Trotz dokumentierter Verhaltensstörung bei Orang-Utan: Ermittlungsverfahren gegen Zoo Duisburg eingestellt – PETA fordert unabhängiges Gutachten

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Duisburg / Stuttgart, 7. Februar 2023 – Die Duisburger Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren (Az. 114 UJs 39/22) gegen den Zoo Duisburg eingestellt. PETA hatte im April 2022 aufgrund des Verdachts auf massive Verstöße bei der Menschenaffenhaltung Strafanzeige gegen die Verantwortlichen erstattet. Im Oktober reichte die Tierrechtsorganisation bei der Staatsanwaltschaft zusammen mit einer Stellungnahme aktuelle Videoaufnahmen nach, auf denen zu sehen ist, wie eine im Zoo Duisburg eingesperrte Orang-Utan-Dame minutenlang immer wieder ihr Erbrochenes isst. Diese Verhaltensstörung wurde in Duisburg bereits 2019 dokumentiert. Trotzdem gibt die Behörde an, keine Hinweise auf strafrechtlich relevantes „länger andauerndes oder sich wiederholendes erhebliches Leiden“ festgestellt zu haben. PETA kritisiert scharf, dass sich die Staatsanwaltschaft dabei offenbar allein auf eine amtstierärztliche Stellungnahme der Veterinärbehörde verlassen hat, die ebenso wie der Zoo eine kommunale Institution ist. Die Tierrechtsorganisation fordert ein unabhängiges primatologisches Gutachten.

„Dass die Staatsanwaltschaft trotz offensichtlich verhaltensauffälliger Menschenaffen und nachweislicher Unterschreitung der Mindestanforderungen für die Gehegegröße keine ‚erheblichen Leiden‘ festgestellt haben will, ist der blanke Hohn“, so Biologin Dr. Yvonne Würz, PETAs Fachreferentin für Tiere in der Unterhaltungsindustrie. „Wir fordern eine unabhängige Untersuchung durch eine Person mit primatologischer Expertise. Letztlich muss die Gefangenschaft von Menschenaffen grundsätzlich beendet werden, kein Zoo oder Tierpark hat den Platz und die Mittel, diese Tiere artgerecht zu halten.“

Keine rechtsverbindlichen Leitlinien und kein Rechtsschutz
PETA kritisiert, dass die Leitlinien, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die Säugetierhaltung aufgestellt hat, noch immer nicht rechtsverbindlich sind, sondern lediglich als Orientierungshilfe dienen. Oft werden dementsprechend nicht einmal die vorgesehenen Mindestanforderungen umgesetzt. Zudem führt der große Interpretationsspielraum unbestimmter Rechtsbegriffe im Tierschutzrecht dazu, dass Behörden in der Regel zulasten der Tiere entscheiden. In diesem Fall etwa die Formulierung „erhebliche Schmerzen und Leiden“ in § 17 Nr. 2b des Tierschutzgesetzes. Anders als ihre Halter sind Tiere keine Rechtssubjekte und haben daher selbst keine Möglichkeit des Rechtsschutzes.

Artgerechte Haltung von Menschenaffen unmöglich
Um ihre Verhaltensweisen den arteigenen Bedürfnissen gemäß ausleben zu können, benötigen Menschenaffen eine äußert komplexe, stimulierende Umgebung. Dies umfasst neben ausreichend Platz und Bewegungsmöglichkeiten auch eine entsprechende Sozialstruktur. Diesen Anforderungen können Zoos kaum gerecht werden. Lebenslang eingesperrt zu sein, wird für die Tiere so zur extremen psychischen Belastung. In Zoos entwickeln sie oft deutliche Verhaltensstörungen – auch in akkreditierten und vergleichsweise großen Einrichtungen, wie wissenschaftliche Studien belegen. [1-2] Diese äußern sich etwa durch Selbstverstümmelung, zwanghaftes Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers oder im Verzehr der eigenen Exkremente. Auch erbrochenen Nahrungsbrei wieder aufzunehmen, gilt bei Menschenaffen als „abnormales Verhalten“. Das Auftreten von Verhaltensstörungen ist Ausdruck erheblichen Leidens und damit tierschutzrelevant. Zum Teil verabreichen Zoos den Tieren Psychopharmaka, damit sie die Gefangenschaft überhaupt ertragen und ihr Leid Außenstehenden weniger auffällt.

Steuergeldverschwendung statt Artenschutz
Auswilderungen sind für die in Zoos gezüchteten Tiere nicht vorgesehen. In den Schaugehegen können sie wichtige Verhaltensweisen für ein Überleben in der Natur nicht erlernen. Trotzdem investieren zoologische Einrichtungen Millionen Euro an Steuergeldern in Nachzuchtprogramme und Bauprojekte. Dabei könnten durch Maßnahmen zum Erhalt des natürlichen Lebensraums der Tiere weitaus mehr Menschenaffen dauerhaft geschützt werden. Laut einer von PETA in Auftrag gegebenen INSA-Meinungsumfrage befürwortet die relative Mehrheit der Befragten ein Ende der Zucht und Haltung von Menschenaffen in deutschen Zoos. Im Rahmen der Kampagne „Menschenaffen raus aus Zoos“ fordert PETA, die Haltung der Tiere in Zoos und Tierparks auslaufen zu lassen.

PETAs Motto lautet in Teilen: Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten oder wir sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten. Die Organisation setzt sich gegen Speziesismus ein – eine Form von Diskriminierung, bei der Tiere aufgrund ihrer Artzugehörigkeit abgewertet werden.

[1] Birkett, L.P./Newton-Fisher, N.E. (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101.
[2] Jacobson, S.L. et al. (2016): Characterizing abnormal behavior in a large population of zoo-housed chimpanzees: prevalence and potential influencing factors. PeerJ 4: e2225. Online abrufbar unter: https://doi.org/10.7717/peerj.2225. (07.02.2023).



Die Orang-Utan-Dame im Duisburger Zoo übergab sich mehrfach und aß das Erbrochene wieder auf. / © PETA Deutschland e.V.

Diese und weitere Motive können hier heruntergeladen und für die Berichterstattung verwendet werden.

Weitere Informationen:
PETA.de/Neuigkeiten/Menschenaffen-Zoo-Duisburg
PETA.de/Neuigkeiten/Strafanzeige-Zoos-Menschenaffen
PETA.de/Kampagnen/Menschenaffen

Pressekontakt: 
Jonas Meyerhof, +49 711 860591-523, [email protected]

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