Noch immer werden in Deutschland mehr als eine Million Kühe und Bullen das ganze Jahr oder bis zu neun Monaten, also über die langen Wintermonate, angebunden im Stall gehalten – auch in Biobetrieben [1] Vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ist die sogenannte Anbindehaltung noch sehr stark verbreitet. Bei dieser tierquälerischen Haltungsform werden vor allem in kleinen und mittleren Betrieben Rinder mittels Anbindevorrichtungen am Hals fixiert, sodass sie sich nicht einmal umdrehen können.
Dies kann nicht nur psychische Schäden hervorrufen, sondern auch körperliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen. Darunter fallen schmerzhafte Liegeschwielen, entzündete Gelenke, Lahmheit sowie Einschnürungen und Quetschungen am Hals durch die Anbindevorrichtungen. Verstärkt werden diese Erkrankungen zum Beispiel bei unbeweglichen Halsrahmen als Anbindevorrichtung, bei verschlissenen oder fehlenden Liegematten und bei zu kurzen bzw. zu schmalen Liegeflächen. Oftmals liegen die Tiere dauerhaft in ihren eigenen Exkrementen.

Im Rahmen des 10. Niedersächsischen Tierschutzsymposiums [2] wurden im Tagungsband [3] unter „Kontrollen von Rinderanbindehaltungen im Landkreis Cloppenburg – Erfahrungen und tierschutzrechtliche Maßnahmen“ Zahlen und Fakten zur Anbindehaltung veröffentlicht. Die Erkenntnisse stammen aus einem Projekt, das infolge dramatischer Zustände bei Tierschutzkontrollen von Anbindehaltungen im Jahr 2014 ins Leben gerufen wurde.
Gerichtsurteil bestätigt: Anbindehaltung bei Rindern ist tierschutzwidrig
PETA hat abermals Strafanzeigen gegen insgesamt 26 Betriebe mit Rinderanbindehaltung in Bayern und Baden-Württemberg erstattet. Grundlage für das erneute Handeln ist ein Gerichtsurteil – in diesem Fall des Verwaltungsgerichts Münster, das die Anbindehaltung bei Rindern als tierschutzwidrig gewertet hat [4]. Jahrelange Forderungen nach der Abschaffung dieser besonders qualvollen Haltungsform werden damit ein weiteres Mal bestätigt. Wir rufen die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und den baden-württembergischen Landwirtschaftsminister Hauk auf, die Anbindehaltung sofort zu beenden. Zudem fordern wir von den Landesregierungen finanzielle Unterstützung der Landwirt:innen in Form von Ausstiegshilfen.
Anfang 2023 bestätigte erneut ein Rechtsgutachten, welches von Greenpeace beauftragt wurde, dass die Anbindehaltung gegen das Tierschutzgesetz verstößt. [5] Es kann sogar der Straftatbestand der Tierquälerei vorliegen, da dieses Haltungsform die Rinder in ihren Grundbedürfnissen einschränkt. In dem Gutachten heißt es daher, dass die Anbindehaltung sofort vom Gesetzgeber verboten werden müsse.

Anbindehaltung geht meist mit gravierenden Tierschutzverstößen einher
Die Erkenntnis, dass die Anbindehaltung meist mit gravierenden Tierschutzverstößen einhergeht, hat bislang jedoch nicht dazu geführt, dass ein sofortiges Verbot der Anbindehaltung von Seiten der Politik durchgesetzt wird. Deshalb hat PETA Anzeige gegen die im Tagungsband erwähnten – und behördlich bekannten – Betriebe gestellt, die bei den Tierschutzkontrollen durch massive Verstöße aufgefallen sind.
In den angezeigten Betrieben herrschen bezüglich der Haltung der Tiere permanente, länger andauernde und erhebliche tierschutzwidrige Zustände. Diese verstoßen gegen das Tierschutzgesetz, da die Tiere unter dieser Haltungsform erheblich leiden.

