Offener Brief an Minister Hauk: Richtigstellung der Aussage zur Notwendigkeit von Tierversuchen

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PETA fordert Baden-Württemberg auf, tierfreie Forschungsmethoden angemessen zu fördern

 
Stuttgart, 8. August 2018 – Im Rahmen der Preisverleihung des Landeswettbewerbs Tierschutz „Schülerinnen und Schüler machen sich für Tiere stark“ im Juli äußerte Minister Peter Hauk einer der Schülergruppen gegenüber, dass Tierversuche im medizinischen Bereich unvermeidbar seien. PETA hat sich nun in einem offenen Brief an den baden-württembergischen Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz gewendet und verweist auf die mangelnde Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen: Bis zu 95 Prozent der im Tierversuch erfolgreichen Wirkstoffe scheitern in der Anwendung am Menschen. In Baden-Württemberg werden deutschlandweit die meisten Experimente an Tieren durchgeführt [1]. Für die Entwicklung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch steht in diesem Bundesland für 2018 lediglich eine Fördersumme von 320.000 Euro zur Verfügung, was nach Ansicht der Tierrechtsorganisation keinesfalls zeitgemäß und angemessen ist [2]. Die Tierrechtsorganisation appelliert daher an das Land Baden-Württemberg, die Forschung an Alternativmethoden künftig angemessen zu fördern.
 
„Durch Tierversuche wird ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt“, so Anne Meinert, Kognitionsbiologin und Fachreferentin gegen Tierversuche bei PETA. „Es gibt bereits innovative, erfolgreiche Alternativen zu den grausamen Experimenten an Tieren. Wir fordern Minister Hauk auf, sich kritisch mit der Thematik auseinanderzusetzen. Zudem sollte das Land Baden-Württemberg Alternativmethoden verstärkt fördern, um dem wissenschaftlichen Fortschritt nicht im Weg zu stehen.“
 

Tierversuche mit erheblichen Risiken verbunden – Hintergrundinformationen

 
Die Ergebnisse aus Tierversuchen sind nicht risikofrei auf den Menschen übertragbar, da Stoffwechsel und Physiologie speziesspezifisch sind. 92 bis 95 Prozent aller Wirkstoffe, die sich im Tierversuch als wirksam oder frei von Nebenwirkungen erwiesen haben, scheitern in den klinischen Studien am Menschen. Sie sind entweder unwirksam oder führen zu unerwünschten Nebenwirkungen [3]. Ein besonders tragisches Beispiel sind 19 Säuglinge, die kürzlich im Rahmen einer Medikamentenstudie mit schwangeren Frauen an den Folgen der Einnahme eines Viagra-Wirkstoffs gestorben sind. Im Tierversuch war der Wirkstoff erfolgreich und wurde als unbedenklich eingestuft [4].
 
PETA verweist darauf, dass die Zahl der Zivilisationskrankheiten stetig steigt und der Erkenntnisgewinn durch Tierversuche gering ist: Mehr als 50 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 30 bis 40 Prozent aller Krebsneuerkrankungen ließen sich durch adäquate Ernährung und Bewegung verhindern [5]. Jedoch werden Ursachenforschung und Prävention vernachlässigt und die hierfür benötigten finanziellen Mittel fließen stattdessen zu einem großen Teil in Tierversuche. Jedes Jahr werden drei Milliarden Euro an Steuergeldern in die Tierversuchsindustrie investiert. Für die Forschung an Alternativmethoden stehen hingegen nur etwa 11,34 Millionen Euro zur Verfügung – also weniger als ein Prozent der staatlichen Mittel [6].
 
Gegen Deutschland (und fünf weitere Staaten) wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil zahlreiche Vorgaben der EU-Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (EU-Tierversuchsrichtlinie) nicht ausreichend umgesetzt wurden. Deutschland hat es bisher versäumt, die Vorgaben der Richtlinie in die nationale Gesetzgebung zu übernehmen [7].
 
PETAs Motto lautet in Teilen, dass Tiere nicht da sind, um an ihnen zu experimentieren. Wenngleich die tierfreie Forschung nur unzureichend gefördert wird, gibt es bereits zahlreiche innovative und erfolgreiche Alternativmethoden. Die Tierrechtsorganisation setzt sich dafür ein, dass Tierversuche verboten und durch humane, moderne Forschungsmethoden ersetzt werden.
 
[1] https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/images/pdf/statistiken/tierversuchsstatistik_laender_2011- 2016.pdf.
[2] https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unsere-themen/tierschutz-tiergesundheit /tierschutz/ tierversuche-und-ersatzmethoden/.
[3] Arrowsmith, J.: A decade of change. Nature Reviews Drug Discovery 2012: (11); 17-18.; Clinical development success rates for investigational drugs. (2014). Nature Biotechnology 2014 (32): 1; 40-51.
[4] https://verbaende.com/news.php/Viagra-bei-Schwangeren-19-Babys-sterben-in-klinischer-Studie-trotz-zahlreicher-vorausgehender-Tierversuche?m=123521.
[5] ONGKG: Positionspapier Ernährung 2010. Gesundheitsfördernde Ernährung in Gesundheitseinrichtungen unterstützen.
[6] https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/images/pdf/forschungsfoerderung.pdf.
[7] https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/de/presse/aktuelle-pressemitteilungen/2714-vertragsverletzungsverfahren-der-eu-kommission-bestaetigt-deutschlands-tierversuchsrecht-mangelhaft.
 
Weitere Informationen:
PETA.de/Themen/Tierversuche
 
Der offene Brief an Minister Hauk steht hier zur Verfügung.
 
Kontakt:
Katharina Wicke, +49 711 860591-535, [email protected]

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