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Warum Sie niemals eine Bartagame kaufen sollten

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Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe hat die Bartagame zum „Heimtier des Jahres“ 2023 ernannt – und das, obwohl Reptilien wie Bartagamen keine pflegeleichten „Haustiere“, sondern exotische Wildtiere sind, die in der Heimtierhaltung immer leiden und nicht artgerecht gehalten werden können. Auch der Handel bedeutet für die Tiere enorme Qualen bis hin zum Tod. Erfahren Sie hier, warum Sie niemals eine Bartagame kaufen sollten.

Inhalte im Überblick

Wo kann man Bartagamen kaufen?

Bartagamen werden ebenso wie andere Exoten in Zoohandlungen, auf Internetportalen und Reptilienbörsen angeboten. Viele der dort präsentierten Tiere sind Wildfänge und wurden ihrer Heimat entrissen. Bartagamen leben eigentlich in Australien, wo sie bis zu 100 Meter weit am Tag laufen. Für den Reptilienhandel werden sie eingefangen und in kleinen Boxen um die halbe Welt transportiert, was für sie großen Stress bedeutet. Schätzungen zufolge überleben bis zu 72 Prozent der Reptilien den Transport nicht. [1] Viele Wildfänge – insbesondere illegale – werden einfach als Nachzucht falsch deklariert, sodass Käufer:innen niemals die wahre Herkunft erfahren.

Viele Bartagamen werden auf Reptilienbörsen verkauft, bei denen die sensiblen und scheuen Wildtiere in kleinen Plastikboxen großem Leid ausgesetzt werden. Oft haben sie keinerlei Rückzugsmöglichkeiten und werden in grellem Licht von unzähligen Menschen betrachtet. Allein der Blick eines Menschen kann die Exoten in Todesangst versetzen.

Welche Zoohandlungen verkaufen Bartagamen?

In Zoohandlungen werden Bartagamen und andere Reptilien in kleinen Terrarien oder Plastikboxen zum Verkauf angeboten. In freier Wildbahn klettern Bartagamen gerne auf Baumstämme und sonnen sich im warmen Sand. Die natürliche Umgebung kann in keiner Privathaltung nachgebildet werden. In Zoohandlungen sind die sensiblen Wildtiere ohne ausreichende Bewegungs- oder Beschäftigungsmöglichkeiten eingesperrt. 

Wie sieht es in den Betrieben aus, die Bartagame züchten?

Die Reptilien stammen teilweise aus katastrophalen Zuständen, wie ein Beispiel aus den USA zeigt. Im Jahr 2024 spielte ein Informant PETA USA Dokumentationen über das Leid der Echsen in einem amerikanischen Zuchtbetrieb zu:

Ein Whistleblower, der bei Reptiles by Mack gearbeitet hat, einer Zuchtfabrik in Ohio, die namhafte Unternehmen in der Branche wie PetSmart beliefert, hatte wiederholt versucht, die miserablen Bedingungen für Tausende Bartagamen zu verbessern.

  • Denn die Tiere wurden dort in schmutzigen, kahlen Plastikwannen gelagert.
  • Trotz Bitten an die Geschäftsleitung wurde den Echsen weiterhin selbst das Nötigste verweigert – einschließlich Wasser. Auf der Website des Unternehmens erfahren Interessent:innen, dass die Tiere eine Schale mit Wasser zum Trinken brauchen. Doch in der Lagerhalle des Unternehmens wird Tausenden durstigen Tieren Wasser verwehrt.
  • Die dehydrierten Echsen versuchten, die von der Reinigung der Wannen übrig gebliebenen Wassertropfen zu trinken – und leckten sich verzweifelt die Lippen nach mehr.
  • Als der Informant einen Nebel versprühte, rannten die Tiere zu dem frischen Wasser und tranken unaufhörlich.
  • Sie wurden teils mit schweren Verletzungen zurückgelassen.
  • Dutzende Tiere wurden tot aufgefunden.

 „Bartagamen trinken Wasser, wenn sie durstig sind – und je größer der Durst, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie jedes Wasser trinken, das sie finden. […] Die Intensität des Trinkverhaltens [in dem Video] legt nahe, dass diese Tiere sehr durstig und wahrscheinlich dehydriert sind.“

Dr. Ann-Elizabeth Nash – Geschäftsführerin der Colorado Reptile Humane Society und Expertin für das Verhalten von Echsen

Die USA gehören zu den Hauptlieferanten von Reptilien nach Deutschland. Es gibt keinen Nachweis, dass die Tiere von Reptiles by Mack exportiert werden sollten. Dennoch zeichnet das in diesem Fall dokumentierte Leid ein eindrückliches Bild von den Zuständen in der Branche und wie es Tieren ergehen kann, wenn sie nicht wie Lebewesen, sondern wie Produkte behandelt werden: In der Branche werden die sensiblen Echsen häufig wie leblose Waren verschifft und als „Spontankäufe“ an uninformierte Menschen verkauft.

