Tiger & Löwen als Haustiere: Infos zur Haltung von Großkatzen

Die private Haltung von Tigern und Löwen ist vermehrt Diskussionsthema. So hat auch die umstrittene Netflix-Dokuserie „Tiger King“ seit ihrer Veröffentlichung im Frühjahr 2020 dazu beigetragen, dass das Interesse am Thema heute so groß ist wie nie zuvor. Der Fokus der Dokumentation liegt auf den persönlichen Konflikten von dubiosen Halter:innen in den USA – diese beuten Tiger, Löwen und andere Wildtiere aus Unterhaltungs- und Profitgründen skrupellos aus.

Doch weltweit lässt sich vor allen in den sozialen Medien ein trauriger „Trend“ beobachten: Immer mehr Menschen interessieren sich für die Haltung von Großkatzen wie Tigern und Löwen als „Haustiere“. Auch in Deutschland ist die Privathaltung nicht grundsätzlich verboten: In vielen Bundesländern ist es derzeit noch möglich, einen Tiger oder Löwen im Garten zu halten, wenn die Haltung den Richtlinien entspricht. Löwen und Tiger dürfen niemals als „Statussymbol“ missbraucht werden, denn die Bedürfnisse der Großkatzen können in Gefangenschaft niemals erfüllt werden und eine artgerechte Haltung von den Wildtieren ist in Gefangenschaft nicht möglich. Ein deutschlandweites Verbot der Haltung von Wildtieren in Privathand ist daher dringend notwendig.

Inhaltsverzeichnis

Tausende Tiger leiden weltweit in Gefangenschaft

Tiger und Löwen gehören zu den gefährdeten Arten – dennoch werden weltweit Tausende der vom Aussterben bedrohten Großkatzen für Profit- und Unterhaltungszwecke missbraucht. Der Verlust ihres Lebensraumes, der illegale Handel mit Tigern und mit ihren Körperteilen hat dazu geführt, dass die Populationen wild lebender Tiger stark zurückgegangen sind. [1]

Allein in den USA leben schätzungsweise rund 7.000 Tiger in Gefangenschaft, viele davon in schäbigen Privatzoos (sogenannten „Roadside zoos“) [2] – während weltweit nur noch rund 3.900 Tiger in der Natur leben. [1] Auch in Europa sieht die Situation nicht besser aus: Zuletzt wurden Unstimmigkeiten bei den Angaben der europäischen Behörden bezüglich der in der EU gehaltenen Tiger nachgewiesen: Während bei den europäischen Behörden nur 913 Tiere offiziell gemeldet sind, sollen laut einer Erhebung rund 1.600 Tiger in Europa in Gefangenschaft gehalten werden – in Zoos, Schutzzentren und Privathaltungen. [2] Diese große Diskrepanz weist auf schwere Mängel bei der Datenerfassung hin.

Die Großkatzen haben hohe Ansprüche an ihr Lebensumfeld, ein großer Teil der Tiere leidet daher wahrscheinlich unter schlechten Haltungsbedingungen und einem oft gewaltsamen Umgang. Oft bleibt auch unklar, wie viele Tiger in Europa geboren werden, wo und wie sie ihr Leben verbringen und was mit ihnen passiert, wenn sie sterben. [2]

tiger hinter gitter
Laut einer Erhebung sollen rund 1.600 Tiger in Europa in Gefangenschaft gehalten werden.

Wie viele Tiger leben in Deutschland?

Es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Tiger und Löwen hierzulande privat gehalten werden. [3, 4] Die Behörden gehen nicht davon aus, dass in Deutschland Tiger in privater Hand leben, da die Mindestanforderungen bei der Haltung nur schwer zu erfüllen seien. Die von Tierschützer:innen geschätzten Zahlen der in Deutschland gehaltenen Tiger stimmen jedoch nicht mit 2020 erhobenen Daten überein. [1] Da in vielen Bundesländern die Haltung von exotischen Tieren ohne Beschränkung möglich ist, kann davon ausgegangen werden, dass bundesweit Dutzende Tiere illegal gehalten werden.

