Wieder Orang-Utan-Kind im Leipziger Zoo gestorben: PETA erneuert Forderung nach Untersuchung auf SARS-CoV-2 und Ende der Gefangenschaft für Menschenaffen

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Leipzig / Stuttgart, 11. August 2020 – Wie der Leipziger Zoo gestern bekannt gab, ist der dreijährige Orang-Utan-Junge Martok am Wochenende überraschend gestorben, nachdem er zuvor unter Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit litt. Die Todesursache ist bislang unbekannt. Dies ist bereits der zweite Todesfall innerhalb weniger Monate: Erst im April war ebenfalls im Leipziger Zoo das neun Monate alte Orang-Utan-Baby Rima aus ungeklärter Ursache gestorben. Aufgrund der unnatürlichen und meist mangelhaften Haltungsbedingungen in Zoos kommt es bei Menschenaffen immer wieder zu plötzlichen Todesfällen, Verhaltensstörungen und anderen Krankheiten; auch werden Babys in Gefangenschaft oft von ihren Müttern verstoßen. Experten warnen zudem vor einer Ansteckung von Menschenaffen mit SARS-CoV-2, da selbst Krankheitserreger, die beim Menschen nur leichte Symptome hervorrufen, in der Vergangenheit tödlich für die Tiere waren. [1, 2] PETA fordert deshalb, die Todesursache von Martok aufzuklären – bei Rima hatte der Zoo dies noch vehement abgelehnt. Da die Menschenaffenhaltung in Gefangenschaft immer mit Tierleid verbunden ist, appelliert die Tierrechtsorganisation an den Leipziger Zoo, die Zurschaustellung der sensiblen Tiere schnellstmöglich zu beenden.
 
„Die Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2 ist bei Menschenaffen durchaus vorhanden. Wir fordern die Zoo-Verantwortlichen und die Behörden auf, die Todesursache diesmal abzuklären und den Schutz der Tiere durch strenge Hygienemaßnahmen sicherzustellen“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsbranche. „Menschenaffen können in Gefangenschaft ohnehin nicht tiergerecht gehalten werden: Viele Menschen können sich durch die Corona-Quarantänemaßnahmen nun auch vorstellen, was es bedeutet, wochenlang eingesperrt zu sein – dies ist der Alltag von etwa 450 Menschenaffen, die in deutschen Zoos derzeit noch ein Leben lang eingesperrt sind.“
 
Zweiter Todesfall innerhalb von vier Monaten
Bereits Anfang April starb im Leipziger Zoo das nur neun Monate alte Orang-Utan-Baby Rima. Die Nachricht über ihren plötzlichen Tod gelangte erst Mitte Mai zufällig durch einen TV-Beitrag an die Öffentlichkeit. Die Todesursache blieb ungeklärt, da die Zoo-Verantwortlichen anders als sonst üblich keine Obduktion durchführen ließen. Die Möglichkeit, dass Rimas Tod mit einer Corona-Infektion zusammenhängen könnte, wies der Zoo von sich; Mitarbeiter seien symptomfrei und man wolle keine Testkapazitäten blockieren. PETA kritisierte diese Argumentation, denn auch infizierte Menschen, die keine Symptome zeigen, können die Krankheit übertragen. Die Tierrechtsorganisation bat in einem Schreiben das Leipziger Gesundheitsamt, zur Aufklärung der Todesumstände beizutragen und Coronatests bei den Zoomitarbeitern zu veranlassen.
 
Menschenaffen und Infektionskrankheiten

Als nächste Verwandte des Menschen sind Schimpansen, Bonobos, Orang-Utans und Gorillas auch für Krankheitserreger der menschlichen Atemwege anfällig. Vor allem die schlechte Belüftung in den kleinen, bunkerähnlichen Innengehegen begünstigt Atemwegsinfekte, sie können jedoch auch durch den Kontakt zu Menschen ausgelöst werden. In deutschen Zoos sind seit Anfang 2010 mindestens 24 junge Menschenaffen gestorben. Die Todesursache war bei den meisten Tieren eine Infektion. Allein in der Stuttgarter Wilhelma sind beispielsweise vier junge Menschenaffen an einer Lungenentzündung verstorben. Der jüngste Todesfall liegt nur wenige Monate zurück: Bonobo-Baby Okelo starb Anfang März in der Stuttgarter Wilhelma an einer Lungenentzündung. 2014 und Anfang 2015 überlebten zwei junge Bonobos Infektionskrankheiten nicht, deren Auslöser auf Mängel in der Lüftungsanlage zurückzuführen gewesen sein soll. 2010 starb Gorillababy Juma im Stuttgarter Zoo ebenfalls an einer Lungenentzündung.
 
Artgerechte Haltung von Menschenaffen in Gefangenschaft unmöglich

Die Ansprüche von Menschenaffen sind derart komplex, dass ihnen keine zoologische Einrichtung einen artgerechten Lebensraum bieten kann. Orang-Utans sind in den tropischen Wäldern Borneos und Sumatras zu Hause. Dort bewohnt ein einziges männliches Tier ein Areal von bis zu zehn Quadratkilometern. „Während die letzten Lebensräume der Tiere in Indonesien zerstört werden, weil finanzielle Mittel für ihren Schutz fehlen, fließen jedes Jahr Millionen Euro an Steuergeldern in die Haltung und Nachzucht von Orang-Utans in Gefangenschaft“, kritisiert Würz. Einer aktuellen Studie zufolge hat sich der Bestand der Orang-Utan-Population auf Borneo seit 1999 etwa halbiert. [3] Die Zucht und angebliche Aufklärungsarbeit von Zoos konnte nichts daran ändern.
 
Wissenschaftlichen Studien zufolge leiden Menschenaffen in Zoos häufig unter schweren Verhaltensstörungen – auch in vergleichsweise großen Gehegen, die für Laien akzeptabel aussehen. PETA fordert ein generelles Zucht- und Importverbot für Menschenaffen, um die Haltung der Tiere in Zoos und Tierparks auslaufen zu lassen.
 
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
 
[1] Gillespie, T. / Leendertz, F. (2020): COVID-19: protect great apes during human pandemics. In: nature.com. Online abrufbar unter: https://www.nature.com/articles/d41586-020-00859-y. (18.05.2020).
[2] World News Monitor (2020): Experten warnen: Corona ist eine tödliche Bedrohung für Menschenaffen. In: World News Monitor. Online abrufbar unter: https://world-news-monitor.de/umwelt/2020/03/27/experten-warnen-corona-ist-eine-toedliche-bedrohung-fuer-menschenaffen/?fbclid=IwAR0w8xFqjfx6O0_BlMdmr009KmcY-jiLniOuQbr8g0vjtapud87scY5WCvs. (18.05.2020).
[3] Voigt et al. (2018): Global Demand for Natural Resources Eliminated More Than 100,000 Bornean Orangutans. In: Current Biology 28, 1-9.
 
Weitere Informationen:
PETA.de/Menschenaffen
 
Pressekontakt:

Valeria Goller, +49 711 860591-521, [email protected]
 

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