Deutschland verweigert seit 8 Jahren korrekte Umsetzung von EU-Tierversuchsrichtlinien – Helfen Sie jetzt!

Update Februar 2023

Offener Brief an Bundesminister Cem Özdemir: Bündnis aus 14 Organisationen und Verbänden fordert Beseitigung von Defiziten im Tierversuchsrecht

In einem offenen Brief hat sich PETA gemeinsam mit 13 weiteren Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen mit der Forderung an Bundesminister Cem Özdemir gewandt, die gravierenden Mängel in den derzeitigen gesetzlichen Grundlagen zu Tierversuchen endlich zu beseitigen.

Ein juristisches Gutachten zeigt, dass die EU-Tierversuchsrichtlinie auch nach der Tierschutzgesetzänderung 2021, die infolge des Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen Deutschland erfolgte, weiterhin fehlerhaft in deutsches Recht umgesetzt wird. [1]

Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag [2] angekündigt, das Tierschutzgesetz zu überarbeiten, der erste Entwurf wird in diesem Jahr erwartet. Daher fordert das Bündnis den zuständigen Bundesminister Özdemir auf, die Gelegenheit zu nutzen und die gesetzlichen Defizite durch entsprechende Änderungen im Tierschutzgesetz und in der Tierversuchsverordnung zu beheben. Bislang werden Tiere in Versuchslaboren nicht einmal nach den von der EU vorgegebenen Mindestvorgaben geschützt. Deutschland muss sein Staatsziel „Tierschutz“ ernst nehmen und durch gesetzliche Änderungen deutliche Verbesserungen erzielen, bis ein Ausstiegsplan aus Tierversuchen die Forschung endgültig modernisiert. PETA hat hierfür bereits ein Strategiepapier vorgelegt – den Research Modernisation Deal.

Update September 2022

Vertragsverletzungsverfahren eingestellt

Die Europäische Kommission hat am 15. Juli 2022 das Vertragsverletzungsverfahren (Nr. INFR(2018)2207) gegen Deutschland eingestellt. [3] Damit erkennt die Kommission formell an, dass Deutschland mit den Änderungen, die 2021 am Tierschutzgesetz vorgenommen wurden, die EU-Richtlinie 2010/63 zum Schutz von Versuchstieren in Laboren nun ausreichend in nationales Recht umsetzt. Daran hegen allerdings wir von PETA Deutschland e.V. und andere Organisationen erheblichen Zweifel. [4]

Die damit festgelegten Standards orientieren sich am absolut nötigen Minimum der Richtlinie. Sie werden wohl kaum dazu führen, dass Versuchstiere in Deutschland maßgeblich reduziert und ersetzt werden und damit den einzig vertretbaren Schutz erhalten – nämlich gar nicht erst für Tierversuche missbraucht zu werden. Von allen Ländern der Europäischen Union werden in Deutschland die meisten Tiere für Tierversuche missbraucht, für „wissenschaftliche Zwecke“ getötet und im Rahmen von Zuchtprogrammen geboren, nie eingesetzt und trotzdem getötet. [5] Unsere Standards sollten die höchsten in Europa sein.

Die jetzige Bundesregierung strebt laut Koalitionsvertrag eine erneute Änderung des Tierschutzgesetzes an. [6] Wir setzen uns dafür ein, dass hier weit höhere Anforderungen an die Regulierungen von Tierversuchen mit aufgenommen werden. Denn nur so kann Deutschland den ersten Schritt in die richtige Richtung gehen und das erklärte Ziel der Tierversuchsreduktion auch anstoßen und umsetzen.

Update Mai 2021

Neues Tierschutzgesetz mangelhaft

Am 20. Mai 2021 wurden die Änderungen des Tierschutzgesetzes im Bundestag angenommen – mehr als acht Jahre später als von der EU gefordert. Diese Änderungen schließen zwar eklatante Lücken im Tierschutzgesetz, einige der von der EU gerügten Mängel bleiben jedoch bestehen. PETA hatte die Bundesregierung im April 2021 über die im Gesetz bestehenden Mängel hinsichtlich Tierversuchen informiert – entsprechende Änderungen wurden jedoch keine beschlossen. Ob die Europäische Kommission das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland beenden wird, bleibt deshalb unsicher.

Das zuständige Ministerium beteuert seit Langem, sein langfristiges Ziel sei der vollständige Ersatz von Tierversuchen. Dennoch weisen die Tierversuchszahlen in Deutschland keinen Rückgang auf: Seit Jahren werden jährlich etwa drei Millionen Tiere Opfer von Experimenten, weitere vier Millionen werden für die Forschung als „Überschuss“ gezüchtet und getötet.

