Verstümmelung von Tieren in der Landwirtschaft

Rinder, Schweine und befiederte Tiere haben arteigene Bedürfnisse. Wie wir Menschen und unsere tierischen Mitbewohner spüren auch sie Angst, Schmerzen und Leid. Dennoch werden sie in der landwirtschaftlichen Tierhaltung unter artfremden Bedingungen gehalten, meist in kargen Ställen oder sogar Käfigen. Das Leben auf harten und kotverdreckten Spaltenböden, Gitterböden oder in überfüllten Ställen führt oftmals zu Verhaltensstörungen, sodass sich die Tiere gegenseitig verletzen.

Um den daraus entstehenden wirtschaftlichen Einbußen entgegenzuwirken, werden an den fühlenden Lebewesen standardmäßig Verstümmelungen vorgenommen, mit denen sie an die artwidrigen Haltungsbedingungen angepasst werden sollen.

Inhaltsverzeichnis

In der landwirtschaftlichen Tierhaltung erleiden Tiere die folgenden Verstümmelungen:

Verstümmelung durch betäubungslose Kastration

Zwar wurde die betäubungslose Kastration nach zahlreichen Jahren des Protests 2019 verboten, jedoch gilt dies nur für Ferkel. Bei unter vier Wochen alten männlichen Kälbern, Schaf- und Ziegenlämmern ist die grausame Praxis nach wie vor erlaubt. Bei der sogenannten „unblutigen Kastration“ wird die Blutzufuhr zu den Hoden mit einer Zange über einen gewissen Zeitraum abgeklemmt. Zu den Qualen während des Eingriffs erleiden die Tiere danach meist heftige Schmerzen aufgrund von Schwellungen und Entzündungen. Kastrationen werden unter anderem durchgeführt, weil das Fleisch von Ochsen beliebter ist als das von Bullen oder weil dadurch die Handhabung der Tiere einfacher wird.

Kupieren der Schwänze

Bei Ferkeln steht das routinemäßige Abschneiden der Ringelschwänze in Deutschland seit langem berechtigt in der Kritik. Der Vorgang ist laut EU-Vorgabe auch längst verboten, doch in der Praxis werden die Schwänze fast aller Ferkel in den ersten Lebenstagen mit einer Zange abgetrennt. Laut einer Untersuchung leiden die Ferkel nicht nur während des Eingriffs Schmerzen, sondern teilweise noch monatelang danach (1). Das Abtrennen der Schwänze wird durchgeführt, weil sich die Tiere in der artwidrigen Haltung aus lauter Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit gegenseitig die Schwänze anbeißen. Dies stellt nicht nur eine offensichtliche Tierschutzproblematik dar, sondern führt aufgrund von Kosten für erforderliche medizinische Behandlungen zu wirtschaftlichen Einbußen.

Auch bei vielen Schafen werden die Schwänze gekürzt. Die Tiere wurden durch Qualzucht gezielt dahingehend gezüchtet, unnatürlich große Wollmengen zu bilden. In ihren herunterhängenden Schwänzen kann sich somit Kot verfangen und zu Fliegenbefall führen. Auch bei männlichen Rindern in der Mast ist das Abtrennen der Schwänze mit Erlaubnis möglich. Aufgrund von Platzmangel treten sich die Tiere oftmals gegenseitig auf die empfindlichen Schwänze, was schwere Verletzungen nach sich ziehen kann.

Eingepferchte Schafe in der Wollindustrie

Entgegen veralteten Ansichten sind Tierschwänze äußert schmerzempfindlich. Ein Kupieren dieses Körperteils fügt den Tieren erhebliche Schmerzen zu. Wie bei Hunden und Katzen drücken auch Rinder mit Schwanzbewegungen unterschiedliche Gemütslagen aus. Durch den unnatürlichen Eingriff werden die Tiere daher auch in ihrer Kommunikation eingeschränkt.

Abschleifen der Milchzähne bei Ferkeln

Weibliche Schweine wurden gezielt dahingehend gezüchtet, eine unnatürlich hohe Anzahl an Ferkeln zur Welt zu bringen. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass die vielen Tierkinder das Gesäuge der Mutter stark verletzen oder sich später während der entbehrungsreichen Mast Wunden zufügen. Um dies zu vermeiden, werden den meisten Ferkeln in den ersten Lebenstagen die Zähne abgeschliffen.

Dieser Vorgang wird im Akkord durchgeführt und fügt den Tierkindern Stress und Leid zu. Außerdem werden die Zähne dabei häufig zu tief abgeschliffen, was zu weiteren Schmerzen führt. Die Pulpahöhle bei neugeborenen Ferkeln ist verhältnismäßig groß. Laut einer Studie wird durch das Abschleifen bei über 90 Prozent der jungen Schweine an mindestens einem Zahn die Pulpahöhle, also der Zahnnerv, eröffnet. (2) Dies führt zu starken Zahnschmerzen und behindert die Tiere bei der Nahrungs- und Wasseraufnahme. Außerdem führt es zu Entzündungen, Nekrosen und weiteren schweren Schmerzen und lang anhaltendem Leid. Zwar kann die Verwendung eines speziellen Schleifkopfes die Gefahr etwas minimieren, doch das ändert nichts am grundsätzlichen Problem der Tierwirtschaft: Um die Tiere an eine entbehrungsreiche Zucht und Mast anzupassen, werden ihnen erhebliche Schmerzen zugefügt.