Erneute Anzeigen gegen Betriebe mit Anbindehaltung
Seit Oktober 2020 hat PETA zahlreiche weitere Anzeigen – vor allem gegen Betriebe in Bayern, das fälschlicherweise oftmals als idyllische Heimat der Kühe betitelt wird – an die zuständigen Staatsanwaltschaften gestellt. Denn das Verwaltungsgericht Stade hat schon 2012 geurteilt: „Die Anbindehaltung steht der verhaltensgerechten Unterbringung von Milchkühen entgegen.“
Zudem hat die Bundestierärztekammer bereits 2015 eindeutig festgestellt:
„Anbindehaltung ist nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nicht mehr zeitgemäß. Die Bundestierärztekammer hält einen kompletten Ausstieg aus der Anbindehaltung für erforderlich.“
Bundestierärztekammer
Auch wenn die Haltung in den am weitesten verbreiteten Laufställen ähnliches Tierleid verantwortet, so fordert PETA zumindest die sofortige Beendigung der Anbindehaltung von allen Rindern.
INSA-Umfrage: 68 Prozent der Deutschen gegen Anbindehaltung
Im Oktober 2021 befragte das Meinungsforschungsinstitut INSA im Auftrag von PETA insgesamt 2.000 Bürger:innen zu 12 Tierschutzthemen. Dabei wurde auch die generelle Meinung zur tierquälerischen Anbindehaltung angesprochen. Das Ergebnis zeigte deutlich, dass 68 Prozent der Teilnehmenden diese restriktive Form der Rinderhaltung entschieden ablehnen – und zugleich von der Bundesregierung entsprechende Schritte zur Abschaffung der tierquälerischen Praktik erwarten.

Fordern Sie ein Verbot der Anbindehaltung von Kühen
Fordern Sie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, die tierquälerische Anbindehaltung von Kühen abzuschaffen.
Was Sie noch für die Kühe tun können
- Bitte unterzeichnen Sie unsere Petition an die UNESCO und weitere Entscheidungsträger, um zu verhindern, dass die zeitweise Anbindehaltung in einem Antrag des Landkreises Garmisch-Partenkirchen zum UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt wird.
- Ganz gleich, ob Anbindehaltung, Laufstall oder Weide: Milch und Fleisch bedeuten immer Tierleid und den Tod für Rinder und Kälber. Wechseln Sie daher zur veganen Ernährung und genießen Sie die Vielzahl an leckeren und gesunden pflanzlichen Produkten. Das kostenlose und unverbindliche Veganstart-Programm von PETA unterstützt Sie mit nützlichen Informationen und Tipps beim Umstieg in ein tierleidfreies Leben.
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Quellen
[1] Destatis Statistisches Bundesamt: Tierhaltung: Dominierende Haltungsformen gewinnen weiter an Bedeutung (2021), https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/08/PD21_N051_41.html, zuletzt eingesehen am 26.Oktober 2021
[2] Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2016): 10. Niedersächsisches Tierschutzsymposium 2016 in Oldenburg – ein Resümee, https://www.laves.niedersachsen.de/tiere/tierschutz/tierhaltung/10-niedersaechsisches-tierschutzsymposium-2016-141889.html, zuletzt eingesehen am 16.Oktober 2020
[3] Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (2016): Tagungsband, 10. Niedersächsisches Tierschutzsymposium,
https://www.laves.niedersachsen.de/download/105542/Tagungsband_10._Nds._Tierschutzsymposium.pdf, zuletzt eingesehen am 16.Oktober 2020[4] Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg: Verwaltungsgericht Münster untersagt ganzjährige Anbindehaltung von Rindern (15.03.2022), unter: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unser-service/presse-und-oeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/verwaltungsgericht-muenster-untersagt-ganzjaehrige-anbindehaltung-von-rindern/ (abgerufen am 01.12.2022)
[5] Tagesschau (03.04.2023): Gutachter fordern Reform der Milchviehhaltung, https://www.tagesschau.de/investigativ/br-recherche/milchviehhaltung-tierschutz-101.html (eingesehen am 18.04.2023)