitze aufleuchteten. Dieses rücksichtslose Verhalten der Besucher ist laut der Studie „potenziell problematisch“. [2]
 
Menschenaffen in Gefangenschaft erleben Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit
In 35 Zoos und Tierparks in Deutschland müssen Menschenaffen unter völlig unangemessenen Bedingungen leben; obwohl Gorillas, Schimpansen und Orang-Utans dem Menschen renommierten Primatologen wie Professor Dr. Volker Sommer zufolge derart ähnlich sind, dass sie die Ausweglosigkeit ihrer Situation in Gefangenschaft erkennen. Laut Sommer können die intelligenten Tiere Zustände wie Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit erleben. [3] Wissenschaftlichen Studien zufolge leiden Menschenaffen in Zoos häufig unter schweren Verhaltensstörungen [4] – auch in vergleichsweise großen Zoogehegen, die für Laien akzeptabel aussehen. Während Gerichte in den USA und Argentinien den nächsten Verwandten des Menschen schon gewisse Grundrechte zugesprochen haben, werden die sensiblen Tiere in Deutschland nach wie vor zur Belustigung der Zoobesucher in enge, karge Gehege gesperrt. Laut einer von PETA in Auftrag gegebenen INSA-Meinungsumfrage vom April 2020 befürworten 41 Prozent der Befragten ein Ende der Zucht und Haltung von Menschenaffen in deutschen Zoos.
 
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein: eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
 
[1] https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/durchtrieben-affe-sammelt-steine-fuer-attacken-auf-zoobesucher-a-612251.html
[2] https://www.edinburghnews.scotsman.com/news/large-crowds-and-flashing-cameras-make-chimps-anxious-study-finds-1355774
[3] Goldner, Colin (2014): Lebenslänglich hinter Gittern. S. 218. Aschaffenburg: Alibri Verlag.
[4] Birkett, Lucy/P., Newton-Fisher/Nicholas E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101.
 
Weitere Informationen:
PETA.de/Menschenaffen
PETA.de/Zooirrtuemer
 
Pressekontakt:
Thomas Lesniak, +49 711 860591-527, [email protected]

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