Kriminelles Ehepaar betreibt illegale Tierhaltung und täuscht Behörden

Update Februar 2021

Das Strafermittlungsverfahren wurde im Januar 2021 eingestellt, jedoch unter der Maßgabe, dass vom Veterinäramt Herzberg zwei Bußgeldbescheide v. 5.1.2021 gegen beide Tierhalter ergangen sind – in einer fünfstelligen Höhe, jeweils gegen jeden Einzelnen. Die Staatsanwaltschaft führte in ihrem Bescheid v. 21.1.2021 aus: „Die Beschuldigten haben nach den Feststellungen des Veterinäramtes gegen das bestehende Tierhalteverbot gröblich verstoßen.“

Die Staatsanwaltschaft führt in dem vierseitigen Bescheid weiterhin aus: „PETA Deutschland e.V. hat vorliegend im Rahmen seines zivilgesellschaftlichen Engagements die zuständigen Ordnungsbehörden zutreffend auf Handlungsnotwendigkeiten der Behörden hingewiesen und somit die vom Gesetzgeber vorgesehene Ahndung des hier festgestellten Unrechts bewirkt.“ (Az.: 1700 Js 29601/20)

Originalartikel vom Oktober 2020

Laut Informationen, die PETA zugespielt wurden, widersetzt sich ein Ehepaar aus dem brandenburgischen Schönewalde seit Jahren den Behörden und betreibt trotz bestandskräftigem Tierhalte- und Betreuungsverbot offenbar eine illegale Tierhaltung und rechtswidrigen Tierhandel. Gemeinsam mit der Tierschutzdetektivin Judith Pein und einem Team des VOX-Haustiermagazins „hundkatzemaus“ sind wir den Hinweisen nachgegangen. Wir wollten wissen, was an den Vorwürfen stimmt und wie es sein kann, dass Menschen Tiere halten, betreuen und mit ihnen handeln, obwohl ihnen dies für jede Tierart verboten wurde?

Recherchen im Internet lieferten erste Beweise

Bereits 2012 wurde dem Ehepaar aus dem Landkreis Elbe-Elster ein umfangreiches Tierhalte- und Betreuungsverbot auferlegt. Es wurde festgelegt, dass sich Herr und Frau B. nicht mehr um Tiere kümmern dürfen, also weder mit einem Hund Gassi gehen noch die Hufe eines Pferdes pflegen. 

Auf der Flucht vor den zuständigen Behörden zogen Herr und Frau B. in einen anderen Landkreis um, wo sie erneut begannen, Tiere zu halten, zu züchten und zu verkaufen. Am 18. Juli 2019 gelang den relevanten Behörden dann ein erneuter Schlag gegen das Ehepaar. In einem Großeinsatz der Polizei mit dem Ordnungsamt Schönewalde, der von einem Pferdehof, Tierärzten und einem Tierschutzverein unterstützt wurde, konnten bei einer erneuten Kontrolle erschreckende Zustände in der Tierhaltung aufgedeckt werden. Unter anderem wurden 15 Pferde, 22 Katzen und 8 Hunde unter extrem tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten und dienten einem einzigen Zweck – mit möglichst wenig Einsatz möglichst viel Profit zu machen!

Alle Tiere die an diesem Tag beschlagnahmt wurden, befanden sich in einem mäßigen bis schlechten, teils sogar katastrophalen Pflegezustand und waren über längere Zeit unzureichend tiermedizinisch versorgt worden. Einige Tiere benötigten intensive Behandlung.

Die Hinweise verdichteten sich

Hinweise von Whistleblowern machten uns darauf aufmerksam, dass das Ehepaar offenbar erneut in einen anderen Landkreis gezogen ist und teilweise sogar Tiere vor den Behörden versteckt hält, um Profit aus ihnen zu schlagen. Auf einem Internetportal bot die Halterin augenscheinlich wieder Kaninchen zum Kauf und Pferdeboxen zur Vermietung an.

Diesem Fall mussten wir nachgehen

Gemeinsam mit der Tierschutzdetektivin Judith Pein von „hundkatzemaus“ machten wir uns auf den Weg, um weitere Informationen und Beweise zu sammeln, damit das Tierleid auf dem Hof des Ehepaars B. endlich beendet wird. Wir trafen das Paar am Scheunentor ihres Stalls – und tatsächlich bot sich auch uns ein furchtbares Bild. 

Hunde, Pferde und Kaninchen litten Tag für Tag

Zum Tierbestand gehörten mittlerweile mindestens 9 Pferde, darunter auch schwangere Stuten und Muttertiere mit ihren Fohlen. Herr und Frau B. erzählten uns unverblümt von dem Tierhalte- und Betreuungsverbot und erklärten, wie es ihnen gelungen war, sich den Behörden zu entziehen. Mit einem Augenzwinkern versicherten sie uns, man kümmere sich natürlich um alle Tiere auf dem Hof – auch um die Einstellpferde.

Das dürfe nur nirgendwo stehen – im Vertrag müssten wir festhalten, dass es sich um einen Selbstversorgerstall handele. Nur so könne man sichergehen, dass die Behörden nicht eingreifen. Die eigenen Pferde des Ehepaars seien pro forma auf andere Einsteller überschrieben worden, sie würden die Tiere aber natürlich zurücknehmen, sobald dies wieder für sie möglich sei.

Beim Anblick eines Pferdes stockte unserem Einsatzteam der Atem. Es stand mit gesenktem Kopf in einer Einzelbox. Ein Auge war so stark entzündet, dass das Tier den Mund vor Schmerzen dauerhaft aufriss, um sich dem Leid auf irgendeine Weise zu entziehen.

