Emmi – diese Hündin wurde in einer Tierarztpraxis zurückgelassen

Deutsche Tierheime nehmen Jahr für Jahr etwa 390.000 Tiere auf [1]. Jedes einzelne dieser Tiere hat seine eigene Geschichte, und die Gründe für ihre Abgabe sind vielfältig – sie reichen von Tierhaarallergien über veränderte Lebenslagen bis hin zu Umzügen.

Manche Tiere trifft es besonders schwer – und zu ihnen zählt Emmi, die nach einer Not-OP einfach in einer Tierarztpraxis zurückgelassen wurde. Doch Emmi hatte Glück im Unglück und fand schnell ein neues Traum-Zuhause. Hier erzählt uns Jana, die Emmi adoptierte, die bewegende Geschichte der Hündin.

Jana, was war mit Emmi passiert, dass nach einer Familie gesucht wurde?

Emmi kam eines Nachts in den Notdienst einer Stuttgarter Tierarztpraxis, in der ich damals arbeitete. Ihre Halter hatten Emmi auf eine Rolltreppe mitgenommen, in der sich die Krallen der kleinen Hündin verfingen. Emmi steckte fest! Der Halter zog Emmis Pfote mit Kraft aus der Rolltreppe und verletzte ihre kleine Pfote dabei so stark, dass ihr zwei Finger amputiert werden mussten.

Emmi war in dieser Nacht ein eiliger Notfall, denn sie hatte viel Blut verloren, und es war nicht klar, ob sie überleben würde. Die Nacht würde zeigen, ob sie es schafft.

Die Praxis informierte Emmis Halter direkt nach der Operation, und man beschloss, dass sich die Halter am folgenden Tag erkundigen würden, wie es Emmi geht und wie lange sie in der Tierarztpraxis bleiben muss. Emmi hing die ganze Nacht an der Infusion, starke Schmerzmittel nahmen ihr die Schmerzen nach diesem schrecklichen Unfall. Als die Tierarztpraxis den Halter am nächsten Tag anrief, war dessen Handy ausgeschaltet. Er reagierte nicht auf die mehrfachen Anrufe der Praxis und rief auch nicht zurück.

Emmi blieb mehrere Tage in der Praxis. Ihr Zustand besserte sich von Tag zu Tag, die Wunde an ihrer Pfote begann zu heilen – doch die Wunde in ihrer Seele blieb. Niemand konnte ihr erklären, warum ihre Menschen nicht mehr zurückkamen und nach ihr schauten. Sie war zutiefst verunsichert und verängstigt.

Wie kamst du dazu, gerade Emmi zu adoptieren?

Ich kümmerte mich jeden Tag um Emmi, schaute auch am Wochenende nach ihr. Ich versorgte ihre Wunden, schenkte ihr Geborgenheit und, vor allem, ganz viel Liebe. Emmi begann, mir zu vertrauen, und wir wurden in den wenigen Tagen richtig gute Freunde. Emmi spürte, dass sie keine Angst haben musste und dass wir uns gut um sie kümmern. Der Vater ihres ehemaligen Halters meldete sich nach 10 Tagen und fragte, ob Emmi noch in der Praxis sei. Sie würden sie gerne dort lassen und nicht mehr abholen – sie sei ja auch schon sehr alt (damals etwa 10 Jahre).

Eigentlich wollte ich zu dieser Zeit eine Katze aus dem Tierschutz adoptieren, aber dann saß da Emmi in ihrer Box in der Tierarztpraxis. Wir waren bereits Freunde und ich wollte nicht, dass sie ins Tierheim muss. Ich hatte genug Zeit, und auch mein Vermieter war mit „Haustieren“ einverstanden. Also entschloss ich mich, Emmi ein festes Zuhause zu schenken. Sie sollte nicht irgendwo hinkommen, ohne zu wissen, was mit ihr geschieht. Zudem konnte ich mich jetzt prima um ihre Wunden kümmern. Und so wurde Emmi meine ständige Begleiterin.

Warum war es dir wichtig, ein Tier aus dem Tierschutz aufzunehmen?

Für mich war schon immer klar, dass ich niemals ein Tier im Internet oder bei einem Züchter kaufen werde, denn in Tierheimen auf der ganzen Welt sitzen unglaublich liebevolle Tiere, die alle ein Zuhause suchen; die alle darauf warten, bei „ihrem“ Menschen einzuziehen. Leider hatte ich in den letzten Jahre keine Möglichkeit, mich ausreichend um ein Tier zu kümmern, da ich berufsbedingt viel unterwegs war. Ich wusste, dass es für mich keine Option ist, einen Vierbeiner aufzunehmen und später wieder abzugeben. Ich würde erst dann ein Tier adoptieren, wenn ich genügend Zeit dafür habe – und als Emmi in mein Leben trat, waren die Umstände optimal.