Handel und Zucht zur privaten Haltung sind in der EU erlaubt

Der Handel mit Tigern und Löwen ist in der EU erlaubt, solange die Tiere keine illegalen Wildfänge sind, sondern aus der Zucht stammen. Oftmals kann nicht eindeutig nachvollzogen werden, woher die Tiere tatsächlich stammen.

Seit einigen Jahren wird die Rolle der Europäischen Union beim internationalen Tigerhandel verstärkt beobachtet. Interpol veröffentlichte 2019 einen Bericht darüber, dass mehrere EU-Mitgliedsstaaten zu den 30 Ländern gehören, die zwischen 1975 und 2018 am stärksten beim globalen Handel mit Tigern beteiligt waren – darunter Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich.

Es gibt nachweislich dubiose Handelsbeziehungen zwischen einigen europäischen und asiatischen Staaten; 2018 wurden bei tschechischen Ermittlungen auch organisierte kriminelle Gruppen mit komplexen Strukturen aus privaten Züchter:innen, Mittelspersonen und Händler:innen offengelegt, die die Schwächen des Systems ausgenutzt und Tiger für den illegalen Verkauf nach Asien gezüchtet haben – dort werden Körperteile von Tigern zu „Medizin“, fragwürdigen „Gesundheits“-Tonika und auch für dekorative Zwecke verarbeitet. [1]

Darf man in Deutschland einen Tiger kaufen?

Für Privatpersonen aus Deutschland ist es möglich, in europäischen Nachbarländern an Wildtiere zu kommen. So werden beispielsweise in Polen aufgrund lascherer Gesetze Wildkatzen gezüchtet und selbst an unerfahrene Halter:innen verkauft. Auch in Tschechien und Rumänien werden die Tiere gehandelt. [5]

Bei der Einfuhr von Tieren nach Deutschland kann es passieren, dass Behörden prüfen, ob die Tierart unter besonderem Schutzstatus des Washingtoner Artenschutzabkommens steht. Wenn das der Fall ist, müssten entsprechende Herkunftsnachweise vorgelegt und das Tier gemeldet werden. Wurde eine Großkatze beispielsweise als Nachzucht in Polen geboren und großgezogen, sind diese Nachweise relativ leicht zu erhalten – weil das Tier in einer Zucht zur Welt kam und nicht als Wildfang aus der Natur stammt. [5]

Sollten Sie im Internet auf günstige Angebote stoßen, handelt es sich dabei sehr wahrscheinlich um illegale Verkäufe. Immer wieder werden illegale Wildfänge zu relativ geringen Preisen verkauft, obwohl sie unter Schutzstatus stehen. Wer sich auf so ein Geschäft einlässt, macht sich unter Umständen strafbar und muss mit empfindlichen Strafen rechnen. [5]

Wo darf man in Deutschland Tiger und Löwen halten?

Zwar sind die Mindestanforderungen zur Haltung von Großkatzen bundesweit gleich und im Säugetiergutachten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft festgelegt [6] – die Anforderungen sind jedoch nur Richtlinien, die die Veterinärbehörden, Bundesländer und Kommunen unterschiedlich streng ausgelegen können. [7]

Für einige Tierarten gibt es in den einzelnen Bundesländern Gefahrtierverordnungen – zu den sogenannten gefährlichen Tieren gehören auch Großkatzen wie Tiger und Löwen. Dort unterscheiden sich die Regelungen wiederum von Land zu Land. Offiziell müssen sich private Halter:innen bei den zuständigen Behörden die Genehmigung zur privaten Tigerhaltung einholen und diese auch über Änderungen im privaten Bestand informieren. [1] In 7 von 16 deutschen Bundesländern ist die private Haltung von Tigern erlaubt – darunter Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Voraussetzungen sind die Anmeldung beim Veterinäramt und der Nachweis bei der Baubehörde, dass es ein entsprechendes Gehege für die Tiere gibt. [4, 7]

In vielen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt müssen gefährliche Tiere, die nicht unter das Washingtoner Artenschutzabkommen fallen, nicht einmal gemeldet werden. Dort ist der Begriff „gefährliches Tier“ nämlich nicht eindeutig definiert. [4, 7]

