Kommunalwahl: Dortmunder OB-Kandidaten beziehen Stellung zu Trophäenjagd-Angeboten auf der Messe „Jagd & Hund“

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Natur- und Tierschutzorganisationen veröffentlichen Befragung

 
Stuttgart / München, 10. August 2020 Vor der Kommunalwahl im September appellieren 13 Natur- und Tierschutzorganisationen eindringlich an SPD und CDU in Dortmund, Angebote von Trophäenjagdreisen auf der Jagdmesse „Jagd & Hund“ in den Dortmunder Westfalenhallen zu verbieten. Bei einer Befragung der Oberbürgermeister-Kandidaten und Kommunalparteien sprachen sich die Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und FDP deutlich gegen Angebote für Trophäenjagdreisen in der städtischen Messehalle aus. Die CDU hingegen sieht keinen Anlass, die Messe einzuschränken, während die SPD die Entscheidung über ein Verbot einer noch zu gründenden Ethik-Kommission überlassen will.
 
Stadt Dortmund trägt Mitverantwortung für Jagd auf bedrohte Arten
Auf Europas größter Jagdmesse „Jagd & Hund“ bieten jedes Jahr über 150 Aussteller Trophäenjagdreisen ins Ausland an. Die Jagd auf gefährdete und geschützte Arten wie Eisbären, Nashörner, Elefanten und Löwen wird an den Messeständen über Preislisten, Sonderangebote, Jagdvideos und Fotos erlegter Tiere beworben. „Als ein Hauptumschlagplatz für Jagdreisen trägt die Dortmunder Messe Mitverantwortung für den Ausverkauf bedrohter Wildtiere. Dieses ‚Geschäft mit der Lust am Töten‘ ist ethisch und aus Sicht des Artenschutzes absolut inakzeptabel. Es ist höchste Zeit, solche Angebote zu verbieten“, erklärt Daniela Freyer von Pro Wildlife. Als alleinige Gesellschafterin der Westfalenhallen Unternehmensgruppe Dortmund GmbH hätte der Stadtrat die Entscheidungsbefugnis, diese Forderung umzusetzen.
 
Einige der Angebote, die auf der Messe zu finden sind, würden in Deutschland gegen geltende Gesetze verstoßen. „Die Trophäenjagd ist ein abscheulicher Zeitvertreib reicher, abgestumpfter Menschen, die mehr Geld als Moral besitzen. In Deutschland ist das Töten von Tieren zum Zweck des Trophäenerwerbs verboten, da weder ein vernünftiger Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes vorliegt noch den Grundsätzen der Weidgerechtigkeit entsprochen wird“, so Nadja Michler, Fachreferentin für Wildtiere bei PETA.
 
Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und LINKE unterstützen Verbotsforderung
Nach einem öffentlichen Brandbrief an den Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau haben die 13 Organisationen nun die Oberbürgermeister-Kandidaten sowie die Kommunalparteien aufgefordert, ihre Position zur Vermarktung von Trophäenjagdreisen in Dortmund darzulegen.

  • Thomas Westphal, Oberbürgermeister-Kandidat SPD: „Ich denke, dass ein Ausschluss der Bewerbung von Jagden auf gefährdete Arten (…) nochmals geprüft werden sollte. (…) Hier haben wir auf der einen Seite ganz klar die Interessen der Dortmunderinnen und Dortmunder an einem stabilen Messegeschäft, an Arbeitsplätzen in einer Stadt, die jeden Job braucht, und auf der anderen Seite die Interessen des Tierschutzes von gefährdeten Arten. (…) Mein Vorschlag (…) wird sein, zu Beginn der neuen Ratsperiode eine neue Ethikkommission einzurichten, der die Politik und Verwaltung in solchen Fragen transparent berät.“
  • Christiane Krause, stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende: „Wir vertrauen darauf, dass die entsprechenden gesetzlichen Regelungen eingehalten werden. Ein Anlass, die Messe als Wirtschaftsunternehmen in ihrem Handeln einzuschränken, wird nicht gesehen.“
  • Peter Köhler, Kreisgeschäftsführer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Wir unterstützen das Anliegen von Tierschutzorganisationen, zukünftig auf der Messe Jagd & Hund oder bei anderen Messeprogrammen in den Westfalenhallen keine Anbieter mehr von Trophäenjagden zuzulassen.“
  • Utz Kowalewski, Oberbürgermeister-Kandidat DIE LINKE: „Die Linke in Dortmund lehnt Trophäenjagden generell ab. Das schließt auch die Vermarktung im Rahmen der Messe Jagd & Hund in den Dortmunder Westfalenhallen ein. Wir haben deshalb den Antrag im Rat gestellt, künftig auf ein derartiges Angebot im städtischen Messezentrum zu verzichten. Leider gab es dafür keine Mehrheit – beim Geld hört offensichtlich die Moral der Ratsmehrheit auf.“
  • Michael Kauch, Oberbürgermeister-Kandidat FDP: „Trophäenjagd auf geschützte Arten, die auf dem afrikanischen Kontinent teilweise stattfindet wäre tierschutz- und jagdrechtlich in Deutschland nicht zulässig. (…) Wir werden uns daher in der neuen Wahlperiode des Rates dafür einsetzen, dass die Westfalenhallen als städtisches Unternehmen keinen Raum mehr für die Vermarktung von Trophäenjagdreisen nach Afrika bieten.“
„Finanzielle Interessen dürfen nicht gegen Tierwohl und Artenschutz ausgespielt werden. Wir fordern CDU und SPD Dortmund dringend auf, noch vor der Kommunalwahl im September eine klare Entscheidung zu treffen und sich für einen Stopp der Vermarktung grausamer Jagdangebote auf geschützte Arten auszusprechen“, sagt Heike Henderson von Future for Elephants.
 
