Warum „lustige“ Tiervideos im Internet eigentlich traurig sind

Wer im Internet unterwegs ist, stößt früher oder später auf Tiervideos. Da ist beispielsweise ein Video, in dem eine Katze verzweifelt ihre Pfoten schüttelt, um sich von Klebeband zu befreien. Oder eines, das einen Hund zeigt, der ein Sandwich-Kostüm trägt, in dem er nicht richtig laufen kann – und daher von lachenden Menschen verspottet wird.

Solche vermeintlich lustigen Videos wirken auf den ersten Blick witzig oder niedlich und werden daher oft tausendfach geteilt. Doch wer sich die Tiere genauer anschaut und sich in sie hineinversetzt, merkt in der Regel schnell, dass der Hintergrund eigentlich ziemlich traurig ist. [1]

Inhaltsverzeichnis

Social Media: Tiere für Anerkennung, Likes und Reichweite zur Schau gestellt

Einige Tierhalter:innen setzen ihre tierischen Mitbewohner erniedrigenden oder sogar angsteinflößenden Situationen aus, um möglichst viel Aufmerksamkeit in Form von Likes und Reichweite zu erhalten. Dass das für die Tiere nicht annähernd so lustig ist wie für Menschen und sie dabei teilweise sogar leiden, ist leider nicht immer offensichtlich. [1]

Kostüme: Warum verkleidete Tiere nicht lustig sind

Hunde, Katzen und andere Tiere als Piraten zu verkleiden, wirkt auf den ersten Blick vielleicht niedlich. Doch die tierischen Mitbewohner verstehen nicht, was passiert: Sie sind Kostüme nicht gewohnt, finden sie wahrscheinlich unbequem und beängstigend und werden daher oft sogar panisch. Was Menschen als lustig empfinden, ist für die Tiere meist der pure Stress. Wer sich ein wenig mit Tieren auskennt, sieht daher schnell, dass sie sich unwohl fühlen und verzweifelt versuchen, der Situation zu entkommen.

Solche Verkleidungen können auch gefährlich werden. Es besteht die Gefahr, dass sich verkleidete Tiere strangulieren, ersticken oder überhitzen. Auch ihre Seh- und Bewegungsfähigkeit kann eingeschränkt werden, was noch mehr Stress und Panik auslöst.

Hund im Kostuem
Auch wenn es noch so süß anzusehen ist – nicht jedes Tier fühlt sich wohl, in ein Kostüm gesteckt zu werden.

Besonders problematisch wird es, wenn Halter:innen die Körpersprache ihrer Tiere nicht richtig lesen oder verstehen können und daher nicht erkennen, wie es ihnen in diesen Situationen wirklich geht. [1]

Beschämende Situationen werden auf Video festgehalten und öffentlich geteilt

Ein weiterer fragwürdiger Trend ist das sogenannte Pet Shaming, bei dem tierische Mitbewohner in beschämende oder erniedrigende Situationen gebracht und dann gefilmt werden. Oft sind es jedoch die Halter:innen, die wegen der Umstände beschämt sein sollten – zum Beispiel wenn eine Katze sich zu Recht weigert, eine verschmutzte Katzentoilette zu benutzen, die seit längerer Zeit nicht gesäubert wurde.

Es gibt Videos, die zeigen, wie Hunde aus Langeweile und fehlender Auslastung auf Gegenständen kauen und teilweise die Inneneinrichtung zerstören, wenn sie täglich stundenlang alleine gelassen werden. Es ist auch nicht überraschend, dass Tiere achtlos herumliegende Nahrungsmittel essen, wenn sie gezwungen sind, über einen längeren Zeitraum alleine zu bleiben. [1] Der psychische und physische Stress, den die Tiere dadurch erfahren, entspricht keinesfalls einer artgerechten Haltung, sondern nur der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse.

Fail-Videos: Missgeschicke und Verletzungen sind kein Spaß

Ein weiterer trauriger Trend sind sogenannte Fail-Videos. Sie zeigen beispielsweise, wie Katzen in befüllte Badewannen abrutschen, vom Tisch fallen, sich beim Springen verschätzen und abstürzen oder Gegenstände wie Geschirr mit sich nach unten reißen. Genauso unlustig und gefährlich ist es, wenn Hunde mit ihrem Kopf in Tüten stecken bleiben, aus denen sie Nahrung herausholen wollten. In einigen solcher Videos ist sogar zu sehen, wie Tiere gegen Glastüren prallen – in einem weit verbreiteten Video fällt ein Hund krachend auf einen Glastisch, der dabei zerbricht.

Katze wird aufgenommen
Inszenieren Sie niemals „Stunts“ mit Ihren Tieren, nur um Aufmerksamkeit auf Social Media zu erhalten.

Solche Vorfälle sind extrem gefährlich für die Tiere und bergen ein hohes Verletzungsrisiko. Halter:innen sollten Tiere niemals Gefahren aussetzen, nur um möglichst viele Likes in Social Media zu generieren. Wenn Tiere merken, dass ihre Bezugspersonen absichtlich solche „Stunts“ inszenieren, um sie zu erschrecken und zu verletzen, kann das Vertrauensverhältnis beschädigt oder ganz zerstört werden. Das wiederum kann dazu führen, dass sich Tiere in ihrem Zuhause nicht mehr wohl fühlen, dauerhaft verängstigt, zurückhaltend, vorsichtig und schreckhaft sind oder sich verstecken. Wenn psychischer Stress bei tierischen Mitbewohnern länger anhält, kann das auch körperliche Beschwerden und dauerhafte Verhaltensauffälligkeiten auslösen.