Verdreckte und verletzte Ferkel in kleinen Buchten

Enthornen von Kälbern

Bei Kälbern bis zu einem Alter von sechs Wochen darf der Landwirtschaftsbetrieb selbst ohne Betäubung eine Enthornung durchführen. Dabei werden die Jungtiere fixiert, und ein mehrere hundert Grad heißer Brennstab wird auf die Hornansätze gedrückt. Die starke Hitze führt zu großen Schmerzen, auch lange nach dem Eingriff.

Hinzu kommt, dass Hörner für Rinder wichtig sind, denn die Tiere kommunizieren mit ihren Hörnern. Außerdem sollen sie zur Kühlung beitragen. In der Tierwirtschaft werden Rinder enthornt, weil sie mit Hörnern mehr Platz benötigen und sich angesichts der meist gedrängten Haltung gegenseitig verletzen können.

kalb enthornung

Schnabelkürzen bei befiederten Tieren

Bei Hennen in der Eierindustrie wurde der vordere Teil des Schnabels bis 2017 routinemäßig gekürzt. Aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung zwischen der Geflügelwirtschaft und damaligen Bundesregierung wurde diese grausame Praxis eingestellt, ohne jedoch die Haltungsbedingungen zu verbessern und den Tieren mehr Platz zu gewähren. Dies führt dazu, dass sich viele Hennen in ihrer Verzweiflung und Ausweglosigkeit nun mit ihren Schnäbeln noch stärker verletzen.

Kueken mit kupierten Schnaebeln

Bei Puten in der Mast wird die Verstümmelung des Schnabels weiterhin durchgeführt. Die Tiere werden derart artfremd gehalten, dass es mit ungekürzten Schnäbeln zu starken Verletzungen kommt, was für die Tierindustrie finanzielle Einbußen bedeutet. Bei dem Eingriff wird der vordere Teil des Oberschnabels kurz nach der Geburt per Laser oder Infrarotstrahl so manipuliert, dass er nach kurzer Zeit abfällt. Für die Vögel bedeutet dies die Amputation eines wichtigen Tastorgans, denn ihr Schnabel – und vor allem die mit vielen Nervenbahnen durchzogene Spitze – gleicht in etwa der Funktion unserer Hände.

Legalisierte Tierquälerei

All diese Verstümmelungen sind laut Tierschutzgesetz eigentlich verboten – wären da nicht zahlreiche Ausnahmeregelungen für Tiere, die in der Landwirtschaft ausgebeutet und getötet werden. Und so werden aus wirtschaftlichen Gründen weiterhin Körperteile abgetrennt und fühlende Lebewesen teils routinemäßig verstümmelt, um sie an die artfremden Haltungsbedingungen in den Ställen anzupassen.

Wer denkt, Bio sei besser, der irrt: Denn auch in der Biohaltung sind diese Verstümmelungen teilweise erlaubt, auch wenn zumindest eine Betäubung vorgeschrieben ist. Dennoch werden auch sogenannte Biotiere aus Profitgründen manipuliert, zur „Produktion“ von Fleisch, Milch und Eiern artwidrig gehalten und nach einem kurzen und leiderfüllten Leben im Schlachthof getötet.

Auch das Einziehen von Ohrmarken ist legale Tierquälerei. Lesen Sie hier mehr dazu.

INSA-Meinungsumfrage: Mehrheit gegen Amputationen bei lebenden Tieren

Im Oktober 2021 gab PETA Deutschland beim Meinungsforschungsinstitut INSA eine Umfrage zu insgesamt 12 Tierschutzthemen in Auftrag. Das Ergebnis zeigte, dass sich die Bevölkerung von der Bundesregierung dringend bessere Maßnahmen wünscht, die das Tierleid verringern. So forderten 72 Prozent der insgesamt 2.000 Befragten ein Verbot von Amputationen bei lebenden Tieren in der Landwirtschaft.

Umfrageergebnisse Landwirtschaft

Wie Sie Tiere vor der Verstümmelung bewahren können

Mit dem Kauf von tierischen Produkten im Supermarkt, Restaurant oder beim Lieferdienst unterstützen Sie das routinemäßige Verstümmeln von fühlenden Lebewesen. Bitte treffen Sie eine mitfühlende Entscheidung und ernähren Sie sich vegan. Unser kostenloses und unverbindliches Veganstart-Programm begleitet Sie mit Tipps und Tricks beim Einstieg in ein tierfreundliches Leben.