Was ist Tierquälerei? Gesetzliche Vorgaben und strafrechtliche Folgen

Was bedeutet das Wort Tierquälerei?

Wenn Sie das Wort Tierquälerei im Duden nachschlagen, so erhalten Sie die Erklärung „unnötiges Quälen, rohes Misshandeln von Tieren”. Doch ist nicht jedes Quälen von Tieren unnötig? Und sind Misshandlungen nicht stets roher Natur? Der offiziellen Bedeutung nach könnte man annehmen, es sei in manchen Situationen legitim, leidensfähigen Tieren Schaden zuzufügen. Oder sind wir hier zu spitzfindig? Werfen wir doch mal einen Blick auf die deutsche Gesetzgebung!

Wie ist der Begriff Tierquälerei dem Gesetz nach definiert?

Das deutsche Tierschutzrecht kennt drei Varianten der Tierquälerei:

→ Zum einen ist das Töten eines Wirbeltieres ohne „vernünftigen Grund“ strafbar (§ 17 Nr. 1 TierSchG).

→ Außerdem kann sich derjenige wegen Tierquälerei schuldig machen, der einem Wirbeltier „aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden“ (§ 17 Nr. 2 lit. a TierSchG) zufügt.

→ Oder wenn jemand „länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden“ verursacht (§ 17 Nr. 2 lit. b TierSchG).

Alle drei Formen der Tierquälerei sind im § 17 Tierschutzgesetz (TierSchG) geregelt.

Affen in einem Tierversuch.

Wie ist die gesetzliche Definition im Detail zu verstehen?

Bei dem Wort Tierquälerei haben wohl die meisten eine Straftat nach § 17 Nr. 2 lit. a TierSchG vor Augen. Ein solcher Täter muss aus „Rohheit“ handeln. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Täter ein Sadist sein muss. Es genügt, wenn ihm das Leiden der Tiere egal ist und er ohne Mitgefühl handelt.

Bei Schmerzen und Leiden darf nicht auf unser menschliches Schmerzempfinden abgestellt werden. Als Leiden gilt auch das Empfinden von Angst. Erheblich ist jedes Leiden, das nicht bloß geringfügig ist. Es ist also nicht nur eine besonders krasse Verletzung strafbar. Die Justiz versteht dieses Kriterium jedoch leider immer noch häufig falsch und stellt zu hohe Anforderungen an die Leidensfähigkeit, wodurch sie viele Fälle von Tierquälerei straflos durchgehen lässt.

Wer nicht aus Rohheit handelt, der kann sich strafbar machen, indem er dafür verantwortlich ist, dass ein Tier lange oder wiederholt leidet oder Schmerzen empfindet. Auch dabei ist immer zu bedenken, dass die meisten Spezies anders empfinden als wir Menschen. Sie können Situationen, in denen sie leiden, nicht so überblicken wie wir. Somit kann je nach den konkreten Umständen schon nach einigen Sekunden von länger anhaltenden Leiden gesprochen werden.

Die Täter müssen immer vorsätzlich handeln, um sich strafbar zu machen. Sie müssen also erkennen, was sie da gerade tun, und die Folgen für das betreffende Tier mindestens billigend in Kauf nehmen. Vorsatz bedeutet also nicht unbedingt Absicht, sondern auch, wer sich denkt, „egal, ich mache das jetzt trotzdem“ ist ein Tierquäler. Die Täter können sich auch nicht schlicht auf einen Irrtum berufen.

Affen in einem Tierversuch.

 Welche strafrechtlichen Folgen kann es für Tierquälerei geben?

Wer eine Tierquälerei nach § 17 TierSchG begeht, dem drohen bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe. Der Strafrahmen von drei Jahren Freiheitsstrafe wurde jedoch seit Inkrafttreten dieses Gesetzes am 24.07.1972 nur ein einziges Mal von einem deutschen Gericht ausgeschöpft (Amtsgericht Ulm, Urteil vom 15.03.2019, Az. 1 Ls 12 Js 19998/16). Gegen dieses Urteil hat der Verurteilte Berufung eingelegt, die noch nicht abgeschlossen ist.

Welche Tiere sind dem Gesetz nach geschützt?

Vom Straftatbestand der Tierquälerei geschützt sind nur Wirbeltiere. Wirbellose, wie z. B. Krebse und Würmer, sind von vorneherein nicht vom Straftatbestand der Tierquälerei geschützt.

Sind „Nutztiere“ im gleichen Maße geschützt wie „Haustiere“?

Geschützt sind alle Säugetiere, Knochen- und Knorpelfische, Amphibien, Reptilien, Rundmäuler und Vögel. Es ist dabei egal, ob es sich um ein sogenanntes „Nutztier“, „Haustier“ oder ein Wildtier handelt. Dies hat vor kurzem auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „Küken-Urteil“ ein für alle Mal klargestellt (Urteil vom 13.06.2019, Az. 3 C 28.16, Randnummer 16 [1]). Sie dürfen nicht einfach so, auch nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen, getötet werden (vgl. auch dazu das genannte Urteil, ab Randnummern 26). Tiere sind nämlich auch durch das Grundgesetz (Art. 20a GG) geschützt.

Bis ein Verfahren zur Geschlechterbestimmung im Ei zur Verfügung steht, werden männliche Küken in der Eierindustrie getötet.

