Tierschutz in Tübinger Tierversuchskommissionen künftig auch durch PETA stärker repräsentiert – kritische Stimmen dennoch unerwünscht

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Tübingen / Stuttgart, 6. August 2020 – PETA ist ab September in einer der beiden dem Regierungspräsidium Tübingen beigeordneten Tierversuchskommissionen vertreten, die bei Anträgen für Tierversuche berät. Die Tierrechtsorganisation hatte im Vorfeld der turnusmäßigen Neuberufung auf eine paritätische Besetzung gepocht, die den Vorgaben der Landesregierung entspricht, aber oft nicht umgesetzt wird. PETAs Vertreterin sowie ein vorgeschlagener Kandidat der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) wurden jedoch nicht als ordentliche Mitglieder, sondern lediglich als Stellvertreter berufen – PETAs Kandidatin zudem nur in die zweite Tübinger Kommission, die aktuell gar nicht zur Neubesetzung ansteht. Das zeigt nach Ansicht der Organisation deutlich, dass kritische Tierschutzvertreter vom Regierungspräsidium Tübingen unerwünscht sind. PETA appelliert nun an die als ordentliche Mitglieder berufenen Tierschutzvertreter, das Staatsziel Tierschutz angemessen zu vertreten und sich für ethische Belange starkzumachen.
 
„Die Fachkenntnisse der von uns Tierschutzorganisationen vorgeschlagenen Kandidaten übersteigen die gesetzlichen Anforderungen, die für Vertreter des Tierschutzes gelten – trotzdem wurden wir auf die Ersatzbank geschoben. Das zeigt deutlich, dass im Regierungspräsidium Sorge vor kritischen Stimmen besteht“, so Verhaltens-, Kognitions- und Neurobiologin Anne Meinert, Fachreferentin für den Bereich Tierversuche bei PETA.
 
In Baden-Württemberg entscheiden die Regierungspräsidien, welche Mitglieder in Tierversuchskommissionen berufen werden. Diese übernehmen bei der Genehmigung der Experimente eine beratende Funktion, sind allerdings größtenteils nicht gleichermaßen aus Wissenschaftlern und von Tierschutzorganisationen vorgeschlagenen Mitgliedern besetzt, obwohl ein Erlass der Landesregierung dies vorgibt – Vertreter des Tierschutzes sind in der Minderzahl. [1] In einem offenen Brief an das Regierungspräsidium Tübingen sowie an das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hatten PETA, die DJGT und andere in das Verfahren Involvierte daher im Juni eine paritätische Besetzung der Kommission entsprechend den Vorgaben gefordert. PETA hatte zudem eine Petition gestartet. Ein Statement der Tierrechtsorganisation und der DJGT mit weiteren Informationen zur unzureichenden Berücksichtigung vorgeschlagener Tierschutzvertreter steht hier zum Download zur Verfügung.
 
Hintergrundinformationen
Plant ein Experimentator einen genehmigungspflichtigen Tierversuch, muss er einen Antrag stellen und diesen von der zuständigen Behörde genehmigen lassen. Das Votum der Tierversuchskommissionen beeinflusst die Entscheidung der Behörde. Durch die nicht-paritätische Besetzung und das Verweisen kritischer Tierschutzvertreter auf die Ersatzbank wird befürwortenden Voten und den Interessen von Wissenschaftlern, die Tierversuche durchführen, Vorschub geleistet. „Daher verwundert es nicht, dass durchschnittlich nur knapp ein Prozent der Tierversuchsanträge abgelehnt werden“, kritisiert Meinert. [2] Dabei sind Tierversuche unethisch und behindern noch dazu häufig den medizinischen Fortschritt, da ihre Ergebnisse aufgrund der physiologischen und genetischen Unterschiede nicht zuverlässig auf den Menschen übertragbar sind. Zudem gibt es bereits tierfreie Methoden, etwa Computermodelle oder Tests an 3-D-Modellen mit menschlichen Zellen.
 
Aktuell wird der größte Anteil der Fördergelder in Tierversuche statt in tierfreie Forschungsmethoden gesteckt. Dabei würden Investitionen in hochwertige tierfreie Methoden Vorteile für den Menschen und die Zukunft der Wissenschaft bringen. Um den Fortschritt voranzutreiben, haben Wissenschaftler von PETA eine Strategie zum Ausstieg aus Tierversuchen entwickelt: den „Research Modernisation Deal“. Damit bietet die Organisation einen Leitfaden für die Umsetzung einer längst überfälligen Ausstiegsstrategie aus verschwenderischen Tierversuchen zugunsten von tierfreien Methoden, die für den Menschen relevante Ergebnisse hervorbringen.
 
PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren oder sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Weltanschauung, die den Menschen als allen anderen Lebewesen überlegen einstuft.

[1] Drucksache 16/1257, Seite 2–3, Drucksache des Landtags von Baden-Württemberg 16/1257 vom 21.12.2016: Kleine Anfrage der Abg. Thekla Walker GRÜNE und Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Arbeitsbedingungen von Tierschutz-Ethikkommissionen in Baden-Württemberg. Online abrufbar unter: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/1000/16_1257_D.pdf. (04.08.2020).
[2] Strittmatter, S. (2019): Applications for Animal Experiments are Rarely Rejected in Germany. ALTEX – Alternatives to animal experimentation, 36(3), pp. 470-471. doi: 10.14573/altex.1906111. Online abrufbar unter: https://www.altex.org/index.php/altex/article/view/1307/1309. (04.08.2020).
 
Weitere Informationen:
PETA.de/Tierversuchskommissionen-Petition
PETA.de/Tierversuche
 
Pressekontakt:
Valeria Goller, +49 711 860591-521, [email protected]
 

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