Buchtipp: Die Eloquenz der Sardine – Geschichten aus der Unterwasserwelt

Für die Fische des Mittelmeers, für alle anderen Fische und für all jene, die sie gern entdecken möchten.“ Auch ihnen widmet der französische Physiker Bill François sein in die Unterwasserwelt mitreißendes Buch „Die Eloquenz der Sardine“. Der Autor erzählt in wunderschönen, beinahe poetischen Sätzen von seiner Entdeckung des „unterseeischen Universums“ und „dessen fesselnden Bewohnern“, die „ganz und gar nicht schweigsam“ sind.

Dabei war es zwischen Bill François und den Fischen Liebe auf den zweiten Blick. Als Kind war er zwar fasziniert vom Meer und seinen Bewohnern, aber vor Fischen hatte er Angst: „Die einzigen Tiere, denen ich auf gar keinen Fall begegnen wollte, waren Fische (…) Sie machten mir Angst.“ Doch dann änderte die Begegnung mit einer Sardine alles. Er stellte sich Fragen über die Sardine, darüber, wie der Alltag dieses „staunenerregenden Geschenks des Meeres“ aussieht:

„Ihr Dasein und ihre Art, das Universum wahrzunehmen, machten mich neugierig. Ich fragte mich, durch welche Landschaften und mit welchen anderen Wesen sie normalerweise schwamm, und ob sie manchmal mit anderen Sardinen sprach.“

Bill François, Autor

Heute erforscht der in Paris lebende Autor die Hydrodynamik und Biomechanik aquatischer Organismen. In Büchern erzählt er seine Begegnung mit Wassertieren und bringt ihre Geschichten in unsere Überwasserwelt, sodass wir sie bestaunen können.

Fischschwarm im Meer

Ozeane sind voller Laute, Gerüche und Farben

Nur weil wir Menschen unter Wasser weder gut sehen noch hören, sprechen, geschweige denn gut riechen oder elektrische Felder oder Strömungen wahrnehmen können, wäre es vermessen, anzunehmen, Wasserbewohner wären stumm. Ganz im Gegenteil: Sie verfügen über zahlreiche Kommunikations- und Wahrnehmungskanäle, die uns schlicht und einfach fehlen oder die im Laufe der Evolution und der Anpassung an das Leben an Land verkümmert sind.

Die Laute der Fische

„Sobald man sich der Küste und den Klippen nähert, hört man einen wahren Chor mit den verschiedensten Klangfarben, Rhythmen und Stimmlagen. Das ist der Chor der Fische. Redseliger als die Vögel im Wald, füllen die Fische die Meere mit ihrem vielfältigen Piepsen, ein jeder nach seiner Art.“

Bill François, Autor

Aber wie erzeugen Fische Töne ohne Stimmbänder? Manche Fische bedienen sich ihrer Schwimmblase, auf der sie mit Muskeln herumtrommeln, was sich je nach Fischart wie ein Krächzen, Knurren oder Brummen anhört. „Ihre Töne erinnern an Nebelhörner, Schlagzeugsolos oder Töne von Videospielen. Manche Fische kann man von der Küste aus hören, andere murmeln nur vor sich hin.“ Die Stachelmakrele knirscht in hohen Tönen mit den Zähnen und erzeugt hierbei „kreischende Melodien“.

Andere Fische reiben Knochen aneinander oder lassen ihre Stacheln vibrieren, wie der Katzenfisch. Grundeln wiederum blasen Luft durch die Kiemen, und Heringe aus ihrem Allerwertesten. Eine Studie mit Tonaufnahmen zeigte bereits vor Jahren, dass Fische in Korallenriffen zur Morgen- und Abenddämmerung gemeinsam singen. Bill François beschreibt die beeindruckende Lautstärke dieses schuppigen Chors folgendermaßen: „Wenn über den bevölkerungsreichsten Korallenriffs der Tag anbricht, erreicht der Chor der Fische den Soundpegel einer Cocktailbar zur Happy Hour.“

Fische am Korallenriff

Das ist, laut dem Autor, aber noch nichts im Vergleich zum Umberfisch Cynoscion othonopterus:Wenn sich ihre Schwärme zum Laichen treffen, kommen sie leicht auf zweihundert Dezibel, dass alle Wale in der Umgebung vorübergehend ertauben.

Fische kommunizieren auch über Düfte

Bill François beschreibt, dass die Gewässer voller Gerüche sind, die wir Menschen nicht wahrnehmen können. Diese Düfte stellen im Meer eine eigene Sprache dar. Fische registrieren feinste Nuancen der unzähligen Geruchsmoleküle und können sich an Gerüche erinnern. Der Atlantische Lachs beispielsweise hat auch nach Jahren in den Gewässern Grönlands noch den bretonischen Bach in Erinnerung, in dem er geboren wurde und in den er zum Laichen zurückkehrt. „Außerdem rufen die Gerüche so starke Gefühle hervor, dass die Fische sie benutzen, um miteinander zu sprechen.“ Diese Düfte spiegeln ihre Stimmung wider und erzählen von Stress, Liebe, Hunger oder Angst. „So warnt der Angstgeruch eines kleinen Fisches seine Artgenossen vor der Gefahr …“

Wie das Buch von Bill François beschreibt, nutzen Fische und andere Meerestiere auch weitere Kommunikationskanäle, darunter etwa die Körpersprache oder die Wahrnehmung elektrischer Impulse und magnetischer Felder.

Koi im Wasser macht Blasen

Das Besondere an diesem Buch

Was das Buch von anderen wissenschaftlichen Büchern abhebt, ist die Leichtigkeit, mit der es geschrieben ist. Es enthält zahlreiche Informationen über wirbellose Wassertiere, die vielen Leser:innen vermutlich nicht bekannt waren. Dabei ist es aber keine trockene Auflistung von Fakten, sondern wunderschön und spannend geschrieben. „Die Eloquenz der Sardine“ spricht Leser:innen persönlich an und lässt neben allen wissenschaftlichen Fakten auch Raum für Fantasie.

„Dank der Fische durfte ich Erzählungen entdecken, die ich mit diesem Buch an Sie weitergeben möchte.“

Bill François, Autor

Was Sie für Meeresbewohner tun können

Bitte streichen Sie alle Meeres- und Wasserbewohner von Ihrem Speiseplan. So bewahren Sie zahllose Tiere vor dem Tod und schützen die Ozeane vor Überfischung und Verschmutzung. Wer den Geschmack nach Meer nicht missen möchte, kann sich auf die Vielzahl an leckeren veganen Fischalternativen freuen, die der Lebensmittelhandel heute bietet.