„Ein Ausschluss von Trophäenjagd-Reiseanbietern auf Europas größter Jagdmesse hätte auch eine deutliche Signalwirkung in Richtung Bundesregierung, um  tier- und artenschutzwidrige Formen der Jagd endlich zu beenden“, erklärt Undine Kurth, Vizepräsidentin des Deutschen Naturschutzrings.
 
Pressekontakte
Valeria Goller, Leitung Pressestelle PETA Deutschland e.V., [email protected], Tel. 0711 860 591-521
Daniela Freyer, Projektleiterin Pro Wildlife, [email protected], Tel. 089 812 995 08
Heike Henderson, Mitglied Vorstand Future for Elephants e.V., [email protected], Tel. 0152 03594348
Undine Kurth, Vizepräsidentin Deutscher Naturschutzring (DNR), [email protected]
 
Organisationen, die die Forderung nach einem Verbot von Trophäenjagdreisen unterstützen:
Aktionsgemeinschaft Artenschutz, Animal Public, Bundesverband Tierschutz, Bund gegen Missbrauch der Tiere, Deutscher Naturschutzring, Deutscher Tierschutzbund, Future for Elephants, Landestierschutzverband Nordrhein-Westfalen, PETA Deutschland, Pro Wildlife, Rettet die Elefanten Afrikas, TierSchutzVerein Gross-Dortmund, Vier Pfoten – Stiftung fu?r Tierschutz
 
Hintergrund:
  • Alleine in Afrika gehen jedes Jahr mehr als 18.000 Ausländer auf Großwildjagd und töten dabei mehr als 100.000 Wildtiere, darunter bedrohte und geschützte Arten wie Elefanten, Geparde, Leoparden und Nashörner. Während der Handel mit Produkten dieser Tiere verboten ist, können Jagdtrophäen trotz des strengen Schutzstatus mit behördlicher Einfuhrgenehmigung legal nach Deutschland importiert werden – zum privaten Vergnügen. Denn für Jagdtrophäen gelten spezielle Ausnahmeregelungen.
  • Deutschland ist weltweit der drittgrößte Importeur für Jagdtrophäen international geschützter Arten, alleine 2019 wurden Trophäen von 750 Tieren eingeführt, darunter Körperteile von Elefanten, Löwen, Nashörnern, Eisbären und Affen.
  • Weil die Trophäenjagd tier- und artenschutzrechtlich nicht zu rechtfertigen ist, haben einige Länder bereits Einfuhrverbote erlassen: Frankreich stoppte 2015 als erstes EU-Land die Einfuhr von Löwentrophäen, 2016 erließen die Niederlande ein Einfuhrverbot für Trophäen aller geschützten Tierarten. Die Regierung von Großbritannien erarbeitet derzeit ein Einfuhrverbot und in Belgien haben im Juli 2020 zwei Parteien einen entsprechenden Antrag gestellt.
  • Trophäenjagd ist weder „Artenschutz mit der Flinte“ noch trägt sie zum „Erhalt eines gesunden Tierbestandes“ bei, wie Jagdorganisationen gerne behaupten. Trophäenjäger konkurrieren untereinander um besonders herausragender Trophäen – oft von bedrohten Arten. In der Regel haben sie es auf die stärksten, erfahrensten und für die Arterhaltung wichtigsten Individuen abgesehen. Verschiedene Studien belegen, dass diese unnatürliche Auslese fatale Auswirkungen auf bejagte Populationen hat.
  • Großwildjäger behaupten, die Jagd würde zur Armutsbekämpfung beitragen. Tatsächlich ist sie vor allem ein lukratives Geschäft für ausländische Veranstalter von Jagdsafaris. Laut einer Studie der Weltnaturschutzunion (IUCN)[i] erhält die lokale Bevölkerung aus dem Jagdtourismus im Durchschnitt nur 0,3 US-Dollar pro Person und Jahr – ein viel zu geringer Betrag, um die wirtschaftliche Situation der Menschen zu verbessern oder zum Schutz von Lebensräumen beizutragen.

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