Es ist grundsätzlich abzulehnen, fühlende Lebewesen Gefahren auszusetzen, um für einen kurzen Lacher und Likes zu sorgen. [1]

Verniedlichte Qualzuchten: Tierleid oftmals verharmlost

Oft werden im Internet Tiere präsentiert, die zuchtbedingt an gesundheitlichen Problemen leiden. Zu den sogenannten Qualzuchten gehören beispielsweise Möpse und Französische Bulldoggen. Typische Beschwerden dieser zuchtbedingt kranken Tiere werden in vermeintlich niedlichen und lustigen Videos verharmlost:

  • Schnarchen und Schnaufen aufgrund verkürzter Nase und zu enger Nasenlöcher: Die Tiere leiden unter dauerhafter Atemnot, was für sie keineswegs witzig ist, sondern lebenslanges Leid bedeutet.
  • Extremes Hecheln bei körperlicher Anstrengung und Hitze.
  • „Komische“ Sitz- und Liegepositionen aufgrund von Fehlbildungen der Wirbelsäule sowie im Hüft- und Gelenkbereich: Es gibt nur wenige Positionen, in denen die betroffenen Tiere schmerzlos entspannen und zur Ruhe kommen können. Aufgrund der Qualzucht sind sie ein Leben lang eingeschränkt und sterben meist früher als Artgenossen ohne diese Merkmale.
  • Verkürzte Beine: erschweren das Treppensteigen, was Stürze zur Folge haben kann.
  • Magen-Darm-Beschwerden: Die betroffenen Tiere leiden häufig unter Durchfall und Erbrechen und müssen eine strenge Diät einhalten.
Mops sitzt auf einem Bett
Oft werden Qualzuchtrassen im Internet zur Schau gestellt und ihr zuchtbedingtes Leiden verniedlicht.

Halter:innen verwirren „Haustiere“, indem sie sich tot stellen

In einem weiteren unvorstellbar grausamen Videotrend täuschen Halter:innen vor, vor den Augen ihrer tierischen Mitbewohner zu sterben. Dabei filmen sie die Reaktionen der Hunde, die aus Verzweiflung oftmals regelrecht aufschreien, die scheinbar nicht ansprechbaren Menschen anstoßen und abschlecken, um sie wieder zu Bewusstsein zu bringen.

Hunde gehen tiefe Bindungen mit ihren Bezugspersonen ein und erachten sie als Familienmitglieder. Wenn ein geliebter Mensch stirbt, trauern sie um ihn. Hunde haben ähnliche Gefühle wie Menschen, wenn jemand stirbt, den sie lieben. Sie empfinden Angst und Verzweiflung, wenn jemand vor ihren Augen zusammenbricht und nicht wiederbelebt werden kann. [1]

Im Internet kursieren unzählige dieser fragwürdigen Videos. So fanden Tausende Internetnutzende es vor ein paar Jahren unterhaltsam, ihre Katzen mit Gurken zu verschrecken – solche oder ähnliche Phänomene sind regelmäßig zu beobachten. Das Problem mit solchen Trends: Viele finden ein möglicherweise zufällig entstandenes Video unterhaltsam, es verbreitet sich im Internet, Nachahmer:innen wollen die gleiche Aufmerksamkeit: So entsteht ein grausamer „Trend“ zum Leidwesen der Tiere.

Unsere tierischen Mitbewohner sind intelligente Lebewesen, die mit der Zeit Vertrauen und eine enge Bindung zu uns aufbauen. Es ist wichtig, dieses Verhältnis nicht mit vermeintlich lustigen Aktionen zu gefährden und die Tiere in Situationen zu bringen, in denen sie sich unwohl fühlen oder sogar verängstigt sind. [1]

Der Missbrauch von Tieren zur Unterhaltung ist speziesistisch

Wer Tiere in Kostüme zwängt und sie mit Absicht unangenehmen Situationen aussetzt, vermittelt das moralisch falsche Bild, Tiere seien dazu da, Menschen zu unterhalten. Tiere sind jedoch keine Unterhaltungsobjekte, sondern fühlende Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen, die der Mensch respektieren sollte.

Wir können von unseren tierischen Begleitern vieles lernen – darunter bedingungslose Liebe, Loyalität, Freundschaft, Spaß und Freude an den kleinen Dingen des Lebens.

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So erkennen Sie tierquälerische Videos und können im Ernstfall helfen

  • Entscheiden Sie sich bewusst dafür, fragwürdigen Trends mit ihren tierischen Mitbewohnern nicht zu folgen. Eine vertrauensvolle Bindung zueinander ist wichtiger als kurzfristiger Ruhm auf Social Media.
  • Versetzen Sie sich in die Lage des Tieres und wägen Sie ab, ob die Situation für das Tier auch lustig ist. Videos von Tieren in gefährlichen Situationen sollten grundsätzlich niemals aufgenommen werden. Zudem sollten Gefahrenquellen im Zuhause minimiert werden.
  • Wenn Sie auf Social-Media-Plattformen Videos mit Tieren sehen, überlegen Sie, ob der Inhalt wirklich tierfreundlich ist, bevor Sie ihm die gewünschte Aufmerksamkeit in Form eines Likes geben und es teilen. Videos, die offensichtlich Tierquälerei darstellen, sollten bei der jeweiligen Plattform gemeldet werden.