Wieso werden dann weiterhin Tiere in der „Nutztierhaltung“ gequält und getötet?

Es ist leider Realität, dass Tierquälereien von Polizei und Staatsanwaltschaften meist kaum oder nur nachlässig verfolgt werden. Das betrifft nach wie vor allem Taten, die in der Nutztierhaltung geschehen. Auf Anzeigen aus der Bevölkerung oder von Tierschutzorganisationen wird meist nur nach wiederholtem Nachfragen oder nach Dienstaufsichtsbeschwerden bei den Vorgesetzten reagiert. Statt konkreten Verdachtsmomenten zeitnah mit unangemeldeten Durchsuchungen nachzugehen, wird so gut wie immer zunächst die Echtheit des vorgelegten Beweismaterials angezweifelt und über Wochen oder gar Monate geprüft. Führende Politiker der Unionsparteien und der SPD stützen diese Mentalität noch, indem sie investigativ arbeitende Tierschützer kriminalisieren. Das Tierschutzstrafrecht wird als Strafrecht zweiter Klasse gehandhabt.

Der Strafrechtsprofessor Prof. Dr. Jens Bülte von der Universität Mannheim findet hierzu die passenden Worte:

„Wer eine Tierquälerei begeht, wird bestraft, wer sie tausendfach begeht, bleibt straflos und kann sogar mit staatlicher Subventionierung rechnen.“ [2]

In der Schweinezucht Günthersdorf waren nicht einmal die gesetzlichen Minimal-Anforderungen erfüllt. Trotzdem wurden die katastrophalen Zustände nicht abgestellt.

Und wie oft werden Ställe von Landwirten kontrolliert?

Die Kontrollen bei den Landwirten durch die Veterinärbehörden, die die Straftaten aufdecken könnten, finden nur selten statt. Zwei Bundestagsanfragen von Grünen und FDP ergaben, dass tierhaltende Landwirte bundesweit nur alle 17 Jahre kontrolliert werden. In Bayern kommt der Amtsveterinär sogar nur einmal in 48 Jahren, in Schleswig-Holstein alle 37 Jahre, in Sachsen–Anhalt alle 24 Jahre und auch in Baden-Württemberg nur alle 19 Jahre. [3]

Diese Kontrollen erfolgen dann auch noch sehr oberflächlich. Die beauftragten Amtsveterinäre haben wegen Überlastung nur wenig Zeit für die einzelnen Ställe und Schlachthäuser. Laut Holger Vogel, dem Präsidenten des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte (BbT), gibt es 3.900 Amtstierärzte in Deutschland, es würden aber 2.000 weitere gebraucht. Zudem werden die Kontrollen nach einer Ankündigung durchgeführt und sind somit kaum aussagekräftig. Journalisten decken auch immer häufiger Fälle auf, in denen Amtsveterinäre, die für die ansässige Fleischindustrie unbequem werden, gezielt durch die Unternehmer oder sogar ihre Vorgesetzten unter Druck gesetzt werden. [4] Die Agrarlobby hat in Gestalt des Bauernverbands einen großen Einfluss auf die Landratsämter, bei denen die Amtsveterinäre angestellt sind. Bemängeln diese bei einer Besichtigung die Haltungsbedingungen, so ergeht nicht selten gegen sie persönlich eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Es kommt auch immer wieder vor, dass Amtstierärzte persönlich von Landwirten bedroht werden, deren Betriebe sie eigentlich kontrollieren sollen. Auch Zirkusbetreiber sind bekannt dafür, mit rabiaten Mitteln gegen amtstierärztliche Kontrollen vorzugehen. PETA hat solche Vorfälle in einer Chronik aufgelistet. So wurde der Zirkusdirektor Hardy Weisheit 2018 wegen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt. Er hatte die Mitarbeiterin des Weimarer Veterinäramtes im Streit mit einer Eisenkette verletzt.

Was können wir selbst tun, um Tierquälerei zu verhindern?

Der Schutz vor Tierquälerei ist somit in Deutschland weder von Gesetzes wegen und leider schon gar nicht in der Praxis für alle Tiere gewährleistet. Dies zeigt ein weiteres Mal, dass das Verständnis von Tieren als (Schutz-)Objekten weder wirksam noch nachhaltig oder ethisch vertretbar ist. PETA steht für die Etablierung von subjektiven Eigenrechten für Tiere. Schon heute kann jeder von uns durch eine vegane Lebensweise dafür sorgen, dass der Politik und Betrieben, in denen Tierquälerei an der Tagesordnung sind, ein deutliches Signal gegeben wird.

  • Quellen:

    [1] https://www.bverwg.de/130619U3C28.16.0 .
    [2] Bülte, „Zur faktischen Straflosigkeit institutionalisierter Agrarkriminalität“ in Goltdammer’s Archiv für Strafrecht, 2018, S. 35 ff.
    [3] Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der FDP, BT-Drs. 19/3195, S. 6, abrufbar unter: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/031/1903195.pdf.
    [4] Katharina Heckendorf „Arme Schweine – Amtstierärzte sollen kontrollieren, dass Tierbetriebe ordentlich arbeiten. Decken sie jedoch Missstände auf, werden die Veterinäre angefeindet und bedroht.“ in DIE ZEIT Nr. 24/2018.