In meiner täglichen Tierrechtsarbeit  bestärkt mich der Tierschutzgedanke, denn immer wieder erlebe ich aufs Neue, was für wundervolle Seelen in Tierheimen sitzen. Besonders die Situation in ausländischen Tierheimen und Tötungsstationen geht mir ans Herz und lässt mich auch außerhalb meiner „Arbeitszeit“ nicht mehr los. In diesen Einrichtungen warten so viele liebevolle Tiere und wünschen sich nichts sehnlicher, als dort herauszukommen.
Menschen, die sich für die Aufnahme eines tierischen Mitbewohners entscheiden, sollten IMMER ein Tier aus einem Tierheim adoptieren und NIEMALS von einem Züchter kaufen. Durch die konstante Vermehrung von Tieren verschlimmern Züchter die Situation der Tierheimtiere weiter, denn jedes gekaufte Tier nimmt einem Vierbeiner aus dem Tierschutz ein Zuhause!

Wie hat Emmi dich verändert?

Seit ich denken kann, habe ich mir gewünscht, einem Hund ein Zuhause zu schenken. Im Urlaub und in meiner Freizeit war ich immer von Hunden und anderen Tieren umgeben. Ich kann und konnte mir ein Leben ohne Tiere nicht vorstellen. Emmi hat dieses Gefühl und diesen Wunsch komplettiert. Sie zeigt mir jeden Tag, was für ein riesengroßes Glück ich hatte, sie zu treffen. Sie bringt in jeden noch so traurigen Tag ganz viel Wärme und Liebe ein; ich bin einfach nur glücklich, sie in meinem Leben und an meiner Seite zu haben.

Emmi bringt mich jeden Tag zum Lachen – sie ist richtig witzig, und ich bin stolz darauf, den Menschen zu zeigen, dass auch ein kleiner Hund so viele tolle Sachen machen kann. Hunde wie Emmi werden ja oftmals unterschätzt, und bei Spaziergängen mit Emmi höre ich immer wieder dumme Sprüche, weil sie so klein ist. Mir ist es wichtig, den Menschen zu erklären, dass auch ein kleiner Hund viel erleben möchte. Emmi ist ein Profi im Erschnüffeln von Leckerlis und liebt lange Spaziergänge durch die Natur. Mittlerweile ist sie eine betagte Seniorin, und ich weiß, dass ich nicht mein ganzes Leben mit ihr verbringen werde. Vielleicht genießen wir ja deshalb jede einzelne Minute zusammen? Ich bin unendlich dankbar, dass ich sie kenne.

Wie geht es Emmi heute?

Emmi ist eine richtig fitte, über 14 Jahre alte Hundeseniorin. Natürlich geht heute nicht alles mehr so schnell wie vor ein paar Jahren, aber Emmi gibt den Takt vor und ich halte mich natürlich daran. Sie liebt es, bei mir zu sein, und hat sich in den vier Jahren, in denen wir nun zusammenleben, richtig toll entwickelt. Sie mag Spaziergänge durch den Wald, liebt es, in der Sonne zu baden, auf einem Sonnenstuhl zu liegen, in den Bergen zu wandern und sich auf dicken Decken und in der Sonne zu wälzen.

Am witzigsten ist Emmi, wenn sie sich ihr Bett macht und dabei minutenlang die richtige Liegeposition sucht. Dabei beißt sie wie wild in die Decke und zieht und zupft, bis alles an seinem Platz ist. Danach fällt sie schnell in einen tiefen Schlaf und schnarcht ganz entspannt neben mir. Dann bin auch ich glücklich.

Was Sie tun können

  • Wenn Sie einem Vierbeiner ein neues Zuhause schenken wollen, besuchen Sie bitte ein Tierheim in Ihrer Nähe. Dort warten zahlreiche Hunde und Katzen darauf, bei einem liebevollen Menschen einziehen zu dürfen.
  • Sollten Sie Missstände in der Haltung von Tieren beobachten, informieren Sie das zuständige Veterinäramt in Ihrer Nähe und melden Sie uns Ihre Beobachtungen!
  • Helfen Sie mit, eine Haltungsverordnung für alle „Heimtiere“ zu erreichen, und unterschreiben Sie unsere Petition für ein Heimtierschutzgesetz!
  • Quellen

    [1] Deutscher Tierschutzbund: Hochrechnung 2005