Die auch im neuen Tierschutzgesetz weiterhin bestehenden Mängel verdeutlichen den Unwillen der Bundesregierung, Tierschutz in Deutschland ernst zu nehmen. Neben PETA fordern nun auch erste Parteien daher dringend einen Ausstiegsplan aus Tierversuchen. Wir werden uns weiterhin für die vollständige Abschaffung von Tierversuchen einsetzen – bitte kämpfen Sie mit uns und unterschreiben Sie unsere Petition!

wissenschaft statt tierversuche

Update April 2021

Gesetzesentwürfe noch immer mangelhaft

Ein Jahr nach Veröffentlichung der gemeinsamen Stellungnahme von PETA und vier weiteren Tierschutzverbänden (ÄgT, BMT, DJGT, MfT) [7] sind viele der untenstehenden, aufgedeckten Mängel behoben – doch die Gesetzesentwürfe sind noch immer mangelhaft! Beispielsweise werden besonders schwer belastende Tierversuche – also Experimente, bei denen die Tiere besonders lang starken Schmerzen, Leiden und Ängsten ausgesetzt sind, die zudem nicht [durch Schmerzmittel beispielsweise] gelindert werden können – in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Nach EU-Recht sollen sie dagegen nur im Ausnahmefall und unter strengen Voraussetzungen genehmigt werden. Deutschland hätte auch die Möglichkeit, diese ethisch besonders problematischen Tierversuche ganz zu verbieten.

Es könnte nicht deutlicher sein, wie unwillig die verantwortlichen Politiker sind, Tierschutz in Deutschland umzusetzen: Trotz der beschämend großen Verspätung von mehr als acht Jahren will die Regierung eine weitere Verlängerung erwirken, sodass die Gesetze, die eigentlich schon seit Januar 2013 hätten gelten müssen, nun erst ab Mitte 2023 verbindlich sein sollen. Konkret bedeutet das: Die Bundesregierung will also erwirken, dass in Deutschland mehr als 10 Jahre lang Tierversuche durchgeführt werden, die nach EU-Recht schon seit 2013 teils illegal sind! Denn: Wären die EU-Vorgaben – wie von der EU angewiesen – bereits seit 2013 im deutschen Gesetz verankert, hätte unzähliges Tierleid verhindert werden können.

PETA Poster Tierversuche an Maeusen

PETA Deutschland hat sich nun mit einer weiteren, 18-seitigen Stellungnahme [6] an Vertreter des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft gewandt. Auch Sie können helfen: Bitten Sie die Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises, die Mängel zu beheben und sich für einen besseren Schutz der Tiere in Laboren einzusetzen!

Originaltext (April 2020)

8 Jahre zu spät: BMEL legt Gesetzesentwürfe vor

Im Sommer 2018 hatte die EU-Kommission sechs EU-Länder wegen der fehlenden Umsetzung verschiedener Gesetzgebungen zum Schutz von Tieren in Versuchslaboren gerügt – darunter auch Deutschland. Dabei hatte jeder Mitgliedsstaat der EU schon bis zum 10. November 2012 die Aufgabe, die „Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz von zu wissenschaftlichen Zwecken genutzten Tieren“ in seiner nationalen Gesetzgebung umzusetzen. Nun, fast acht Jahre(!) nach Überschreitung der Deadline und mit einem Vertragsverletzungsverfahren der EU im Nacken, legt die Bundesregierung entsprechende Entwürfe vor. Diese sind jedoch weiterhin mehr als mangelhaft und halten teils Hintertüren offen, um weitermachen zu können wie bisher.

  • Petition Tierversuche: Deutschland verweigert Anpassung an EU-Vorgaben

    Update 2021

    Zwischen April 2020 und April 2021 haben mehr als 13.000 Menschen an Bundesministerin Julia Klöckner geschrieben! Lesen Sie hier den Text unserer Online-Petition:

    Bitte setzen Sie die EU-Vorgaben zu Tierversuchen mit Hinblick auf den Tierschutz um!

    wie ich erfahren habe, legt die Bundesregierung der EU-Kommission aktuell Gesetzesentwürfe vor, um die in einem Vertragsverletzungsverfahren kritisierten Mängel in der Umsetzung der „Richtlinie 2010/63/EU zum Schutz von zu wissenschaftlichen Zwecken genutzten Tieren“ zu beheben. Die Gesetzesentwürfe weisen jedoch noch immer erhebliche Mängel auf, die tierschutz- und europarechtswidrige Verfahren weiterhin ermöglichen würden. Ich appelliere an Sie, umgehend sicherzustellen, dass Ihre Gesetzgebung den in der Richtlinie festgelegten Standards entspricht. Eine umfassende Übersicht und Stellungnahme zu den aktuell mangelhaften Gesetzesentwürfen wurden Ihnen bereits von einem Zusammenschluss verschiedener Tierschutzverbände zugestellt.

    Es widerspricht den Werten einer ethisch verantwortlichen Gesellschaft, Versuche an Tieren durchzuführen. Kein Tier – ob Affe, Hund oder Maus – hat es verdient, in einen kleinen Laborkäfig gesperrt und einem Missbrauch ausgesetzt zu sein, wie er außerhalb von Laborgebäuden illegal wäre.

