Tiere unter Drogen gesetzt: Psychopharmaka-Einsatz in Zoos

Zoologische Einrichtungen vergleichen das Leben in Gefangenschaft ironischerweise mit einem Aufenthalt im „Fünf-Sterne-Ressort“ [1], weil die Tiere dort Nahrung und medizinische Versorgung erhalten. Doch ist das wirklich so? Oder machen die Bedingungen in Gefangenschaft die Tiere psychisch krank?

Zoos und Tierparks greifen nicht nur bei Verletzungen und Schmerzen in den Medikamentenschrank. Sie verabreichen den eingesperrten Tieren oftmals auch zwangsweise Psychopharmaka wie Beruhigungsmittel oder Antidepressiva. Damit greifen sie etwa bei sozialen Spannungen und der Zusammenführung von Tieren ein oder bei psychischen Leiden wie Depressionen und Selbstverstümmelung, die häufig durch das Leben in Gefangenschaft verursacht werden. Tiere, die mit den mangelhaften und unnatürlichen Haltungsbedingungen nicht klarkommen, werden so ruhiggestellt [2]. Hier einige Beispiele:

Gorilla Vimoto mit Verletzung an der rechten Hand

Elefanten – unnatürliche Haltungs- und Zuchtbedingungen

Die Zucht und Haltung von Elefanten in Zoos ist extrem unnatürlich, weshalb teilweise mit Psychopharmaka eingegriffen wird. In der Natur leben Elefanten in Familienverbänden, bestehend aus miteinander verwandten weiblichen Tieren und ihrem Nachwuchs. Auch Elefantenbullen sind sozial und suchen die Herden der Weibchen zur Paarung auf. In Zoos dagegen werden immer wieder Individuen zu Zuchtzwecken hin- und her getauscht, um Elefantennachwuchs präsentieren zu können. Transport und Vergesellschaftung mit fremden Artgenossen stellen eine Belastung für die hochsozialen Elefanten dar. Hinzu kommt, dass besonders ältere Elefanten, die noch als „Wildfang“ in die Zoo-Gefangenschaft gelangten, häufig so traumatisiert sind, dass ihre Fortpflanzung darunter leidet [3] und auch hier Medikamente eingesetzt werden. Auch die künstliche Befruchtung ist keine Seltenheit, obwohl sie für die betroffenen Tiere eine erhebliche Belastung darstellen.

  • Beispiele in deutschen Zoos

    Zoo Duisburg – Elefantenbulle Shaka – Beruhigung zu Zuchtzwecken

    Der Zoo Duisburg verabreichte dem afrikanischen Elefantenbullen Shaka und einer Elefantenkuh ein Medikament, „welches in der Zootiermedizin zur Behandlung von arttypischen Angstreaktionen bei Transport, Umsetzen und Eingewöhnung in neue Gehege und Situationen eingesetzt wird, zur Vorbereitung für die Zusammenführung mit einer Elefantenkuh.“ [4].

    Zoo Leipzig – Elefantendame Hoa – Beruhigung bei Geburt und Stillen

    Elefanten-Dame Hoa wurde 2019 im Leipziger Zoo während der Geburt und in den ersten Tagen danach angekettet, damit sie ihr Kind nicht verletzt [5], denn sie hatte bereits 2012 ihre Neugeborenes tödlich attackiert. Außerdem bekam sie Beruhigungsmittel gespritzt, weil sie „schreckhaft“ war und damit sie ihr Kind überhaupt Milch trinken ließ [6] – das Elefantenkind starb schließlich wenige Monate später. Unvorstellbar in der Natur, denn die Liebe von Elefanten zu ihrem Nachwuchs ist berüchtigt. 

Primaten – Depressionen bei Affen>

Für Affen ist das Leben in Zoos alles andere als artgerecht. Verzweiflung und Langeweile sind an der Tagesordnung und führen bei den intelligenten, hochsozialen Tieren oft zu schwerwiegenden Verhaltensstörungen, wie Selbstverletzung, Ausreißen der Haare oder Apathie und Zurückgezogenheit, wie Videoaufnahmen und Studien belegen. Die Verhaltensstörungen werden oftmals von den Zoos mit Beruhigungspillen kaschiert.

