
Obwohl Tierversuche kaum auf den Menschen übertragbar sind, werden noch immer grausame Experimente an Tieren durchgeführt, um Krebskrankheiten zu erforschen. Welche Tierversuche in der Krebsforschung durchgeführt werden, wie sinnfrei die Experimente tatsächlich sind und weshalb tierfreie Methoden unterstützt werden sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Krebsforschung in Tierversuchen ist selten auf den Menschen übertragbar
Seit vielen Jahren wird in Tierversuchen an Krebs geforscht, immer wieder wird von großen Durchbrüchen gesprochen, doch die Wahrheit ist: Wir wissen schon lange, wie wir Krebs heilen können – allerdings nur bei Mäusen. Schon 1998 hat Richard Klausner, ehemaliger Direktor des National Cancer Institutes, erkannt, dass fast alle der vermeintlichen Erfolge in der Krebsforschung sich nicht auf den Menschen übertragen lassen. [1] Und auch deutsche Wissenschaftler:innen zweifeln das Modell an. So sagte der ehemalige Dekan der Berliner Charité, Axel Pries, es sei „auch ein bisschen naiv zu glauben“, eine in Tierversuchen entwickelte Krebstherapie würde beim Menschen genauso funktionieren. [2]
Nur 3,4 Prozent der Krebspräparate am Menschen anwendbar
Eine Studie von 2018 kam zu einem erschreckenden Ergebnis: Nur 3,4 Prozent der Präparate gegen Krebs erhielten nach der Untersuchung in Tierversuchen eine Zulassung zur Anwendung am Menschen. [3]
Die mangelhafte Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen ist ein maßgeblicher Faktor für die hohe Misserfolgsquote. Dennoch werden weltweit Millionen Tiere in der Krebsforschung missbraucht. Dabei steht fest: Tierversuche sind ethisch nicht zu rechtfertigen, unzuverlässig und verschwenden wertvolle Ressourcen, die in die Weiterentwicklung von Methoden investiert werden könnten – also Methoden, die tatsächlich für den Menschen aussagekräftig sind.
Was ist Krebs überhaupt?
Krebs ist ein Überbegriff für mehr als 200 verschiedene Krankheiten, die unterschiedliche Ursachen und einen unterschiedlichen Verlauf haben. Da die Krebszellen aus den körpereigenen Zellen entstehen, ist jede Krebsart so individuell wie die Menschen selbst, so dass zwei Erkrankte auf dieselbe Behandlung unterschiedlich reagieren können. Allein daher lässt sich ableiten, dass auch die Übertragbarkeit von Tieren auf Menschen nicht zuverlässig sein kann.
Was wird mit den Tieren bei Tierversuchen gemacht?
Seit Jahrzehnten werden Krebserkrankungen erforscht, indem man Mäusen menschliche Tumore einpflanzt. Eine Studie zeigte bereits 2017, dass dieses Verfahren extrem fehlerhaft ist. [4]
„Experimentator:innen“ analysierten für die Studie über 1.000 Maus-„Modelle“ mit menschlichem Krebs. Dabei fanden sie heraus, dass die Transplantation menschlicher Krebszellen in diese Mäuse die genetische Zusammensetzung der Zellen verändert – und zwar auf eine Art und Weise, die beim Menschen so gut wie nie auftritt. Das führte unweigerlich dazu, dass die Zellen auch auf Medikamente der Chemotherapie anders reagierten.
Der Grund für die schlechte Übertragbarkeit von Ergebnissen aus Tierversuchen auf den Menschen ist immer derselbe: Eine Forschung an der falschen Spezies führt zu überwiegend nutzlosen Ergebnissen.
Die Lösung: neue Technologien basierend auf menschlicher Biologie
Die Bandbreite innovativer tierversuchsfreier Methoden entwickelt sich rasant. Diese Methoden liefern Ergebnisse, die besser auf den Menschen übertragbar sind: Organchips beispielsweise bestehen aus menschlichen Zellen, stellen den menschlichen Organismus im Miniaturformat nach und werden daher auch „mikrophysiologische Systeme“ genannt. Auch im Bereich der Krebsforschung kommen Organchips seit Jahren zum Einsatz.