Bei privat gehaltenen Tieren, die unter Artenschutz stehen, ist die Dunkelziffer hoch – auch wenn es sich bei Großkatzen vermutlich eher um Einzelfälle handelt, weil große Tiere wie Tiger und Löwen schlecht versteckt werden können. Gefährliche Giftschlangen und gefährdete Reptilien oder Amphibien werden öfter illegal gehalten. [4]

Datenlücken und mangelnde Kontrollen begünstigen illegalen Handel und Tierleid

Die Privathaltung ist in vielen Ländern noch immer erlaubt – genau wie die Ausbeutung der Großkatzen im Zirkus. In Gefangenschaft leiden die meisten der Tiere unter schlechten Haltungsbedingungen und einem gewaltsamen Umgang. Bei monatelangen Recherchen konnten legale und illegale Handelsströme in ganz Europa festgestellt, Handelsdaten erfasst und Beschlagnahmungen in Auftrag gegeben werden. Nationale, regionale und lokale Behörden in insgesamt 36 Ländern konnten auf Anfragen oftmals keine Daten weitergeben. Im EU-Vergleich ist Deutschland Hauptimporteur und -exporteur von lebenden Tigern. Wenn weiterhin die Handelsströme und die exakte Anzahl der in Gefangenschaft gehaltenen Großkatzen nur grob erfasst werden, können der illegale Handel und die damit verbundene Tierquälerei nicht verhindert werden. [2]

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In Gefangenschaft leiden die meisten der Tiere unter schlechten Haltungsbedingungen und einem gewaltsamen Umgang.

Tiger und Löwen als „Haustiere“ – das sollten Sie wissen

Die private Haltung von Großkatzen ist in den meisten EU-Staaten erlaubt, wenn die Tiere nicht aus der Wildnis, sondern aus der Zucht stammen – so auch in Deutschland. Laut dem Säugetiergutachten des Bundeslandwirtschaftsministeriums reicht es für eine vermeintlich „artgerechte“ Haltung von Großkatzen, wenn ein Außengehege mit einer Fläche von 200 Quadratmetern pro Tier zur Verfügung steht, für jedes weitere Tier sollen nochmal 100 Quadratmeter hinzukommen. [4, 7]

Dabei ist wissenschaftlich belegt, dass gerade große Wildtiere in der beengten Gefangenschaft enorm leiden und häufig Verhaltensstörungen entwickeln [8]. Das Auftreten von stereotypen Laufbewegungen wird stark von der Gehegegröße beeinflusst. [9] Kein Gehege kann den Tieren das bieten, was sie für ein artgemäßes Leben bräuchten.

  • Darum sind Tiger als „Haustiere“ keine gute Idee

    In der Natur streifen Tiger auf der Suche nach Nahrung durch große Reviere: Beim Sibirischen Tiger beläuft sich die Fläche auf bis zu 1.000 Quadratkilometer, selbst die kleineren Bengaltiger streifen noch durch 40 bis 150 Quadratkilometer. Je nach Art unterscheiden sich dabei auch ihre Lebensräume in Asien, die von tropischen Wäldern über Grasländer und Sumpfgebiete bis hin zu Nadelwäldern reichen. Tiger sind meist Einzelgänger und ernähren sich hauptsächlich von größeren Huftieren. Eine artgerechte private Haltung mit ausreichend Platz ist damit unmöglich.

    Abhängig von der Unterart können Tiger sehr groß werden – der Sibirische Tiger kann maximal zwei Meter lang und über 300 Kilogramm schwer werden. Auch die kleineren Arten kommen auf ein Gewicht von etwa 100 bis 240 Kilogramm.

    Tiger sind nicht domestiziert – oft werden sie sehr früh von der Mutter getrennt und so auf den Menschen fehlgeprägt. Doch selbst wenn sie per Hand aufgezogen werden, in Gefangenschaft aufwachsen und daher zutraulich gegenüber Halter:innen sind, kann es jederzeit zu gefährlichen Situationen kommen. Die anspruchsvollen Tiere leiden immer in Gefangenschaft.

  • Darum sind Löwen als „Haustiere“ keine gute Idee

    Anders als die meisten anderen Katzenarten leben Löwen in einem Rudel, das aus 4 bis 40 Tieren besteht. Die Reviergröße richtet sich nach dem Nahrungsangebot und reicht von 20 bis 400 Quadratkilometern – die empfohlene Mindestgröße von Gehegen bei privater Haltung reicht nicht annähernd aus, um den natürlichen Bedürfnissen der Großkatzen gerecht zu werden.

