Invasive Arten: Wissenschaft dämonisiert eingeführte Tierarten

Seit Jahren werden in menschlichen Siedlungsgebieten vermehrt sogenannte invasive Arten wie Waschbären und Co. gesichtet. Damit verbunden häufen sich auch negative Pressemeldungen über die Tiere. Zuletzt sorgte ein Projekt für mediale Aufmerksamkeit, das von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und dem Senckenberg-Institut getragen wird: das Projekt ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren). [1]

Entgegen jeder wissenschaftlichen Grundlage werden dabei Falschmeldungen über sogenannte „invasive“ Beutegreifer wie Waschbären, Marderhunde und Nerze mit der Forderung nach intensiver Bejagung dieser Tiere verbreitet. Sieht man genauer hin, erkennt man, dass hier die Jägerschaft mitmischt.

Appellieren Sie per E-Mail an die Verantwortlichen der hessischen Regierung und Naturschutzbehörde: Bitten Sie darum, dass wissenschaftliche Studien über Neozoen wie Waschbären endlich anerkannt werden und dass das unseriöse Forschungsprojekt ZOWIAC eingestellt wird.

Das Projekt betrifft insbesondere Waschbären, von denen Jäger:innen jährlich rund 200.000 Tiere töten. [2] Minks wiederum sind auf der EU-Liste der invasiven Arten nicht einmal aufgeführt und vielerorts in Deutschland und besonders in Hessen gar nicht verbreitet. Dennoch werden auch sie von den Forscher:innen des ZOWIAC-Projekts als „Schädlinge“ dargestellt, die es zu bejagen gilt. [1] Da die meisten Menschen wenig Kenntnis über die Liste der sogenannten invasiven Arten und deren Bewertung haben, wird besonders der durch die Medien bekannte „invasive und nicht heimische Waschbär“ als Hauptproblem dargestellt.

Zweifelhafte Verbindung zur Jägerschaft: Jagdverbände begrüßen das Projekt

Das Projekt ZOWIAC verfügt über ein Budget von rund 750.000 Euro, wovon 418.000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umweltgetragen, und die restliche Summe wahrscheinlich vom Landesjagdverband Hessen und vom Landesjagdverband Bayern finanziert wird.

Es ist unklar, warum Gruppierungen und Behörden wie das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, das Regierungspräsidium Darmstadt und der Landesbetrieb HessenForst – also Einrichtungen, die sich eigentlich neutral verhalten sollten – als „Kooperationspartner“ bei diesem Projekt mitwirken, das erheblich von der Jägerschaft unterstützt wird. [3]

Jaeger mit Gewehr im Arm
Das Projekt ZOWIAC erhält wahrscheinlich Gelder von Jagdverbänden.

Waschbären in schlechtes Licht gerückt

Waschbären werden in der Publikation des ZOWIAC beispielsweise als „invasive Karnivoren“ bezeichnet, ernähren sich als sogenannte Allesfresser jedoch von Pflanzen, Würmern, Insekten, Schnecken und Fischen. In der Tat sind Waschbären Allesfresser, doch bei einem Nahrungsanteil von 15 Prozent Wirbeltieren ist die Bezeichnung „Karnivore“ (Fleischfresser) reine Propaganda. Sie dient lediglich dazu, ihre gnadenlose Bejagung zu fordern – denn unter dieser Voraussetzung wären viele Vögel und Pflanzenfresser auch „Karnivoren“.

Es scheint, als seien die mehrjährigen wildbiologischen Feldstudien im Rahmen des „Projekt Waschbär“ sowie andere Forschungsergebnisse [4] komplett in Vergessenheit geraten, denn leider greifen immer mehr Medien die ZOWIAC-Falschmeldungen auf.

Der Leiter des ZOWIAC-Projekts, Professor Sven Klimpel, empfiehlt bereits nach den ersten sehr vorläufigen und nicht veröffentlichten Ergebnissen von ZOWIAC eine intensivere Bejagung von Waschbären. In Hessen etwa sei es nötig, Waschbären in bestimmten Gebieten unabhängig von Schonzeiten zu jagen. Dies würde bedeuten, dass Waschbären-Eltern und ihre Kinder noch kompromissloser getötet werden dürfen.

Propaganda der Jägerschaft

Obwohl die EU-Verordnung zur Eindämmung der „invasiven Arten“ explizit auch nicht-tödliche Maßnahmen vorsieht, stürzt sich die Jägerschaft auf die Veröffentlichung des ZOWIAC-Projekts. Sie nutzt sie als Grundlage für ihre Forderung nach einer gnadenlosen Bejagung der Tiere, so unter anderem in einem Beitrag der Deutschen Jagdzeitung: „Forscher fordert stärkere Bejagung von Waschbären & Co.“ [5]

Beispiel Berlin zeigt: Ein friedliches Zusammenleben mit Waschbären ist möglich

Berlin zeigt vorbildlich, dass eine friedliche Koexistenz mit Waschbären möglich ist. In unserer Bundeshauptstadt leben heute mehrere Hundert dieser Tiere, die sich dank des Nahrungsangebots und Jagdverbots dort sehr wohl fühlen. Die Waschbären kommen mit anderen Wildtieren in der Stadt wie Füchsen oder Mardern gut zurecht, und auch das Zusammenleben mit Hunden und Katzen funktioniert problemlos. [6]

Für Fragen zu den tierischen Nachbarn gibt es in Berlin seit 2021 eine „Waschbär-Vor-Ort-Beratung“. Das Projekt der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz soll Bürger:innen helfen, sich an die friedlichen Tiere zu gewöhnen und bei Problemen helfen. [7]

So helfen Sie Waschbären und anderen Neozoen

Wenden Sie sich an das hessische Umweltministerium und bitten Sie darum, dass wissenschaftliche Studien zu Waschbären (z. B. aus dem Müritz-Nationalpark) endlich anerkannt werden:

Fordern Sie zudem, das unseriöse Forschungsprojekt ZOWIAC einzustellen und die Schonzeiten für Waschbären aufgrund solcher Falschaussagen nicht noch weiter aufzuweichen, sondern nicht-letale Maßnahmen des Waschbärenmanagements zu fördern.

  • Schreiben Sie Leserbriefe oder kommentieren Sie auf Onlineportalen, wenn Sie Artikel lesen, in denen negativ über Waschbären berichtet wird.
  • Informieren Sie Freund:innen, Bekannte und die Familie darüber, dass die Hetze gegen sogenannte „invasive Arten“ jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehrt und nur dazu dient, die Tiere gnadenlos zu bejagen.