  • Beispiele in deutschen Zoos

    Zoo Wuppertal – Selbstverstümmelung bei Gorillas und Klammeraffen

    Gorilla-Dame Roselii begann, sich selbst am Fuß zu verletzen, nachdem sich das Sozialgefüge der Gruppe durch Hinzukommen eines neuen Tiers verändert hatte. Zwischen dem 25. Oktober 2013 und dem 14. Juni 2014 wurde Roselii wiederholt mit Diazepam und auch Lorazepam behandelt. Dies erfolgte zum Teil im Rahmen der medikamentösen Narkosevorbereitung, aber teilweise auch ausschließlich aus dem Grund, Selbstverletzungen im Bereich der Beine zu verhindern. [7] In einem Bericht des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in Nordrhein-Westfalen heißt es dazu: „Darüber hinaus wurden, unter Hinzuziehung eines Humanpsychiaters, auch Psychopharmaka eingesetzt, um das Tier zu beruhigen und von einer weiteren Selbstverletzung abzuhalten.“. Danach wurde sie noch mehrfach mit verschiedenen Mitteln behandelt. Doch das Verhalten besserte sich erst nach der Abgabe des neueren Gruppenmitglieds, als sich die soziale Situation wieder entspannte [4]. Auch Gorilla-Mann Vimoto, der sich regelmäßig Selbstverstümmelungen an den Händen zufügte, wurde im August 2013 über mehrere Tage mit Diazepam als Appetitanreger und wegen weiterer Gründe behandelt, die nicht näher definiert wurden.

    Auch die Schwarze Klammeraffendame Anja wurde 2005 zwei Mal im Zusammenhang mit aufgetretenen Selbstverstümmelungen am Bein mit Perphenazin behandelt, ein Medikament zur Behandlung von Psychosen [8].

    Laut eines ehemaligen Tierpflegers soll außerdem Schimpansen-Mann Epulu mit Valium (Diazepam) ruhiggestellt worden sein, der bei Zoo-Mitarbeitern als gefährlich und aggressiv galt [9].

    Natur Zoo Rheine – Bartaffen – Revierkämpfe nach Vergesellschaftung

    Auch im Natur Zoo Rheine kam es zu Problemen in der Gruppendynamik: Drei ältere männliche Bartaffen wurden durch Konkurrenz mit jüngeren Männchen aus der Gruppe ausgestoßen. Sie konnten nicht ausweichen, wie es in der Natur bei Revierkämpfen der Fall wäre. Die Bartaffen erhielten daher Medikamente zur Senkung des Testosteronspiegels (der männlichen Hormone) und ein Beruhigungsmittel, dessen Wirkstoff zur Behandlung von Manie und psychomotorischen Erregungszuständen eingesetzt wird. Die Vergesellschaftung war trotzdem nicht möglich. [2]

    Nürnberger Zoo – Gorillas – Beruhigung an Silvester

    Im Nürnberger Zoo wurde bei den Gorillas das Beruhigungsmittel Diazepam eingesetzt, etwa wegen „Silvesterknallerei“ oder „leichten Eifersüchteleien“ zwischen den Tieren. [2]

Schimpanse Epulu bekam BeruhigungsEisbärenEisbären – extremer Bewegungsmangel

Es gibt kaum eine Tierart, die so deutlich im Zoo leidet, wie Eisbären. Die Tiere müssen wandern können, um artgerecht zu leben. In der Natur streifen sie durch riesige Gebiete. In der Zoo-Gefangenschaft entwickeln die Tiere aufgrund der Beengtheit daher oft schwere Verhaltensstörungen, die sich beispielsweise in permanentem Hin- und Herlaufen äußern.

