Update: Niedersachsen erlaubt Wolfsabschuss: Jäger tötet falschen Wolf

Update April 2021 

Nach Obduktion steht fest: Bei der getöteten Wölfin handelt es sich um einen nicht zum Abschuss freigegebenen Welpen

Nachdem im Frühjahr 2021 in Niedersachsen zwei Wölfe erschossen worden waren, weshalb das niedersächsische Umweltministerium bereits in der Kritik stand, kamen Wolfsexperten des Bundes zu dem Schluss, dass die getöteten Tiere noch Welpen waren. Nach der Obduktion der Tiere steht fest: Die beiden getöteten Wölfe sind nicht die von den Behörden offiziell zum Abschuss freigegebenen „Problemwölfe“. Stattdessen wurden junge Wölfinnen erschossen; die in Löningen erschossene Wölfin war erst elf Monate alt, das Alter der Wölfin aus Uelzen ist bisher noch nicht näher bestimmt. In der Abschussgenehmigung hieß es ausdrücklich, dass die Erlaubnis nicht für Welpen gilt. [1]

Das Ministerium in Hannover verteidigt die Abschüsse damit, dass es keine verbindliche Regelung gebe, wie lange ein Wolf als Welpe bezeichnet werde. Das Handeln der Jäger wird damit gerechtfertigt, dass Jungtiere teilweise nicht von ausgewachsenen Tieren zu unterscheiden seien. Mit der Bezeichnung „Welpe“ seien darüber hinaus jüngere Tiere gemeint, die sich noch nicht selbst versorgen können.

Zuvor hatte die Landesbehörde den Abschuss der beiden unbescholtenen Wölfinnen als rechtmäßig und durch die Abschussgenehmigung gedeckt erklärt.

Inzwischen sind bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg vier Anzeigen eingegangen, denen nun nachgegangen wird. [1]

Bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg läuft ein Ermittlungsverfahren, nachdem wir von PETA Deutschland die Behörde kürzlich auch darauf hingewiesen haben, dass ein betroffener Landwirt sich vehement über Schafrisse beschwert und dazu beigetragen hatte, dass das Umweltministerium die Sondergenehmigungen erlassen hat. „Dieser Landwirt hat so gut wie keine Herdenschutzmaßnahmen getroffen. Er liefert seine Schafe quasi schutzlos Wölfen aus – während er mit seinen Schadensmeldungen Behörden aufgeschreckt und wesentlich zu den Wolfsabschüssen beigetragen hat. Statt in sinnvolle Schutzmaßnahmen wie Herdenschutzhunde zu investieren, ließ der Landwirt trotz Fördermöglichkeiten durch das Land Niedersachsen nur viel zu niedrige, nicht wolfssichere Zäune errichten. Dem Landwirt muss daher selbst Verantwortung zugewiesen werden, wenn er Massen an Schafen hält und diese nicht ausreichend schützt.“

Dr. Edmund Haferbeck, PETA Deutschland

Im niedersächsischen Löningen wurde erstmals seit fünf Jahren ein Wolf mit Genehmigung des Landes getötet. In der Region im Landkreis Cloppenburg ist seit einigen Jahren ein Wolfsrudel ansässig, das laut Umweltminister Olaf Lies (SPD) seit 2018 etwa 500 Schafe gerissen haben soll. Die Ausnahmegenehmigung zum Abschuss eines der Tiere bezog sich auf einen männlichen Wolf, dem die Risse größtenteils zugeordnet werden konnten – erschossen wurde jedoch ein weibliches Tier. [2]

Niedersächsische Landesregierung erlaubt Abschuss – Schütze tötet falschen Wolf

Das ansässige Wolfsrudel soll für den Tod von rund 500 sogenannten Nutztieren verantwortlich sein und dadurch für die Tierhalter finanzielle Schäden verursacht haben. Zuletzt habe das Rudel am 10. Oktober und 12. November „Nutztiere“ getötet. Der niedersächsische Umweltminister verteidigte den freigegebenen Wolfsabschuss damit, dass Ausnahmegenehmigungen zur Tötung gerechtfertigt seien, wenn trotz Maßnahmen zum Herdenschutz weiterhin zahlreiche Tiere gerissen werden. Das Rudel habe sich beispielsweise nicht von 1,20 Meter hohen Zäunen abhalten lassen. Die entsprechende Genehmigung galt für einen Rüden, der unbekannte Schütze tötete jedoch eine
Wölfin. [3]

Das Umweltministerium Niedersachsen gab an, dass keine weiteren Tiere des Rudels mehr gejagt werden sollen. Wie viele Wölfe insgesamt derzeit mit solchen Ausnahmeregelungen in Niedersachsen gejagt werden dürfen, verschweigt das Land jedoch.

