Eier vom „Bauern in meiner Nähe“: Keine Idylle für Hühner

Update vom 8. Februar 2023

Weiterhin Tierleid auf dem Gerlinger Hühnerhof

„Wir legen Wert auf das Wohlbefinden unserer Hühner […] Kontrollierte Haltung regelmäßige Gesundheitsprüfung der Hühner, uneingeschränkter Auslauf, Sandbad [1]“ – Hühnerhof Gerlingen

Wir von PETA Deutschland hatten den Hühnerhof Gerlingen aufgrund der katastrophalen Hühnerhaltung bereits 2015 angezeigt. Die Videoaufnahmen aus dem Betrieb bei Stuttgart zeigten damals verletzte, gestresste und verwahrloste Tiere inmitten toter und bereits halb mumifizierter Artgenossen.

Anfang 2023, also acht Jahre später, wurde uns nun aktuelles Material aus dem Betrieb von D. Müller zugespielt. Leider beweisen die Aufnahmen, dass sich dort nichts verbessert hat: Die Tiere zeigen in hohem Maße tierschutzrelevante Verhaltensstörungen, die augenscheinlich von unterschiedlichsten Formen des Federpickens bis hin zum Kannibalismus reichen.

Geschwächte Hennen inmitten toter kannibalisierter Artgenossen

Viele Hennen sind so gut wie nackt, da ihre Federn vermutlich von Artgenossen ausgerissen wurden. Dieses sogenannte „Federpicken“ ist für die Tiere sehr schmerzhaft und im Betrieb in Gerlingen mittlerweile zum Kannibalismus ausgeartet. Es ist die schlimmste Form des Federpickens und ein starkes Indiz für katastrophale Haltungsbedingungen. [2]

Etliche Hühner zeigen tiefe Wunden im Bereich der Kloake auf, was als Kloakenkannibalismus bezeichnet wird. Zum Kloakenkannibalismus kommt es während der Ei-Ablage, wenn sich ein Teil des roten Legedarms ausstülpt. Artgenossen, die durch die unerträgliche Haltung verhaltensgestört geworden sind, werden hierbei zum Bepicken animiert, und nicht selten kommt es vor, dass bepickte Tiere geradezu lebendig ausgeweidet werden. [3] Sie verbluten also unter dramatischen Schmerzen.

Huehner picken an totem Huhn
Die Hühner zeigen unterschiedlichsten Formen des Federpickens bis hin zum Kannibalismus.

Auch die rote Vogelmilbe wurde auf den Hennen entdeckt. Diese saugen den Tieren Blut aus, was sie zusätzlich schwächt. Hinzu kommt der ständige Juckreiz durch die Milbe.

All diese lang anhaltenden Schmerzen, Leiden und Qualen hätten verhindert werden können, wenn der zuständige Landwirt täglich eine gewissenhafte Kontrolle der Tiere durchgeführt hätte und Maßnahmen eingeleitet hätte.

„Diese Aufnahmen zeigen aufs Neue das massive Leid, dem Hühner in der Eierindustrie ausgesetzt sind. Und sie sind ein erneuter Beweis dafür, dass auch Tiere beim „Bauern von nebenan“ oftmals ein artwidriges und leiderfülltes Leben führen. Qualgezüchtete Hühner, unnatürliche Haltungsbedingungen: All das führt zu lang anhaltenden Schmerzen für die Tiere und macht die Hühnerhaltung in Eierbetrieben zur legalisierten Tierqual.“

Scarlett Treml, Agrarwissenschaftlerin bei PETA Deutschland

Fahrlässiges Handeln und Verstöße gegen geltendes Gesetz

Abgesehen von der Tatsache, dass der Betriebsinhaber den Tieren immenses und vermeidbares Leid zufügt, verstößt er offenkundig auch gegen das sogenannte „Tierische Nebenprodukte – Beseitigungsgesetz“. Insbesondere in Zeiten der Geflügelpest ist ein solches Verhalten als grob fahrlässig einzustufen.

Zahlreiche tote Tiere werden auf dem Außengelände des Betriebs gelagert. Da die Kadavertonne offensichtlich bereits gefüllt ist, wurden weitere tote Tiere einfach rund um die Tonne am Boden entsorgt. Laut Meldungen lagen sie dort mehrere Tage. Weitere tote Tiere verwesen offenbar seit Wochen inmitten ihrer Artgenossen.

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PETA erstattet Strafanzeige und fordert harte Strafen

PETA hat Strafanzeige gegen den Landwirt des Gerlinger Hühnerhofs erstattet. Im Gegensatz zu der geringen Geldstrafe, die 2015 verhängt wurde, fordern wir für den Wiederholungstäter D. Müller nun eine Haftstrafe und ein Tierhalteverbot.

