

Verstoß gegen das Tierschutzgesetz
Das Verstümmeln von Vögeln in Zoos ist ein klarer Verstoß gegen die aktuelle Rechtslage, der allerdings weiterhin geduldet wird. Im Tierschutzgesetz heißt es:„Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres.“ (TierSchG §6, Abs. 1)
Wie macht man Vögel flugunfähig?
Grundsätzlich gibt es umkehrbare oder dauerhafte Möglichkeiten, um Vögel flugunfähig zu machen. Beim sogenannten „Flügelstutzen“ werden dem Vogel die Schwungfedern an einem oder beiden Flügeln gekürzt. Da die Federn hier wieder nachwachsen, muss diese Methode nach jeder Mauser wiederholt werden. Irreversible Methoden dagegen verhindern, dass die Schwungfedern nachwachsen. Hierzu werden die Federfollikel (der Wachstumsort der Federn) chirurgisch entfernt oder durch eine Laserbehandlung zerstört. Auch eine Teilamputation am Flügelknochen („Kupieren“) wird teilweise angewandt.Das regelmäßige Federstutzen bedeutet immer wiederkehrenden Stress beim Einfangen der Tiere – Verletzungen wie Beinbrüche sind dabei keine Seltenheit. Chirurgische Eingriffe werden meist unter Narkose durchgeführt und sind damit ebenfalls belastend und wahrscheinlich mit Wundschmerz verbunden [3]. Letztlich werden die Vögel dadurch ihr Leben lang in ihrem natürlichen Bewegungsverhalten eingeschränkt. Auch das Fluchtverhalten wird beeinträchtigt. Im Frankfurter Zoo kamen 2014 sogar 15 Flamingos ums Leben, weil sie nicht vor einem in den Zoo eingedrungenen Fuchs flüchten konnten [4].

Wie viele Tiere und welche Vogelarten sind betroffen?
Die Vogelgruppen, die besonders häufig flugunfähig gemacht werden, sind Wasservögel wie Flamingos, Pelikane oder Gänsevögel. Theoretisch gibt es rund 280 Vogelarten, die flugunfähig gehalten werden können [5]. Da es keine Dokumentations- und Meldepflichten an die Landesregierungen gibt [6], liegen keine verlässlichen Informationen darüber vor, welche Zoos das Flugunfähigmachen noch immer durchführen und wie viele Tiere betroffen sind.Warum das alles?
Zoos sind gesetzlich dazu verpflichtet, ein Entkommen der Tiere zu verhindern. Freiflughallen aber sind teurer zu bauen, aufwändig in der Instandhaltung und bieten dem Besucher außerdem ein weniger idyllisches Bild, als die Illusion von sich (dem Anschein nach) frei bewegenden Tieren auf einer Teichanlage. Um also Baumaßnahmen zu vermeiden und den Besuchern die Vögel ansprechender zu präsentieren, wurde bei einigen Vogelarten bisher routinemäßig das Flugunfähigmachen genutzt. Damit werden das Leid der Tiere und die Einschränkung ihres natürlichen Flugverhaltens in Kauf genommen.Gerechtfertigt wird diese Vorgehensweise der Zoos damit, dass bei einigen Vogelarten das Fliegen bei der Fortbewegung angeblich eine untergeordnete Rolle spiele [5]. Allerdings ist die Flugfähigkeit auch für Wasservogelarten ein wichtiges Grundbedürfnis, das ihnen von den Zoos einfach abgesprochen wird. Ostafrikanische Rosaflamingos beispielsweise können auf dem Weg zwischen ihrem Brutgebiet und den Nahrungsgründen in einer Nacht bis zu 640 Kilometer weit fliegen und dabei Geschwindigkeiten von bis zu 55 Stundenkilometern erreichen [7]. Auch Pelikane können große Distanzen zurücklegen und 24 Stunden ohne Pause fliegen [8]. Außerdem haben Studien gezeigt, dass die Flugfähigkeit nicht nur für die Fortbewegung eine wichtige Rolle spielt: Das Kupieren der Flügel beeinträchtigt z. B. bei Flamingos auch den Fortpflanzungserfolg, da kupierte Männchen bei der Paarung eher die Balance verlieren [9].
Fazit
Tierarten wie Flamingos und Pelikane sind in der Natur kaum bedroht und gehören nicht in Gefangenschaft. Sie werden nur als „Attraktion“ für zahlende Besucher in Zoos gehalten.Zoos scheuen meist die nötigen Kosten und Mühen, um die Vögel mit baulichen Veränderungen wie dem Überzäunen von vorhandenen Freianlagen flugfähig halten zu können. Obwohl auch den Behörden das Problem bekannt ist, ist noch immer nicht absehbar, dass die rechtswidrige Praxis des routinemäßigen Flugunfähigmachens endlich eingestellt wird.Was Sie tun können
- Bitte besuchen Sie keine Zoos und Tierparks.
- Appellieren Sie an den Bundestagsabgeordneten in Ihrem Wahlkreis, sich dafür einzusetzen, dass sensible Tierarten wie Flamingos nicht mehr in Zoos gehalten werden dürfen.
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Quellen
[1] Jaeger (2016): Flugunfähigmachen bei Vögeln im Spannungsfeld zum grundsätzlichen Amputationsverbot gemäß § 6 Tierschutzgesetz. Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV)
[2] Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE an den Deutschen Bundestag (2015) https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/037/1803792.pdf
[3] Jäger, C.; Schmidt, T.(2015): Das Flugunfähigmachen von Vögeln in zoologischen Einrichtungen unter Tierschutzgesichtspunkten. Amtstierärztlicher Dienst (BbT), 3. Quartal 2015, S. 163 ff.
[4] Spiegel Online Artikel vom 25.03.2014: Rätsel gelöst – Flamingos im Frankfurter Zoo fielen Fuchs zum Opfer. http://www.spiegel.de/panorama/autopsie-flamingos-in-frankfurter-zoo-vom-fuchs-gerissen-a-960665.html
[5] Verband der Zoologischen Gärten (VdZ), Stellungnahme vom 08.11.2016 https://www.vdz-zoos.org/fileadmin/user_upload/08112016_-_zur_Flugeinschraenkung_von_Voegeln.pdf
[6] Anfrage der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD) an Bayerischen Landtag (2017) https://kleineanfragen.de/bayern/17/16486-tierschutz-in-bayerischen-zoos-und-tierparks-teil-4-flugunfaehigmachen-von-voegeln
[7] Johnson, A.; Cézilly, F. (2007): The Greater Flamingo. T & AD Poyser, London
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Pelikane
[9] Flamingo Husbandry Guidelines; Editors: Chris Brown, AZA Ciconiiformes TAG, Dallas Zoo & Catherine King, EAZA Ciconiiformes/Phoenicopteriformes EEP, Rotterdam Zoo (2005). http://aviansag.org/Husbandry/Unlocked/Care_Manuals/Flamingo%20Husbandry%20Guidelines.pdf