An dem Abschuss, der schließlich Anfang Februar 2021 durchgeführt wurde, ist vor allem zu kritisieren, dass der Jäger offensichtlich keine Fähe, also einen weiblichen Wolf, von einem Rüden unterscheiden kann. Die meisten Jäger behaupten, dass sie in einer umfangreichen Jagdausbildung ausreichend Wissen erhalten, um Tiere in der Natur zu jagen und zu töten. Fachkundig ausgebildete Jäger sollten demnach in der Lage sein, männliche von weiblichen Wölfen zu unterscheiden – erkennt ein Jäger diesen Unterschied nicht, ist er unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen.

„Jede Behörde weiß, dass die Jägerschaft extrem unzuverlässig und nicht rechtstreu ist. Das gilt besonders, wenn es um den Abschuss eines Wolfes geht. Behörden nehmen mit solchen Ausnahmegenehmigungen schlichtweg Rechtswidrigkeiten in Kauf.“

Dr. Edmund Haferbeck, PETA Deutschland

Land genehmigt Tötung eines Wolfes – Strafanzeige gegen Behörden folgt

Wegen der rechtswidrigen Tötung wurden bereits Strafanzeigen gegen Umweltminister Lies, den Landrat sowie den unbekannten Schützen gestellt. Auch wir von PETA Deutschland haben Strafanzeige gegen die zuständigen Behörden Niedersachsens wegen der Sondergenehmigung zum Abschuss – wegen Verstoßes gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und des Tierschutzgesetzes – bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg erstattet.

Jäger sehen Wölfe als Konkurrenten bei der Jagd

Einige Jäger, Landwirte und Politiker setzen sich dafür ein, dass der Wolf seinen Schutzstatus verliert und als jagdbare Tierart ins Jagdrecht aufgenommen wird.

Jäger behaupten, sie müssten Wildtierbestände durch Bejagung regulieren, weil diesen natürliche Feinde fehlen und sie sich sonst unkontrolliert vermehren würden. Doch statt einer natürlichen Regulation freien Lauf und Wölfe Rehe, Wildschweine und Co. jagen zu lassen, um die angeblich unkontrollierte Vermehrung von Wildtieren einzugrenzen, machen Jäger lieber selbst Jagd auf fast alle Wildtierarten, inklusive Beutegreifern wie Fuchs und Wolf. Der Versuch, Wölfe ins Jagdrecht aufzunehmen, ist somit ein eindeutiges Zeichen für Beuteneid der Jäger und für ihre Lust am Töten. [4]

Für landwirtschaftliche Tierhalter hingegen geht es vordergründig um Profitmaximierung, nicht um das Wohl ihrer Herden – früher oder später müssen ihre Tiere sowieso sterben: Wenn sie nicht vom Wolf gerissen werden, werden sie lange vor ihrer natürlichen Lebenserwartung gewaltsam im Schlachthof getötet. Darüber hinaus bedeuten Schutzmaßnahmen, die Angriffe von Wölfen verhindern sollen, zusätzliche Kosten und Mühen. Die Jagd auf Wölfe ist für Landwirte, die häufig selbst Jäger sind, die günstigste Lösung.

Rückkehr der Wölfe nach Ausrottung

Nachdem Jäger Wölfe in Deutschland erstmals ausgerottet hatten, dauerte es über 100 Jahre, bis sie sich hier wieder ansiedelten. Seit dem Jahr 2000 ist der Wolf hierzulande wieder ansässig [4] – nicht zuletzt wegen der seit 1990 bestehenden strengen Schutzmaßnahmen. [5] Aktuell leben hierzulande 128 Wolfsrudel.

Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der Wölfe in Niedersachsen von rund 230 auf etwa 350 Tiere, die in 35 Rudeln und zwei Paaren leben. [6] Die scheuen und sehr sozialen Tiere haben zu Unrecht ein schlechtes Image. Bei der Untersuchung des Gefahrenpotenzials von Wölfen kamen norwegische Forscher zu dem Ergebnis, dass gesunde Wölfe gewöhnlich keine Gefahr für Menschen darstellen. [7]

Was Sie tun können

  • Informieren Sie sich vor politischen Wahlen über die Kandidaten und Wahlprogramme. Überlegen Sie sich genau, wen Sie mit Ihrer Stimme unterstützen möchten.
  • Stoppen Sie die Zwangsbejagung und machen Sie Ihr Grundstück zu einem sicheren Rückzugsort für Wildtiere.
  • Unterschreiben Sie unsere Petition und helfen Sie und dabei, ein Verbot von Totschlagfallen zu erreichen.