Tierärztin wegen Seehundrettung vor Gericht: PETA fordert Novellierung des Landesjagdgesetzes

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Husum / Stuttgart, 28. März 2022 – Verkehrte Welt: Diesen Mittwoch muss sich eine Tiermedizinerin und Leiterin eines Robbenzentrums einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Husum stellen, weil sie einen jungen Seehund gerettet hat. Ihr droht eine Geldstrafe von 500 Euro. Der Tierärztin wird „Jagdwilderei“ vorgeworfen, weil sie das mutterlose Seehundkind in ihrem Zentrum erstversorgt hat. In Schleswig-Holstein ist es nur Jägern erlaubt, den Zustand vorgefundener verlassener oder kranker Seehunde einzuschätzen und diese dann entweder als todkrank einzustufen und zu erschießen oder in Seehundstationen zu bringen. PETA hat deswegen in der vergangenen Woche den Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein, Jan Philipp Albrecht (Bündnis 90/Die Grünen), aufgefordert, die Art Phoca vitulina (Seehund) von der Liste der jagdbaren Arten aus dem Landesjagdgesetz zu streichen.

„Deutschland ist das einzige Land, in dem Tiermediziner bestraft werden, wenn sie Tieren helfen, und Jäger dafür bezahlt werden, dieselben Tiere zu töten“, so Meeresbiologin Dr. Tanja Breining, Fachreferentin für Fische und Meerestiere bei PETA. „Es ist ein Skandal, dass in Schleswig-Holstein noch immer Jäger über Leben und Tod von Seehunden entscheiden und dabei keine Ahnung von Tiermedizin haben. Seehunde müssen endlich von der Liste der jagdbaren Arten aus dem Bundesjagdgesetz gestrichen werden!“

Die Tierrechtsorganisation fordert außerdem, die „Richtlinie zur Behandlung von erkrankt, geschwächt oder verlassen aufgefundenen Robben“ [1] des Landes dahingehend anzupassen, dass sie nur noch Veterinären erlaubt, den Gesundheitszustand von aufgefundenen Robben zu überprüfen. Jäger sollen die Tiere nicht mehr gegen eine Aufwandsentschädigung erschießen dürfen.

Hintergrundinformationen

Viele Jäger bereichern sich am Töten von Seehunden: Für jeden Einsatz zahlt das Land Schleswig-Holstein eine Aufwandsentschädigung von 45 Euro. 2019 wurden 776 Tiere erschossen. Es wurden also allein in dem Jahr Aufwandsentschädigungen in Höhe von mehr als 30.000 Euro aus öffentlichen Mitteln an einige wenige Hobbyjäger gezahlt, die sich so „etwas dazuverdienen“. Seehundjäger erschießen an der deutschen Nordseeküste in jedem Jahr zahlreiche, oft verletzte, verlassene oder kranke Seehunde unter dem Vorwand, die Tiere seien nicht überlebensfähig. Die Entscheidung über Leben und Tod treffen sie nach Einschätzung der Tierrechtsorganisation spontan und ohne medizinische Expertise. Seehundjäger sind Hobbyjäger mit einer kurzen Fortbildung. Die Jagd auf Seehunde wurde zwar offiziell 1974 eingestellt, doch die Jagd geht weiter, denn die – nach EU-FFH-Richtlinie – geschützte Art verblieb seither im Jagdrecht und gehört somit trotz ganzjähriger Schonzeit zu den jagdbaren Tierarten.

PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren, sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.

[1] Richtlinie zur Behandlung von erkrankt, geschwächt oder verlassen aufgefundenen Robben des Landes Schleswig-Holstein:  https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&query=vvsh-7921.2-0001&max=true&psml=bsshoprod.psml (zuletzt eingesehen am 28.03.2022)

Weitere Informationen:
PETA.de/Neuigkeiten/Tierärztin-Robbe-angezeigt
PETA50plus.de/Seehunde-Sylt-gejagt-getötet

Pressekontakt:
Sophie Burke, +49 711 860591-528, [email protected]

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