Das zuständige Veterinäramt muss dem Wiederholungstäter jetzt das längst überfällige Tierhalteverbot aussprechen, die Beweise dazu liegen vor! Langfristig ist den Hühnern jedoch nur geholfen, wenn dieser und alle anderen auffälligen Betriebe dauerhaft geschlossen bleiben. Solange Menschen Eier und Hühnerfleisch essen wollen, werden Hühner in anderen Betrieben gequält, ausgebeutet und letztlich gewaltsam getötet. Damit das Leid der Tiere ein Ende findet, sollten wir alle unser Ernährungsverhalten ändern.

Originaltext vom 12. November 2021

Gerlinger Geflügelhof: Tote und verweste Hühner zwischen kranken Artgenossen

Ein paar Hühner, die auf einer grünen Wiese scharren dürfen, artgerecht ernährt werden und nach vielen Jahren auf natürliche Weise sterben – dieses idyllische Bild hat nichts mit der Realität zu tun, wenn man Eier vom „Bauern von nebenan“ kauft. Auch auf den vermeintlich kleinen regionalen Betrieben leiden Hühner enorm und kranke sowie tote Tiere sind an der Tagesordnung. Erfahren Sie hier, warum regionale Eier keine Idylle für die Hühner bedeuten und wie Verbraucher:innen oft durch geschönte Informationen getäuscht werden.

2015 deckten wir von PETA Deutschland die schrecklichen Zustände auf einem Bauernhof in Gerlingen bei Stuttgart auf. Laut der Website des Hofs sollen die Hühner dort ein idyllisches Leben führen, glücklich und zufrieden jeden Tag ihr Ei legen und abends gut behütet in ihrem Stall schlafen. [1]

„Wir legen Wert auf das Wohlbefinden unserer Hühner.“ [1]

Die Realität sieht jedoch anders aus: Unsere Augenzeug:innen filmten ca. 60 tote Hühner, die teilweise mumifiziert neben den lebenden Artgenossen im Stall verrotteten. [4] Zudem pickten sich die Tiere aus Stress gegenseitig die Federn aus, wie die teilweise ausgerissenen Schwanzfedern und kahlen Stellen im Gefieder zeigten. Die Gitter und Böden waren voller Kot und die Luft roch scharf nach Ammoniak.

Ob die Tiere tatsächlich den auf der Website beschriebenen Auslauf auf der grünen Wiese genießen dürfen, ist fraglich. Unsere Ermittler:innen besuchten den Stall auch tagsüber mehrmals und sahen kein einziges Mal ein Huhn auf der Wiese scharren oder picken.

Wir erstatteten Strafanzeige gegen den Landwirt und informierten das zuständige Veterinäramt. Die Behörden sollten unter anderem auch die zugelassene Besatzdichte im Stall prüfen, denn laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen wenigstens alle Hennen gleichzeitig eine erhöhte Sitzstange zum Ruhen aufsuchen können sowie einen Einstreubereich zur Verfügung haben. [5] Zudem müssten die Verantwortlichen die toten Hühner täglich aus dem Stall bringen. Nach Angaben des Veterinäramtes ist der Stall mit 4.000 Hühnern maximal belegt – auf einem Quadratmeter werden neun Tiere gehalten. [4] Nach mehreren Jahren wurde das Strafverfahren eingestellt. Der Landwirt musste ein Bußgeld wegen Ordnungswidrigkeiten bezahlen, da er keine Meldung über die Aufstockung seines Geflügelbestandes gemacht, Hühnerkadaver nicht ordnungsgemäß entsorgt und kein ordnungsgemäßes Register geführte hatte und es keine ausreichenden Sitzstangen für die Hühner gab. [6]

Tote Legehenne aus Bodenhaltung
Tote Legehenne aus Bodenhaltung

Gibt es Eier ohne Tierleid?

Krankmachende Zucht auf eine hohe Eierproduktion, Stress und Verhaltensstörungen durch Hunderte oder Tausende Artgenossen im Stall, die grausame Verladung und der Tod im Schlachthof – das sind einige der Gründe, warum es im Verkauf keine Eier ohne Tierquälerei geben kann.

Egal, ob Boden-, Freiland- oder Bio-Haltung: Jede Haltungsform ist mit Tierleid verbunden. Auch in Bio-Betrieben sind die Hühner qualvoll überzüchtet, krank und gestresst. Pro Quadratmeter sind sechs Hühner erlaubt und pro Stallabteil bis zu 3.000 Tiere. Den Auslauf von vier Quadratmetern pro Huhn nutzen die Tiere kaum, da sich viele Hennen nicht ins fast ungeschützte Freie trauen.

Wie Sie Hühnern helfen können

Helfen Sie, das Leid der Hühner zu verhindern, indem Sie auf vegane Alternativen setzen und Eier von Ihrem Speiseplan streichen. Haben Sie statt Rührei schon einmal leckeren Rührtofu probiert? Oder veganen Eiersalat mit Kala Namak, einem Salz, das täuschend echt nach Ei schmeckt? Auch beim Backen kann Ei hervorragend durch Banane oder Apfelmus ersetzt werden und Nudeln schmecken sowieso besser ohne Eier darin.