Wir machten das Ehepaar B. darauf aufmerksam, dass das Tier offenbar starke Schmerzen hat und fragten, wie es behandelt wird. Herr B. erklärte, bisher bekäme das Pferd homöopathische Mittel und wischte mit einem Wattepad das Auge aus. Schmerzmittel oder Antibiotika bräuchte es nicht. Wir fragten uns besorgt, wie lange das Pferd schon so leiden musste.

Eine andere Stute war hochtragend. Das Ehepaar erzählte, dass die Stute schon 21 Jahre alt sei und bereits eine Risikogeburt hinter sich hatte. Trotzdem hätten sie sich dafür entschieden, sie erneut decken zu lassen. Natürlich hatte diese Entscheidung nichts mit Tierliebe zu tun – vielmehr wurde immer deutlicher, dass das Ehepaar mit den Tieren Geld verdienen wollte.

Hier musste dringend gehandelt werden!

Bei einem Rundgang über den Hof entdeckte das Ermittlerteam weiteres Tierleid, darunter auch die „Kaninchen-Liebhaberzucht“ von Frau B. Hierbei wurden zahlreiche Kaninchen in kleinen, dunklen Käfigen gehalten, massenhaft vermehrt und über einen Mittelsmann auf einem Berliner Markt verkauft. Die Anzeigen, die wir auf dem Anzeigenportal entdeckt hatten, erwähnte das Ehepaar nicht.

Ein Kaninchen fiel dem Team besonders auf, denn es war mager und zeigte einen schlechten Allgemeinzustand. Wir konnten es nicht zurücklassen und kauften das geschwächte Tier und sein Geschwisterchen daher frei. Wir wollten sichergehen, dass es schnellstmöglich medizinisch behandelt wird, denn es brauchte sofort einen Tierarzt.
 

Trauriges Hundegebell aus einem dunklen Verließ

Als wir auf dem Hof trauriges Hundegebell hörten, wollten wir wissen, woher das verzweifelte Bellen und Winseln kam. Herr B. hatte Vertrauen zu uns gefasst und führte uns zu einem dunklen Verschlag in einer angrenzenden Scheune. Als wir versuchten, in den Verschlag zu sehen, entdeckten wir darin eine junge Owtscharka-Hündin, die verzweifelt an einem kleinen Fenster kratzte. Das kleine Fenster war die einzige Lichtquelle der Hündin – ansonsten vegetierte sie in absoluter Dunkelheit und völlig allein vor sich hin. Herr B. erklärte, dass die Hündin in die dunkle Scheune gesperrt wird, sobald sie zu bellen anfängt. So würde man ihr beibringen, nicht mehr zu bellen. Irgendwann würde sie es lernen …

Wir waren schockiert und hatten genug Beweise gesammelt, die wir den zuständigen Veterinärbehörden und der Landestierschutzbeauftragten vorlegen konnten. Aufgrund etlicher Tierschutzverstöße, die wir auf dem Hof aufgedeckt und dokumentiert hatten, bestand sofortiger Handlungsbedarf. Zudem bestand die Gefahr, dass das Ehepaar erneut Tiere verschwinden lassen würde, sollte es von unserem Einsatz erfahren. Also suchten wir umgehend das zuständige Veterinäramt auf und legten unsere Beweise vor. Mittlerweile hat PETA durch Recherchen herausgefunden, dass neben dem rechtskräftigen Strafurteil gegen das Ehepaar sieben weitere gerichtliche Entscheidungen aus dem Zeitraum 2012 bis 2020 gegen Herrn und Frau B. vorliegen.

Wir erstatteten Strafanzeige gegen das Ehepaar B.

Es waren genau die fehlenden Beweise, die das Amt dringend benötigte, um nun endlich gegen das skrupellose Paar vorzugehen und den Tieren zu helfen. Kurze Zeit später erfolgte eine Kontrolle durch den Amtsveterinär, das Pferd wurde umgehend medizinisch behandelt.

Mit den Kaninchen fuhren wir direkt zu einer Tierarztpraxis. Das kleine, abgemagerte Kaninchen war mutmaßlich stark mit Kokzidien infiziert.

Kokzidien sind einzellige Parasiten, die besonders bei Jungtieren schnell lebensgefährlich sein können, wenn sie nicht behandelt werden.

Trotz sofortiger Intensivversorgung kam die Behandlung für das kleine graue, erst wenige Wochen alte Tier zu spät und es verstarb nur Tage später in der Tierarztpraxis. Für seine weiße Schwester fanden wir bei der wundervollen Kaninchenpflegestelle der „Tierhilfe Südbrandenburg e.V.“ zunächst ein liebevolles Plätzchen in artgerechter Haltung und mit vielen Artgenossen. Mittlerweile hat sie ein dauerhaftes Zuhause gefunden.

Das Verfahren gegen das Ehepaar B. läuft weiter. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Tiere endlich aus der Haltung beschlagnahmt werden und das massive Leid der Tiere ein für alle Mal beendet wird.

Was Sie tun können

Bitte kaufen Sie niemals Tiere vom Züchter, im Internet oder auf Märkten. Sie können nie sicher sein, woher die Tiere wirklich stammen. Lokale Tierheime, Kaninchenhilfen und Tierschutzvereine suchen dringend Adoptanten für ihre Schützlinge. Bitte adoptieren Sie nach reiflicher Überlegung einen tierischen Freund.