Erfolg: Schimpansen aus Tierpark Nadermann gerettet

Update Dezember 2015

Erfolg: Die Schimpansen sind gerettet! Kaspar und Uschi leben seit Anfang Dezember 2015 im Wales Ape & Monkey Sanctuary in Großbritannien. Sie haben dort die Möglichkeit, ein schimpansengerechtes Leben fernab jeder Zurschaustellung eines Zoos führen zu können. In der Station leben derzeit 11 Schimpansen sowie 80 Affen anderen Arten, die aus schlechter Haltung befreit wurden. Die beiden Tiere werden dort behutsam mit den anderen Schimpansen bekannt gemacht, um zu sehen, mit welchen Artgenossen sie am besten zurechtkommen. Sie erhalten die bestmögliche Betreuung und das größte Maß an Freiheit und Selbstbestimmung, das ein Refugium zu bieten vermag.

Vielen Dank an die über 20.000 Unterstützer, die unsere Petition unterschrieben oder sich auf anderem Weg für die Menschenaffen eingesetzt haben.

Originalartikel vom Januar 2015

Tierpark Nadermann: Schimpansen leben unter unzureichenden Haltungsbedingungen

Seit vielen Jahren leben im Tierpark Nadermann zwei Schimpansen in einem winzigen, dunklen Käfig. Die karge Einrichtung bietet den intelligenten Menschenaffen kaum Kletter- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Ständig bekommen die Tiere Süßigkeiten von Besuchern zugeworfen. Die falsche Ernährung und die fehlende Möglichkeit zur Bewegung haben die Schimpansen stark übergewichtig werden lassen.

Schimpansen aus dem Tierpark Nadermann
Die Schimpansen sind stark übergewichtig durch Süßigkeiten und Bewegungsmangel.

Der renommierte Primatologe Professor Dr. Volker Sommer hat den Tierpark Anfang Juli 2015 besucht. Der Wissenschaftler bezeichnet die Unterbringung der Schimpansen als „Quälgehege“. Sommer fand bei den sensiblen Tieren deutliche Anzeichen einer tiefen Depression und beobachtete das anhaltende Ausrupfen der eigenen  Körperhaare. Diese Selbstverstümmelung ist ein deutliches Anzeichen für seelisches Leid.

Die Veterinärbehörden befürworten zwar eine Abgabe der Tiere, doch üben sie keinen Druck auf den Tierparkbetreiber aus, die tierquälerische Haltung endlich zu beenden. Obwohl ein Aufnahmeangebot der renommierten niederländischen Auffangstation AAP auf dem Tisch liegt, weigert sich Zoodirektor Reinhard Nadermann, mit dem Tierschutz zusammenzuarbeiten.

Statt Freiheit ein Leben im „Quälgehege“

Das rund 50 Quadratmeter große Außenkäfig der beiden Schimpansen ist zur Besucherseite hin mit Eisenrohrgittern versehen. Während der Winterzeit, in der der Park geschlossen ist, werden die Tiere in einem düsteren, heruntergekommenen Innenkäfig untergebracht. Die Tiere weisen nach den vielen Jahren in dieser tierquälerischen Anlage Symptome schwerer psychischer Störungen auf. Der Bewegungsmangel sowie die Fütterung mit Pommes frites und Süßigkeiten durch Besucher haben die beiden Menschenaffen übergewichtig werden lassen.

Seit Mai 2014 sind die Mindestanforderungen an die Haltung von Schimpansen verschärft: Das Gehege müsste insgesamt (innen und außen) wenigstens 400 Quadratmeter groß und mit ausreichend Kletter- und Beschäftigungsmöglichkeiten ausgestattet sein. Weil der Tierpark Nadermann seinen Affen diese minimalen Bedingungen nicht bieten kann, müsste er die Tiere eigentlich abgeben.

„Es entsetzt mich, dass in Deutschland heutzutage eine grausame Haltung wie die der beiden Schimpansen im Nadermann-Zoo von Delbrück noch möglich ist. Der gleichen Meinung war mein Mitarbeiter Gonçalo Jesus, ein portugiesischer Biologe, der den Schutz wilder Menschenaffen vorantreibt und an der Rehabilitation von Schimpansen gearbeitet hat, die in Quälgehegen wie denen von Delbrück schwer geschädigt wurden. Während unseres Besuches dort zeigten die Schimpansen alle Anzeichen tiefster Depression, wie sie durch jahrelange Einkerkerung auf kleinstem Raum verursacht werden – inklusive des endlosen Ausrupfens auch winzigster Köperhärchen. Was sollen diese sensiblen und hochintelligenten Kreaturen in ihrer jahrzehntelangen Langeweile und Verzweiflung auch sonst tun? Bleibt zu hoffen, dass öffentlicher Protest, tierärztliche Einsicht und Justiz die Betreiber dieser Einrichtung zwingen werden, die Schimpansen in eine Schutzstation zu überführen. Schämen sollten sich die Verantwortlichen ohnehin.“

Schimpansenexperte Prof. Volker Sommer über die Nadermann-Schimpansen (Juli 2015)

PETA fordert die Abgabe der Tiere in die Auffangstation AAP

Das Schimpansenrefugium AAP in den Niederlanden wäre ein wahrer Glücksfall für die beiden Menschenaffen. Hier werden seit vielen Jahren Schimpansen aus tierquälerischer Haltung aufgenommen und mit großem Erfolg rehabilitiert. Bei AAP hätten die Schimpansen zum ersten Mal seit langer Zeit wieder die Möglichkeit, richtige Affen zu sein, sich tiergerecht zu bewegen und zu beschäftigen sowie mit Artgenossen zu kommunizieren.

So leben Schimpansen in Freiheit

In der Natur leben Schimpansen in Gruppen mit komplexer Sozialstruktur zusammen, die zeitweise mehrere Dutzend Tiere umfassen können. Die Menschenaffen nehmen dabei einen Lebensraum in Anspruch, der in Waldgebieten bis zu 50 Quadratkilometer, in den afrikanischen Savannen sogar weitaus mehr betragen kann.

Schimpansen sind die nächsten Verwandten des Menschen; das Erbgut beider Spezies gleicht sich bis zu 98 Prozent. Eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Kent belegt, dass Schimpansen selbst in großen Zoos regelmäßig psychisch erkranken, was sich in Merkmalen wie Selbstverstümmelung, extremer Zurückgezogenheit, permanentem Hin- und Herschaukeln des Oberkörpers bis hin zum Verzehr der eigenen Exkremente äußert. [1]

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  • Quellen

    [1] Birkett LP, Newton-Fisher NE (2011): How Abnormal Is the Behaviour of Captive, Zoo-Living Chimpanzees? PLoS ONE 6(6): e20101. doi:10.1371/journal.pone.0020101