Tierversuche für Kosmetik in Deutschland: Verbot, Ausnahmen, Ablauf

Seit 2013 sind Tierversuche für Kosmetika in der EU laut der Kosmetikverordnung verboten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich für alle Kosmetikprodukte, die in Europa und dem Rest der Welt hergestellt werden. In der Europäischen Union dürfen demnach weder Tierversuche für Kosmetikprodukte durchgeführt noch Produkte verkauft werden, die im nichteuropäischen Ausland an Tieren getestet wurden – das Gleiche gilt auch für die Inhaltsstoffe solcher Kosmetikprodukte. Eigentlich ein unmissverständliches Verbot – das jedoch durch eine unklare Auslegung des Gesetzes oft umgangen wird. Die Folge ist, dass in Deutschland nach wie vor Kosmetik verkauft wird, die an Tieren getestet wurde. [1]

Trotz Verbot – an Tieren getestete Kosmetik in Deutschland weiterhin erhältlich

Nach der Europäischen Kosmetikverordnung (Verordnung (EG) NR. 1223/2009) dürfen in der EU seit März 2013 offiziell keine Kosmetika mehr verkauft werden, deren Inhaltsstoffe nach diesem Datum an Tieren getestet wurden. Demnach müssen alle Sicherheitsnachweise für in der EU verkaufte Kosmetik seitdem ohne Tierversuche auskommen. Weil die Formulierung des Verbots eine Zeit lang uneindeutig war, stellte der Europäische Gerichtshof 2016 klar, dass kosmetische Produkte keine Marktzulassung erhalten, wenn zuvor Daten aus Tierversuchen für die Zulassung in anderen Ländern erhoben wurden. Dadurch sollte das Auslagern von Tierversuchen für Sicherheitsnachweise für die EU ins nichteuropäische Ausland unterbunden werden. [2] Doch es gibt Ausnahmen – und ob für andere nichteuropäische Länder Tierversuche durchgeführt werden, die der EU nicht vorgelegt werden, wird nicht überprüft. Dadurch bleiben beispielsweise Tierversuche in China für den chinesischen Markt unberücksichtigt, und diese Produkte werden weiterhin in der EU vertrieben.

REACH-Verordnung ermöglicht Tierversuche für deutsche Kosmetik

Ein weiterer Grund, warum trotz der Regelung von 2013 weiterhin an Tieren getestete Kosmetik in Deutschland erhältlich ist, sind die Anforderungen des europäischen Chemikalienrechts REACH. REACH ist eine Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien aus dem Jahr 2007. [3] Unter dem Deckmantel dieser REACH-Verordnung verlangen europäische Behörden nach wie vor, dass in Kosmetika enthaltene Inhaltsstoffe unter bestimmten Voraussetzungen an Tieren getestet werden. So dürfen – und teilweise müssen – Substanzen, die nicht nur in Kosmetika, sondern auch in anderen Bereichen wie der Industrie oder der Medizin Einsatz finden, nach diesem Chemikalienrecht weiterhin an Tieren getestet werden. [1] Die europäische Beschwerdekammer entschied 2020 sogar, dass dies auch für Inhaltsstoffe gilt, die ausschließlich in Kosmetika verwendet werden.

Zusammengefasst heißt das, dass Kosmetikprodukte im Rahmen der REACH-Verordnung ebenfalls an Tieren getestet werden dürfen und das Tierversuchsverbot der Kosmetikverordnung damit weitgehend ausgehebelt wird. Aus diesem Grund sind auf dem deutschen Markt bis heute Kosmetikprodukte erhältlich, die bzw. deren Inhaltsstoffe an Tieren getestet wurden.

Warum führen Kosmetikhersteller überhaupt Tierversuche durch?