  • Viren und andere Krankheiten kursieren in Zuchtanlagen

    Viele Bartagamen bei Mack zitterten und zuckten heftig und konnten ihre Bewegungen nicht kontrollieren. Ein Vorgesetzter führte die Symptome auf ein Adenovirus zurück – ein hochansteckendes Virus, das durch schlechte Hygiene verbreitet wird, und sagte, dass „jede Echse“ in der Anlage daran erkrankt sei und das zu Leber- und Nierenerkrankungen, Enzephalitis und anderen Schmerzen führen kann.

    Der Whistleblower fand häufig Bartagamen, die lethargisch und abgemagert waren oder an anderen Krankheiten litten, darunter offenbar die gelbe Pilzkrankheit, die Hautgeschwüre verursacht und tödlich sein kann, und die sogenannte Maulfäule, eine bakterielle Infektion, die die Kieferknochen befallen kann.

Wie sterben Bartagamen?

Bartagamen, darunter auch Babys, wurden regelmäßig tot aufgefunden:

  • Die Überreste einiger Bartagamen waren völlig ausgetrocknet – was darauf hindeutet, dass sie schon seit einiger Zeit tot waren.
  • Andere tote Tiere waren von Würmern befallen.

Allein der Whistleblower fand fast 70 tote Echsen in weniger als acht Wochen. Ihre Überreste wurden in Hundekotbeuteln gesammelt.

Im gleichen Zeitraum wurden mindestens 420 Echsen von den Vorgesetzten getötet, indem sie bis zu 10 Minuten lang mit Kohlendioxid vergast wurden. Über einen Zeitraum von zwei Monaten wurden Dutzende Babys vergast, die angeblich zu langsam wuchsen, wenn sie das gewünschte Gewicht auch nur um den Bruchteil eines Gramms verfehlten.

  • Tierquälerische Haltungsbedingungen führen zu Kämpfen und schweren Verletzungen

    Das Filmmaterial zeigt die Echsen in kargen Plastikwannen, in denen sie sich nicht verkriechen, verstecken oder klettern konnten – alles grundlegende Verhaltensweisen, die für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden wichtig sind.

    Die Tiere versuchten panisch, aus ihren  zu springen und zu entkommen.

    In ihrem natürlichen Lebensraum in Australien klettern Bartagamen gerne auf Felsen und Büsche, sonnen sich, kühlen sich unter der Erde ab und suchen nach Nahrung. Sie sind Einzelgänger und neigen dazu, ihr Revier vor Artgenossen zu schützen.

    Da sie sich nicht verstecken oder den beengten Bedingungen in den Betrieben entkommen konnten, kämpften die gestressten Echsen in dem Betrieb oft miteinander, was zu schweren Wunden an Schwanz und Beinen führte, einschließlich fehlender Füße.

     

     

  • Verletzungen bleiben oft unbehandelt – leidende und kranke Tiere werden dennoch verkauft
    • Verletzte Tiere wurden nicht sofort versorgt. Stattdessen wies die Leitung von Mack den Informanten an, sie in Kästen zu lassen, bis das tiermedizinische Personal der Einrichtung sie bei den wöchentlichen Besuchen untersuchen konnte.
    • Der Tierarzt ordnete oft nur „Zeit“ als empfohlene „Behandlung“ für Verletzungen an, so auch im Fall einer Echse mit einem nekrotischen Bein, dem er sagte, es würde schließlich „abfallen“.
    • Ein Vorgesetzter wurde dabei gefilmt, wie er das Personal anwies, ein Tier mit einem schwer verletzten Arm, der schlaff an der Seite hing, nicht zu versorgen, da er nichts tun könne. Er sagte, das verstümmelte Tier könne noch als „unvollkommen“ verkauft werden.

     

     

  • Mitarbeitende arbeiten unter Zeitdruck – darunter leiden die Tiere

    In dem Betrieb herrschte so großer Zeitdruck, dass das Personal nicht in der Lage war, den Gesundheitszustand von Hunderten oder sogar Tausenden Tieren zu überprüfen, für die die Mitarbeitenden in einer Schicht verantwortlich waren. Als der Informant versuchte, gründlich zu sein und die Bedingungen für die Tiere zu verbessern, wurde er dafür gerügt, dass er von der Aufgabe abwich oder zu langsam arbeitete.

    Schmutzige Wannen wurden teils bis zu einer Woche lang nicht gereinigt. Hunderte von Glühbirnen in den Echsengehegen waren durchgebrannt, so dass die Tiere weder UV-B-Licht noch Wärme erhielten.