Auszug aus Protokollen zur Medikamentengabe im WuppertalTierbabys->

Für „Zuchtprogramme“, die allerdings vor allem niedliche Transportegnete produzieren und dem Erhalt der Population in Gefangenschaft dienen sollen, werden ständig Tiere zwischen Zoos ausgetauscht. Schwer vorzustellen, dass die Transporte, die fremde Umgebung und Eingewöhnung in eine neue Sozialgruppe keine Belastung für die Tiere sind. Auch hier helfen Zoos deshalb medikamentös nach.

Delfine – enge Becken und Zwang zur „Showtime“

In sogenannten „Delfinarien“ werden die intelligenten Meeressäuger in winzige Becken eingesperrt und müssen mit Delfinshows Besucher unterhalten. Um die katastrophale Haltung zu kompensieren, kommen auch hier Psychopharmaka in teils beträchtlichen Mengen zum Einsatz.

  • Beispiele in deutschen Zoos

    Tiergarten Nürnberg – Delfine – Valium gegen Nervosität oder Aggressionen

    Über Jahre hinweg und teils hoch dosiert verabreichte der Nürnberger Tiergarten den Großen Tümmlern das Valiumpräparat Diazepam und ein beruhigend wirkendes Nahrungsergänzungsmittel. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hatte schon 2012 die Praxis des Zoos kritisiert, Verhaltensprobleme wie steigende Aggressionen oder nervöses Verhalten mit Beruhigungsmitteln zu behandeln.
    Zwei männliche Delfine wurden besonders stark medikamentiert, weil sie als „schwierig im Training“ für die Delfinshows galten. Zoodirektor Dag Encke behauptete dem Wochenmagazin Stern gegenüber, dass im Jahr 2015 kein Diazepam mehr bei den Großen Tümmlern verabreicht worden sei [2]. Doch Ende 2018 wurde durch eine vom Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) beantragte Akteneinsicht bekannt, dass die Delfine im Tiergarten Nürnberg weiterhin Psychopharmaka erhielten [12].
     

„China Light Festival“, Dschungelnächte oder Halloween-Spektakel – Spaßveranstaltungen im Zoo zulasten der Tiere

Zoos setzen zunehmend auf Sonderveranstaltungen wie Lichterfeste, Musikveranstaltungen oder sonstige „Highlights“, bei denen die Einrichtungen teilweise sogar nachts für Besucher geöffnet sind, um die leeren Kassen zu füllen. Doch die Belastung der Tiere durch hohen Besucherandrang, Lärm und Lichter legt die Vermutung nverhaltensgestörte Tiere:heading –>

Fazit: zugedröhnt und ruhiggestellt

Die Zoo-Verantwortlichen verharmlosen die Situation und täuschen die Öffentlichkeit mit der Behauptung, Psychopharmaka würden angeblich nicht eingesetzt, um verhaltensgestörte Tiere an die mangelhaften Gehege „anzupassen“ [9]. Es ist ethisch nicht zu rechtfertigen, eine systembedingt leidverursachende Tierhaltung mit Medikamenten zu kaschieren. Auch die Bundesregierung äußerte sich dazu:

„Ein dauerhafter und routinemäßiger Einsatz von „Psychopharmaka“ – etwa Beruhigungsmittel – zur Kompensation ungeeigneter Haltungsbedingungen verstößt nach Auffassung der Bundesregierung gegen die Vorgaben des Tierschutzgesetzes (TierSchG).“ [13]

Dennoch werden in Zoos immer wieder Verhaltensstörungen wie Stereotypien, Selbstverstümmelungen oder aggressives Verhalten gegenüber Artgenossen durch den Einsatz von Psychopharmaka unterdrückt. Das Gesamtausmaß des Problems ist unbekannt. PETA setzt sich dafür ein, dass alle deutschen Zoos ihren Einsatz von Psychopharmaka offen legen müssen – nicht zuletzt, da die meisten städtiscAlternativenWas Sie tun können

Bitte besuchen Sie keine zoologischen Einrichtungen und klären Sie Familie, Freunde und Bekannte über das Leid der Tiere auf! Es gibt zahlreiche tierfreundliche Alternativen zum Zoo-Besuch!