    Löwen werden weit über 100 bis zu 190 Kilogramm schwer und sind damit die zweitgrößte Katzenart – dementsprechend viel Nahrung benötigen sie auch. Löwen ernähren sich hauptsächlich von größeren Huftieren, jagen aber auch verschiedene Vogelarten, Reptilien, Fische und kleinere Säugetiere.

    Löwen sind wie Tiger nicht domestiziert, das heißt, sie können sich zwar an die Nähe von Menschen gewöhnen, doch es kann jederzeit zu gefährlichen Zwischenfällen im Kontakt zwischen Mensch und Tier kommen.

Überforderte Halter:innen, Zwischenfälle und überfüllte Auffangstationen

Oftmals ist das Interesse an den Exoten nur von kurzer Dauer und die Tiere werden lästig. [10]

Wenn Halter:innen mit Tieren überfordert sind oder die Kosten zu hoch sind, muss meist schnell ein neuer Platz für die Tiere gefunden werden. Das gilt insbesondere für exotische Wildtiere, die hohe Ansprüche an ihr Lebensumfeld haben. Zoos und Tierheime nehmen Löwen und Tiger aus privater Haltung jedoch nicht auf, sondern nur wenige spezialisierte Auffangstationen – die mittlerweile mit Tieren wie Serval, Puma und Luchs  aus illegaler und schlechter Haltung überfüllt sind.

Ausbrüche von Wildtieren und Angriffe auf Halter:innen oder Passant:innen – etwa bei „Spaziergängen“ mit den Raubkatzen – belegen immer wieder, dass die Haltung von Wildtieren wie Großkatzen eine erhöhte Gefahr für die Öffentlichkeit birgt. [11]

  • Löwe Mojo aus privater Haltung spurlos verschwunden

    In Sachsen-Anhalt verschwand im Frühjahr 2021 der zuvor privat gehaltene Löwe Mojo. Der Halter des Löwen gab an, dass das Tier vorübergehend in die Niederlande gebracht wurde. Die Behörden konnten das Tier jedoch nicht ausfindig machen. Der Mann weigerte sich, weitere Auskunft zum Verbleib des Tieres zu machen, sodass ihm schließlich die Haltung des Löwen verboten wurde. [12]

Zum Schutz der Tiere sind strengere Gesetze notwendig

Unzählige sogenannte Haustiere und Wildtiere, die im Heimtierhandel für Profite ausgebeutet, missbraucht und sogar getötet werden, leiden in Zucht und im Handel. Obwohl der Handel mit gefährdeten Tieren wie Tigern und Löwen in der EU angeblich strengen Auflagen unterliegt und auch die Haltung der Tiere meldepflichtig ist, konnten Recherchen aus dem Frühjahr 2020 die traurige Realität offenlegen: Lücken im System Tierhandel werden skrupellos ausgenutzt.

Wir von PETA Deutschland fordern von der Bundesregierung, ein Heimtierschutzgesetz zu erlassen, um das unnötige Leid dieser Tiere zu beenden. Da die Privathaltung von Wildtieren in Deutschland noch nicht einheitlich verboten ist, appellieren wir an die Bundesregierung, schärfere Gesetze zu beschließen und sich auch auf EU-Ebene für ein Haltungsverbot exotischer Tiere einzusetzen.

Helfen Sie Tigern und Löwen – unterschreiben Sie für ein Heimtierschutzgesetz

Auch wenn bisher vermutlich relativ wenige Tiger und Löwen in Deutschland privat gehalten werden, lässt sich doch ein trauriger „Trend“ erkennen. Die Haltung von exotischen Tieren bedeutet unabhängig von der Tierart immer massives Leid und oftmals eine erhöhte Gefahr für die Öffentlichkeit.

Exotische Wildtiere wie Löwen und Tiger sollten nicht in Gefangenschaft gehalten werden dürfen – die einzige Ausnahme sind anerkannte Auffangstationen. Fordern Sie daher mit uns ein Verbot der Privathaltung von Exoten und unterschreiben Sie unsere Petition für ein Heimtierschutzgesetz!