    Sobald Verantwortliche der abnehmenden Zoohandlungen kamen, ordneten die Vorgesetzten das zuständige Personal bei Mack an, „gründlich zu putzen“.

  • Grausame Zuchtbedingungen: Gequälte Elterntiere und missgebildete Babys
    • Gefährliche Kabelbinder wurden um die Hälse der zur Zucht missbrauchten Bartagamen gelegt.
    • Die Weibchen wurden in Mülltonnen zur Eiablage zurückgelassen – eines sogar sechs Tage lang.
    • Manche erhielten in diesen Eimern tagelang nicht einmal Nahrung und Wasser.
    • Einige weibliche Echsen wurden mit Männchen zusammen gehalten, die fast doppelt so groß waren wie sie: Ein Teamleiter gab zu, dass ein kleines Weibchen „gestresst“ war, ließ es aber trotzdem mit einem viel größeren Männchen in einer Wanne.
    • Baby-Echsen schlüpften oft missgebildet. Die meisten von ihnen wurden getötet. Eine Ausnahme waren an der Wirbelsäule zusammengewachsene Echsen, die an den Meistbietenden versteigert werden sollten, obwohl ein Mitarbeiter die Zwillinge adoptieren und sich um sie kümmern wollte.

Wie viel kostet eine Bartagame?

Besonders auf Reptilienbörsen werden Exoten wie Bartagamen oftmals zu Billigpreisen wahllos an jede:n Interessente:n verkauft – auch, wenn diese nicht fachkundig sind. So können kleine Tiere und Jungtiere für gerade mal 20 Euro gekauft werden. Seltenere Arten werden für bis zu 300 Euro verkauft. Bei den Käufer:innen sind derzeit Silkback-Bartagamen beliebt. Dabei handelt es sich jedoch um eine Qualzucht, denn durch das Fehlen von Schuppen wurde den Tieren auch die natürliche Widerstandskraft der Haut weggezüchtet. Bei betroffenen Echsen ist der Wasserverlust der Haut doppelt so hoch wie bei anderen Arten und auch das Verletzungsrisiko ist viel höher.

Bei dem Handel mit Bartagamen geht es den Verkäufer:innen wie im gesamten Heimtierhandel um den Profit und nicht um das Wohl der Tiere und ihr zukünftiges Leben im neuen Zuhause.

schuppenlosen Bartagame

Ist die Haltung von Bartagamen schwer?

Bartagamen haben wie alle exotischen Tiere hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. In einem Terrarium können Sie daher niemals artgerecht gehalten werden. Auch die Ernährung der Tiere ist sehr anspruchsvoll. Oftmals kommt es zu Haltungsfehlern, weil sich Halter:innen nicht ausreichend informieren, was für die Echsen zu einem gefährlichen Gesundheitsrisiko wird. Oft kommt es dadurch zu Krankheiten, Vergiftungen und im schlimmsten Fall zum Tod des Tieres. Eine tierärztliche Fallstudie, bei der rund 150 verstorbene Reptilien untersucht wurden, kam zu dem Ergebnis, dass 51 Prozent der Tiere an durch Haltungsfehler verursachten Krankheiten litten. [2]

Auch für Halter:innen kann die Haltung von Bartagamen ein Gesundheitsrisiko darstellen. So tragen geschätzt 90 Prozent aller Reptilien in Terrarien Salmonellose-Erreger in sich, die leicht auf den Menschen übertragen werden können. [3] Zoonosen wie Corona haben gezeigt, wie gefährlich der Kontakt zu Wildtieren sein kann.

Wie Sie Bartagamen helfen können

Wenn Sie eine Bartagame aus dem Tierheim oder Tierschutz aufnehmen möchten und sich sicher sind, dem Tier ein gutes Zuhause bieten zu können, informieren Sie sich bitte im Voraus über die Haltungsanforderungen. Kaufen Sie niemals Bartagamen bei Züchter:innen, im Internet, auf Tierbörsen oder in Zoohandlungen.

Setzen Sie sich außerdem für ein Importverbot von exotischen Wildtieren ein, damit Reptilien zukünftig Leid in Gefangenschaft erspart bleibt.

  • Quellen

    [1] PubMed (29.05.2014): Morbidity and mortality of invertebrates, amphibians, reptiles, and mammals at a major exotic companion animal wholesaler, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24875063/ (e9ngesehen am 06.05.2024)

    [2] Schmidt, Volker: Die Bedeutung von haltungs- und ernährungsbedingten Schäden bei Reptilien. Eine retrospektive pathologische Studie, 4. Leipziger Tierärztekongress, 2008

    [3] Robert Koch-Institut: Salmonella-Infektionen bei Säuglingen und Kleinkindern durch Kontakt zu exotischen Reptilien. Epidemiologisches Bulletin. 4. März 2013 / Nr. 9