Wie nachhaltig und tierfreundlich sind Lederschuhe wirklich?

Nirgendwo ist die mangelnde Nachhaltigkeit in der Schuhindustrie offensichtlicher als bei der Lederproduktion.“ Dieses Zitat stammt aus dem Buch „Foot Work. What your shoes are doing to the world“ von Tansy E. Hoskins. [1] In ihrem aktuellen Werk beschreibt die Autorin und Journalistin, wie die Schuhproduktion – insbesondere die damit einhergehende Produktion von Leder – Natur, Mensch und Tier systematisch zerstört.

Werden für Lederschuhe Tiere getötet?

Laut Hoskins werden jedes Jahr etwa 24,2 Milliarden Schuhe – insbesondere Sneaker – produziert – ein Großteil davon aus Leder. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie vielen Tieren dafür mit einem Brandeisen das Gesicht markiert und die Kehle im Schlachthof mit einem Messer durchtrennt wird. Die Tiere sind unserer Gier nach Leder komplett ausgeliefert:

„Die meisten Menschen denken nicht darüber nach, was Leder wirklich bedeutet, nämlich einen kompletten Mangel an Zustimmung (…). Die Tiere willigen nicht ein, so behandelt und auf diese unglaublich gewaltsame Art getötet zu werden.“

Tansy E. Hoskins, Autorin und Journalistin

In ihrem Buch beschreibt Hoskins, dass viele Rinder einfach an das meistbietende Schlachthaus verkauft werden – egal, wie weit entfernt dies ist.

Diese Erkenntnis deckt sich mit einer Veröffentlichung des Autors und Journalisten Manfred Karremann. Seine Videoaufnahmen zeigen, wie Rinder für die Produktion von Leder von Brasilien bis in die Türkei, den Iran oder den Libanon transportiert und dort getötet werden – auch Tiere aus Deutschland und Österreich. Während des Transports stehen sie wochenlang ohne ausreichend Nahrung und Wasser in ihrem eigenen Kot und Urin. Geschwächte Tiere, die nicht mehr stehen oder gehen können, werden mit Gewalt von Transportern gezerrt und beim Entladen von Schiffen sogar an einem Bein hängend mit Kränen von Bord gehievt.

Wie nachhaltig sind Lederschuhe?

Nicht nur bei der Gewalt an Tieren ist die Lederindustrie ganz vorne mit dabei. Hoskins kritisiert, dass die Schuhproduktion auch in Sachen Umweltschutz und soziale Arbeitsbedingungen stark hinterherhinkt. In der Lederindustrie wird dies besonders sichtbar.

Die Gerbung und der damit verbundene Einsatz von Chemikalien wie Formaldehyd, Chrom, Schwefeldioxid, Ameisensäure und Ammoniumchlorid wurde im Hinblick auf billiges Leder weitestgehend in Länder mit geringen Umweltauflagen verlegt. Hoskins zufolge hat die bangladeschische Stadt Hazaribagh der Lederindustrie ihren Titel als „fünftschmutzigste Stadt der Welt“ zu verdanken. Giftige Chemikalien und Abfälle wurden jahrelang achtlos in der Natur entsorgt und der einst lebendige Fluss Buriganga River gilt heute als tot.

In Brasilien wird für die Produktion von Fleisch und Tierhäuten wiederum massenhaft Regenwald abgeholzt. Dies schädigt nicht nur unser Klima, sondern zerstört die Artenvielfalt auf eine Art und Weise, die wir nie wieder rückgängig machen können.

Abwasser gelangt ueber Rohre in den Fluss
Gerbereiabwässer landen oftmals ungeklärt in Flüssen und Trinkwasserversorgungen.

Arbeitsbedingungen: Moderne Sklaverei in der Lederindustrie

In Brasilien nimmt nicht nur die Natur großen Schaden – auch zahlreiche Menschen leiden unter der Lederproduktion. In ihrem Buch erwähnt Hoskins den „Global Slavery Index 2018“ der Walk Free Foundation. Dem Index zufolge leben in Brasilien etwa 369.000 Männer, Frauen und Kinder unter Verhältnissen, die sich als moderne Sklaverei beschreiben lassen. Vor allem auf Rinderfarmen werden Menschen gezwungen, ohne Badezimmer und Küche mitten auf den Farmen zu leben.

Auch in Ländern wie Italien ist die Lederindustrie durchzogen von Immigranten ohne feste Arbeitsverträge, langen Arbeitszeiten, unbezahlten Überstunden und unzureichendem Schutz vor der Vielzahl an verwendeten Chemikalien. Zahlreiche Arbeiter erkranken in der Folge an Muskel- und Skeletterkrankungen, Krebs sowie Hautkrankheiten.

Menschen stehen im Abwasser bei der Lederproduktion
Die Menschen in Billigproduktionsländern müssen knietief in den chemischen Gerbwässern stehen.

Vegane Lederschuhe als nachhaltige Alternative

Durch die Wahl veganer Schuhe retten wir nicht nur Millionen Tieren das Leben. Ökologische Vergleichsstudien wie der Higg Index zeigen eindeutig, dass die Produktion pflanzlicher und synthetischer Materialien deutlich umweltfreundlicher ist als die Haut qualvoll getöteter Tiere. [2]

Zudem gibt es heutzutage eine wachsende Zahl an plastikfreien oder plastikreduzierten veganen Optionen auf der Basis von Kork, Äpfeln, Weintrauben oder Ananas. Darin sieht auch Hoskins die Zukunft der Schuhindustrie: „Inzwischen gibt es sehr viele neue und nachhaltige Materialien, die nicht mit dem gleichen Maß an Gewalt hergestellt wurden wie Leder. Diese neuen Produkte sind langlebig, ungiftig, nachhaltiger als PVC- oder Polyurethan-Lederersatz, und einige [Materialien] können [als Recyclingmaterial] wieder in den Boden zurückgeführt werden.

So können Sie den Tieren und der Umwelt helfen

Setzen Sie sich für Menschen, Tiere und die Umwelt ein – entscheiden Sie sich künftig für vegane Schuhe. Zwar kann auch deren Produktion soziale und ökologische Probleme verursachen, doch viele vegane Hersteller setzen nicht nur auf tierfreien Materialien, sondern auch auf faire und ökologische Arbeitsbedingungen.

Hier finden Sie einige Modelle, die nicht nur vegan, sondern auch fair und umweltfreundlich sind:

  • Quellen

    [1] Hoskins, Tansy E. (2020): Foot Work. What your shoes are doing to the world. Weidenfeld & Nicolson; London.

    [2] Sustainable Apparel Coalition (2020): Higg Materials Sustainability Index. Online: https://msi.higg.org/page/msi-home (zuletzt eingesehen am xx.xx.2020)