    Zudem haben systematische Überprüfungen immer wieder festgestellt, dass Tierversuche kaum einen Nutzen für den Menschen haben und zudem höchst unwirtschaftlich sind. Verfügbare Finanzmittel sollten nicht in Tierversuche, sondern in tierfreie, humanrelevante Methoden investiert werden, damit kranken Menschen schneller geholfen und Deutschland globaler Vorreiter für innovative Wissenschaft werden kann.

    Solange Tierversuche noch Teil der Wissenschaftssysteme sind, appelliere ich an Ihr Mitgefühl und bitte Sie, umgehend zu handeln: Bitte setzen Sie die EU-Vorgaben zu Tierversuchen mit Hinblick auf den Tierschutz um und beheben Sie die Mängel!

Mehr als 20 durch die EU-Kommission beanstandete Mängel sollen in den Entwürfen behoben werden, dazu sind Änderungen im Tierschutzgesetz und in der Tierschutz-Versuchstierverordnung notwendig. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch klar, dass die Bundesregierung an vielen Stellen versucht, tierschutzwidrige und europarechtswidrige Regelungen bei Tierversuchen beizubehalten.
PETA hat gemeinsam mit weiteren deutschen Tierschutzverbänden eine umfassende Stellungnahme [8] zu den mangelhaften Gesetzesentwürfen veröffentlicht.

Deutschland versucht, EU-Vorgaben zu missachten

Seit Jahren unternimmt Deutschland grobe Versuche, die EU-Vorgaben für mehr Tierschutz zu missachten. Nicht nur, dass die erforderlichen Gesetzesentwürfe der EU erst mit jahrelanger Verspätung und der Androhung rechtlicher Konsequenzen vorgelegt werden – die Entwürfe enthalten zudem dreiste Mängel, um die EU-Vorgaben durch Sonderregeln oder schlechte Formulierungen plump zu umgehen.

Prüfungsverbot der Genehmigungsbehörde

Einer der gröbsten Fehler in der bisherigen deutschen Gesetzgebung liegt darin, dass die Behörde, die einen Tierversuch genehmigt, diesen nicht selbstständig auf Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit prüfen darf. Die Behörde muss schlichtweg auf das vertrauen, was ihr der Antragsteller, also der Experimentator, dazu vorlegt, darf jedoch keine eigenen Recherchen anstellen. Dies ist nicht mit der EU-Vorgabe vereinbar. Doch der aktuelle Entwurf der Bundesregierung – der diesen Fehler eigentlich beheben sollte – ist so schwammig formuliert, dass offensichtlich wird: Das Prüfungsverbot für die Behörde soll aufrechterhalten bleiben.

Tierversuche in Aus-, Fort- und Weiterbildung

Weitere gravierende Fehler betreffen die Tierversuche zur Aus-, Fort- und Weiterbildung – also beispielsweise psychophysiologische Experimente im Medizinstudium an Mäusen, Sezierkurse im Biostudium oder Operationen an lebenden Schweinen und Schafen. Die EU verlangt ganz eindeutig, dass diese Tierversuche in Zukunft vorher genehmigt werden müssen – im Gegensatz zur bisherigen Regelungen in Deutschland, nach der die Behörden lediglich über die Versuche informiert werden müssen. Deutschland versucht jedoch, sich auch hier über die EU-Vorgaben hinwegzusetzen, indem es Sonderregelungen für diese Art Tierversuche einführen will:

Die Bearbeitungszeit soll von 40 auf 20 Tage halbiert und die üblicherweise erforderlichen Stellungnahmen von Tierschutzbeauftragten und der Tierversuchs-Kommission sollen als nicht notwendig gelten. Eine solche Gesetzeslage würde es den Genehmigungsbehörden erheblich erschweren, auf die vermeintliche „Unerlässlichkeit“ der Tierversuche zu prüfen und Tierversuche zu ermitteln, die bereits durch anerkannte, tierfreie Lehrmethoden ausgetauscht werden könnten und müssten. Denn was kaum bekannt ist: Während an Universitäten mit modernerem Lehrpersonal bereits tierverbrauchsfreie Lehrmethoden angeboten werden, halten andere Hochschulen unbeirrt an veralteten Tierversuchen fest.

Beanstandungen zu mehr als 20 weiteren Gesetzesabschnitten können der ausführlichen Stellungnahme entnommen werden.

Was Sie tun können

  • Bitten Sie die Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises, die Mängel zu beheben und sich für einen besseren Schutz der Tiere in Laboren einzusetzen.
  • Unterstützen Sie PETAs Research Modernisation Deal zur Modernisierung der Forschung und zum Ausstieg aus Tierversuchen.
  • Informieren Sie Freunde, Bekannte und Verwandte über die Unzulänglichkeit und Grausamkeit von Tierversuchen!