Das Taubenwettflug-Massaker von Südafrika: Deutsche Züchter schicken reihenweise Vögel in den Tod

PETA Logo

PETA veröffentlicht Recherche und fordert Verbot von Wettflügen

 
Stuttgart, 7. Oktober 2020 – Eine heute in Deutschland veröffentlichte Recherche von PETA USA zeigt, wie Taubenzüchter bei dem jährlichen „South African Million Dollar Pigeon Race“ (SAMDPR) bei Johannesburg massenhaft Tauben in den Tod schicken. Rund ein Viertel aller in Südafrika eingesetzten Vögel kommt von deutschen Brieftaubenzüchtern – mehr Tiere als aus jedem anderen Land. Den Rennstatistiken zufolge gingen von 859 anfänglich gelisteten Tauben aus Deutschland insgesamt 667 Vögel während der Rennen „verloren“. [1] Die Verlustrate aller von deutschen Züchtern eingesandten Tauben, die beim Finalflug im Februar 2020 oder den zuvor abgehaltenen Trainingsflügen eingesetzt wurden, summiert sich somit auf 78 Prozent. Die domestizierten Tiere strandeten in der südafrikanischen Wildnis, starben an Dehydrierung, vor Erschöpfung, verletzten sich, fielen Beutegreifern zum Opfer oder erkrankten. Weil auch bei Flügen in Deutschland viele der bei Wettflügen eingesetzten Tiere sterben oder in Städten stranden, fordert die Tierrechtsorganisation PETA Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner nun in einem Schreiben auf, Wettflüge mit Tauben sowie die Teilnahme an solchen Veranstaltungen im Ausland zu verbieten.
 
„Aus Gier nach Preisgeldern und Prestige schicken Taubenzüchter in Südafrika Jahr für Jahr derart viele Vögel in den Tod, dass es einem Massaker gleicht – und Züchter aus Deutschland sind bei dem skrupellosen Geschäft ganz vorne mit dabei. Die Bundesregierung muss den Missbrauch der Tauben endlich beenden“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA.
 
Über die Hälfte der Vögel erreicht das Ziel nicht – Züchter wissen um hohe Verlust- und Sterberate
Allein bei dem etwa 600 Kilometer langen Finalflug am 1. Februar erreichten von 403 „deutschen“ Tauben nur 191 Tiere das Ziel. Dies entspricht einer Verlustrate von über 50 Prozent bei einem einzigen Flug. Unter den 30 Bestplatzierten dieses Flugs finden sich neun Teilnehmer aus Deutschland. Die hohen Verlustraten sind für die Züchter keine Überraschung: Laut PETA vorliegenden Aussagen schätzte ein deutscher Teilnehmer vor dem Finalflug, dass von 1.548 startenden Tauben insgesamt weniger als 500 das Ziel erreichen würden. Dieses Jahr weiteten die Organisatoren die Strecke des Finalflugs in letzter Minute sogar auf knapp 600 Kilometer aus, obwohl einige Teilnehmer angesichts der vorhergesagten Extremtemperaturen Bedenken äußerten. Tim Rutkowski aus Düsseldorf, der bestplatzierte deutsche Taubenzüchter, bezeichnet die Veranstaltung als das „härteste Rennen der Welt“. [2] Für den vierten Platz erhielt er 75.000 US-Dollar.
 
Im Jahr 2020 wurden Tauben aus insgesamt 36 Ländern zum Rennen nach Südafrika geschickt. Die meisten starben, viele von ihnen bereits in der Quarantäne. Vogelbabys, von denen manche gerade einmal vier Wochen alt sind, kamen in ihrem Herkunftsland einen Monat lang in Quarantäne, bevor sie in engen Kisten nach Südafrika geflogen wurden. Dort mussten die gestressten Vögel erneut in Quarantäne. Da alle eingeflogenen Tiere zusammen in einem Taubenschlag untergebracht waren, konnten sich Krankheitserreger leicht ausbreiten und auch auf wildlebende und gezüchtete Vögel übertragen werden. Teils handelt es sich um Viren, mit denen sich auch Menschen infizieren können, beispielsweise die Auslöser der Vogelgrippe und der Newcastle-Krankheit. Ein leitender Trainer gab vor Ort an, dass bis zu 1.200 Tauben in Quarantäne gestorben sind: „Man kann nichts tun. Man geht mit einer Tüte rein, sammelt sie ein und wirft sie in den Müll.“
 
Horrende Verlustraten auch in Deutschland nachgewiesen
Eine Studie beziffert bei Taubenwettflügen Verlustraten von durchschnittlich 53 Prozent pro Saison. [3] Bleiben die Vögel hinter den Erwartungen zurück und sind für die weitere Zucht ungeeignet, töten Züchter sie oftmals tierschutzwidrig, indem sie am Hals der Tauben ziehen oder ihren Kopf umdrehen – all das ohne Betäubung.
 
Wettflüge erhöhen Taubenpopulation in Städten
In Deutschland nimmt etwa die Hälfte der knapp 50.000 Brieftaubenzüchter an Wettflügen teil. Schätzungsweise 2,5 Millionen sogenannte Brieftauben werden in deutschen Taubenschlägen gehalten. [4] Die städtischen Taubenpopulationen werden stetig mit gestrandeten Tieren aus Wettflügen und deren Nachkommen gespeist. Dort haben die Tiere aufgrund der Konditionierung auf Spezialnahrung und ihrer Domestikation schlechte Überlebenschancen. Die „gestrandeten“ Vögel – deren Fortpflanzungsrate zuchtbedingt hoch ist – sind zahlreichen Gefahren ausgesetzt und führen in den Städten oft ein Leben am Rande des Hungertodes. [5]
 
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.
 
[1] The South African Million Dollar Pigeon Race (2020): Rennergebnisse. Online abrufbar unter: https://www.samdpr.com/results. (23.09.2020).
[2] Team Sylt 2000: Rennbericht SAMDPR. Online abrufbar unter: https://www.pigeon-auction.de/Listing/Details/21743131. (19.07.2020).
[3] Warzecha, M., Kahlcke, K. und Kahlcke, M. (2009): Beitrag zur Ermittlung von Kennzahlen zu Verlusten bei Wettflügen von Brieftauben (Untersuchungszeitraum: 2004–2008).
[4] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2009): Tierschutz im Brieftaubensport. Merkblatt Nr. 121.
[5] Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (2009): ebd.
 

Sogar Vogelbabys wurden für das Rennen nach Südafrika geflogen und mussten wochenlang in Quarantäne. / © PETA USA

Das Motiv steht hier zum Download zur Verfügung und kann für Berichterstattungen verwendet werden.
 
Weitere Informationen:
PETA.de/Taubenwettflug-Suedafrika

Pressekontakt:
Valeria Goller, +49 711 860591-521, [email protected]
 

Kontakt

Kontakt
Kopieren