Zwei Dresdner Forschungsinstitute testeten im Jahr 2022 mit solchen „Mini-Organismen“ den Einsatz von Radiopharmaka. Das sind radioaktive Medikamente gegen Krebs, die verwendet werden, wenn Chemotherapie oder Bestrahlung nicht anschlagen – sie spüren die Krebszellen gezielt auf und bestrahlen diese sozusagen von innen. Bei diesen „Mini-Organismen“ wird das menschliche Gefäßsystem durch Kanäle und Ventile nachgeahmt und eine kleine Pumpe simuliert den Herzschlag. Auf dem Chip werden dann zwei- und dreidimensionale Tumormodelle platziert, so dass die Wirkung der Radiopharmaka getestet werden kann – ganz ohne Tierleid und mit direkt für den Menschen aussagekräftigen Ergebnissen. [5]

Weitere tierversuchsfreie Technologien in der Krebsforschung:
- Bereits 2016 hat ein Schweizer Forschungsteam Zellen von Lungenkrebspatient:innen auf einem Chip wachsen lassen und verschiedene Kombinationen von Chemotherapien getestet. Denn jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf die Therapie. Dies war ein erster Schritt in Richtung personalisierter Medizin, bei der vor der Therapie Zellen der Patient:innen getestet werden, um die beste Behandlung zu finden. [6]
- 2022 haben gleich zwei chinesische Forschungsgruppen Organchips vorgestellt, bei denen sie Tumore mit einem Netzwerk an Blutgefäßen verbunden haben. Dadurch lassen sich zum Beispiel Metastasen untersuchen oder Medikamente entwickeln, welche die Bildung der Blutgefäße unterbinden, damit der Tumor nicht mit Nährstoffen versorgt wird. [7, 8]
- Das Berliner Start-up TissUse geht noch weiter und hat einen Multi-Organchip entwickelt, bei dem sich bis zu vier Organsysteme verbinden lassen. Laut der Webseite von TissUse haben sie beispielsweise ein Modell entwickelt, das aus menschlichen Zellen des Darms, einem Lymphknoten und Tumoren besteht. So lassen sich auch Auswirkungen auf das Immunsystem studieren. [9]
Diese kleine Auswahl innovativer, für den Menschen aussagekräftiger Technologien zeigt, wie sich die Forschung in Zukunft umgestalten wird – weg von grausamen Tierversuchen und hin zu effektiven, zuverlässigen und vor allem ethisch vertretbaren Methoden.
Ein 2016 veröffentlichter Bericht hat außerdem gezeigt, dass 25 bis 33 Prozent der Krebserkrankungen und etwa 40 Prozent der Krebstodesfälle durch Prävention vermeidbar wären. [10] Regelmäßige Bewegung, nicht rauchen und pflanzliche Ernährung statt rotem und verarbeitetem Fleisch sind hier also weitaus sinnvoller als grausame Tierversuche, die sich nicht auf den Menschen übertragen lassen. [11]
Was Sie gegen Tierversuche tun können
Helfen Sie uns dabei, grausame Experimente an Tieren zu beenden und unterstützen Sie unser Strategiepapier für den Ausstieg aus Tierversuchen. Darin zeigen wir einen detaillierten Plan auf, wie moderne und effektive Forschung ohne Tierversuche etabliert werden kann. Tierversuche lassen sich nicht zuverlässig auf den Menschen übertragen und sind somit nicht nur moralisch falsch, sondern auch sinnlos. Mit Ihrer Unterschrift können Sie den Tieren helfen!
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Quellen
[1] Cimons M, Getlin J, Maugh II TH. Cancer Drugs Face Long Road From Mice to Men. Los Angeles Times. 06.05.1996. Zugriff am 28.01.2025. https://www.latimes.com/archives/la-xpm-1998-may-06-mn-46795-story.html
[2] Wagner L. Leben lassen. Süddeutsche Zeitung. 10.01.2019. Zugriff am 30.01.2025. https://sz-magazin.sueddeutsche.de/gesundheit/leben-lassen-86606?reduced=true
[3] Wong CH, Siah KW, Lo AW. Estimation of clinical trial success rates and related parameters. Biostatistics. 2019;20(2):273-286. doi:10.1093/biostatistics/kxx069
[4] Ben-David U, Ha G, Tseng YY et al. Patient-derived xenografts undergo mouse-specific tumor evolution. Nat Genet. 2017;49(11):1567-1575. doi:10.1038/ng.3967
[5] HZDR – Helmholtz Zentrum Dresden Rossendorf. Radioaktive Substanzen bekämpfen den Krebs im Mini-Labor. Pressemitteilung vom 09.01.2023. Zugriff am 02.02.2023. https://www.hzdr.de/db/Cms?pOid=67964&pNid=99
[6] Ruppen J, Wildhaber FD, Strub C et al. Towards personalized medicine: chemosensitivity assays of patient lung cancer cell spheroids in a perfused microfluidic platform. Lab Chip. 2015;15(14):3076-3085. doi:10.1039/c5lc00454c
[7] Wang R, Zhang C, Li D, Yao Y. Tumor-on-a-chip: Perfusable vascular incorporation brings new approach to tumor metastasis research and drug development. Front Bioeng Biotechnol. 2022;10:1057913. Published 2022 Nov 22. doi:10.3389/fbioe.2022.1057913
[8] Hu Z, Cao Y, Galan EA et al. Vascularized Tumor Spheroid-on-a-Chip Model Verifies Synergistic Vasoprotective and Chemotherapeutic Effects. ACS Biomater Sci Eng. 2022;8(3):1215-1225. doi:10.1021/acsbiomaterials.1c01099
[9] TissUse – Emulating human biology. Services. Zugriff am 30.01.2025. https://www.tissuse.com/en/services/
[10] Song M, Giovannucci E. Preventable Incidence and Mortality of Carcinoma Associated With Lifestyle Factors Among White Adults in the United States. JAMA Oncol. 2016;2(9):1154-1161. doi:10.1001/jamaoncol.2016.0843
[11] Islami F, Goding Sauer A, Miller KD et al. Proportion and number of cancer cases and deaths attributable to potentially modifiable risk factors in the United States. CA Cancer J Clin. 2018;68(1):31-54. doi10.3322/caac.21440