Wenn Kosmetikhersteller ihre Produkte in China auf den Markt bringen wollen, müssen sie diese bei einer Registrierungsbehörde registrieren lassen. Dieser Prozess löst im weiteren Verlauf Tierversuche seitens chinesischer Behörden aus. Hierzu werden in zahlreichen chinesischen Versuchslaboren Mäuse, Ratten, Kaninchen und andere Tiere gequält, indem ihnen Cremes ins Fell gerieben oder Shampoos in die Augen geträufelt werden. Jedes einzelne Produkt muss getestet werden – wer keine Registrierung vorweisen kann, darf seine Produkte in China nicht verkaufen. Trotz der verpflichtenden Tierversuche lockt der chinesische Markt viele Unternehmen, denn er bietet großes Potenzial zur Umsatzsteigerung. [4] Viele große Kosmetikunternehmen, die mit ihren Marken auf dem chinesischen Markt vertreten sind, nehmen Tierversuche somit wissentlich in Kauf, dürfen ihre Produkte aber dennoch weiterhin in Europa vertreiben.

Weitere Gründe, warum sich Kosmetikunternehmen noch immer für Tierversuche entscheiden, finden Sie hier.

Doch auch in China soll es künftig tierfreundliche Änderungen geben. Bei Kosmetika unterscheidet China zwischen den Kategorien „Non Special Use“, zu denen unter anderem Produkte wie Feuchtigkeitscremes, Foundations oder Shampoos gehören, und „Special Use“, also spezielle kosmetische Produkte wie etwa Sonnenschutz- oder Haarfärbemittel. Während für importierte „Non Special Use“-Produkte hoffentlich bald keine Tierversuche mehr erforderlich sind, werden Tierversuche für Kosmetikprodukte der Kategorie „Special Use“ auch weiterhin zwingend vorgeschrieben sein. [5]

Tierversuche für Kosmetik: Was wird gemacht?

In Tierversuchen für die Kosmetikindustrie leiden vor allem Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Mäuse. Hierbei kommen verschiedene Methoden zum Einsatz, unter anderem Reizungs- und Ätzungsversuche an der Haut, bei denen Chemikalien auf die rasierte Haut von Kaninchen gerieben werden. In den folgenden bis zu 14 Tagen wird beobachtet, ob sich die Haut entzündet oder Geschwüre entstehen. Oftmals kommt es dabei zu eiternden und blutenden Wunden.

Kaninchen mit Verletzunbgen im Versuchlabor

Tierversuche für Kosmetik: der aktuelle Stand

Tierversuche für kosmetische Produkte sind in den meisten Ländern weltweit bis heute erlaubt. Während sich die chinesischen Behörden mehr und mehr für tierversuchsfreie Methoden öffnen, hat die EU ihre eigentlich fortschrittliche Kosmetikverordnung, die ein Tierversuchsverbot für Kosmetika umfasst, mittlerweile weitgehend ausgehebelt, sodass das Verbot nicht wirklich zum Tragen kommt.

Die aktuellen Entwicklungen zeigen deutlich: Wir sollten die Macht, die wir als Verbraucher und Verbraucherinnen haben, nicht unterschätzen. Achten Sie daher auf tierversuchsfreie Kosmetik und zeigen Sie den Herstellern damit, dass Tierversuche für Kosmetik nicht akzeptabel sind.

Was Sie gegen Tierversuche tun können

Wir müssen die Forschung mit tierfreien Methoden vorantreiben: Es ist Zeit für den Research Modernisation Deal!

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PETAs Research Modernisation Deal ist ein lösungsorientierter Leitfaden für die Bundesregierung, der detailliert darlegt, wie grausame und unnötige Tierversuche in der Forschung durch moderne, tierfreie Methoden ersetzt werden können. Davon würden nicht nur wir Menschen profitieren – auch das unvorstellbare Leid von Millionen Mäusen, Hunden, Katzen, Affen und anderen Tieren hätte ein Ende.

Bitte unterschreiben Sie unsere Petition, mit der wir die Verantwortlichen und Entscheidungstragenden auffordern, eine verbindliche Strategie zum Ausstieg aus Tierversuchen zu erarbeiten und die Forschung zu modernisieren.