Hohe Profite für Tierhäute
Fleischproduzenten witzeln, dass sie aus jedem Teil einer Kuh Geld machen, außer aus dem Muh. Nach dem Fleisch ist das wirtschaftlich wichtigste Produkt der Schlachthäuser die Haut der Tiere. [1] Selbst die Felle von Kühen aus der Milchindustrie werden zu Leder verarbeitet, sobald die Tiere nicht mehr genug Milch geben. Die Häute ihrer Kinder werden in teures Kalbsleder verwandelt.
Der wirtschaftliche Erfolg der Schlachthäuser und der Milch- und Mastbetriebe steht in solch engem Zusammenhang mit dem Verkauf von Häuten für Lederwaren, dass der brasilianische Fleischproduzent JBS nicht nur das größte Schlachthausunternehmen, sondern mit dutzenden Gerbereien auf dem gesamten Globus zugleich der größte Lederproduzent der Welt ist.

Welche Tiere werden für Leder getötet?
Ein Großteil der weltweit verarbeiteten Tierhäute stammt von Kühen, Büffeln und Kälbern. Leder wird aber auch aus der Haut von Pferden, Schafen, Lämmern, Ziegen und Schweinen hergestellt. Manche Tiere werden ausschließlich wegen ihrer schönen Häute gejagt und getötet.
Sogenannte Exoten, wie Alligatoren, Krokodile, Eidechsen und Schlangen, werden ihrer Häute und ihres Fleisches wegen sogar im großen Stil auf Farmen gezüchtet. Dem grausamen Ledergeschäft fallen auch Strauße, Zebras, Bisons, Wasserbüffel, Wildschweine, Kängurus, Elefanten, Aale, Haie, Delfine, Seehunde, Walrosse, Frösche und Schildkröten zum Opfer.
Bis heute wird über die Hälfte dieser Tiere für Schuhe aus Leder getötet, dicht gefolgt von Möbeln, Bekleidung und technischem Leder. [2] Ein weiterer wichtiger Abnehmer der Häute ist die, die für die Innenausstattung von Autos vor allem auf Rinderleder zurückgreift. [3]

Leiden für Leder
Um an die Häute zu kommen, erleiden die betroffenen Tiere oftmals alle Grausamkeiten der Tierhaltung: In überfüllten Ställen wird vielen Rindern und Schweinen jegliches natürliches Verhalten verwehrt. Zahlreiche Rinder erhalten schmerzhafte Brandzeichen, ihre Schwänze werden gestutzt, die Hörner gekürzt und weltweit werden sie ohne Betäubung kastriert.
Anschließend folgen der qualvolle Transport und die Schlachtung. Jedes Jahr werden allein in deutschen Schlachthöfen schätzungsweise 330.000 Kühe nicht ordnungsgemäß betäubt, bevor sie ausbluten und ihre Haut vom Körper geschnitten wird. [4]

Schlangen und Eidechsen werden für Schuhe, Handtaschen und Uhren aus Exotenleder oft lebendig gehäutet. Großen Schlangen wie Pythons wird ein Schlauch in den Mund eingeführt. Anschließend werden die Tiere mit Wasser vollgepumpt, damit sich die Haut löst.
Schlangen sind oft noch bei vollem Bewusstsein, wenn sie mit Haken oder Nägeln durch den Kopf an einen Baum geschlagen und ihnen die Haut vom Körper gezogen wird. Sie winden sich noch, wenn ihre gehäuteten Körper auf einen Haufen geworfen und zurückgelassen werden, bis sie schließlich an Schock oder Wassermangel sterben. Das kann bei Reptilien mehrere Tage dauern. [5, 6]

Wo wird Leder hergestellt?
Die weltweite Lederindustrie verarbeitet jedes Jahr die Häute von über 1,4 Milliarden Rindern, Ziegen und Schafen. [7] Ein Großteil der Tiere wird in Billigproduktionsländern ohne greifende Tierschutzgesetze wie China, Indien, Brasilien [8] oder Bangladesch getötet. Die Häute dieser Tiere werden anschließend auf der ganzen Welt verarbeitet und verkauft.
Besonders viele Häute stammen ursprünglich aus Indien. Da die Kuh dort als heilig gilt, glauben viele Menschen, dass die Rinder in Indien gut behandelt würden. PETA und ihre internationalen Partnerorganisationen konnten aufdecken, wie alte, kranke und verletzte Rinder eng zusammengepfercht auf Lastwagen gedrängt und zu weit entfernten Schlachthöfen transportiert wurden. Auf den holprigen Straßen fielen die Kühe auf den Ladeflächen der Laster übereinander und verletzen sich mit ihren spitzen Hörnern und Hufen. In den behelfsmäßigen Schlachthäusern angekommen, banden die Arbeiter den wehrlosen Tieren alle vier Füße zusammen und schnitten ihnen gewaltsam und ohne jegliche Betäubung die Kehle durch.

Leder zerstört die Natur
Die Herstellung von Leder ist nicht nur für Tiere, sondern auch für die Natur verheerend. Die Tierzucht an sich sorgt bereits für Umweltzerstörung und Ressourcenverschwendung in Form von Waldrodungen für den Anbau von Futtermitteln oder durch die großen Mengen methanhaltiger Ausscheidungen der Tiere, die massiv zur Erwärmung des Klimas beitragen. Nach der Tötung der Tiere geht die Verschmutzung weiter, denn nun werden ihre Häute mit Tonnen von Salz bedeckt.
Auf diese Weise werden sie an der Verwesung gehindert und können an Gerbereien auf der ganzen Welt geliefert werden. Laut Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) haben Gerbereien ihre Produktion größtenteils in Entwicklungsländer verlegt, da die Arbeit dort billig und Umweltstandards niedrig sind. [9]
In den Gerbereien angekommen, werden die sogenannten Rohhäute unter enorm hohem Wasserverbrauch weiterverarbeitet. Besonders gefährlich ist das Gerben mit schwer recycelbarem Chrom, womit heute 85 Prozent der weltweit vermarkteten Lederprodukte haltbar gemacht werden. Gerbereizusätze wie Formaldehyd, Schwefelsäure oder Natriumsulfat belasten die örtlichen Gewässer zusätzlich. [10]
Neben diesen Substanzen enthalten die toxischen Gerbereiabwässer enorme Mengen anderer Schadstoffe wie Proteine, Haare, Salze, Kalkschlamm, Sulfide und Säuren. Die giftige Schlicke wird nach Gebrauch häufig ungeklärt in der Natur entsorgt. Lebensräume für Mensch und Tier werden auf diese Weise langfristig verschmutzt.

Leder macht krank
Während in den wenigen deutschen Gerbereien strenge gesetzliche Regelungen zum Schutz der Arbeiter existieren, waten die Menschen in Billiglohnländern ohne jegliche Sicherheitskleidung durch die stark chemischen Gerblaugen und beziehen ihr Trinkwasser oftmals aus verseuchten Flüssen und Grundwasserquellen. Viele Menschen, die in Gerbereien arbeiten oder in deren Nähe leben, leiden an schweren Erkrankungen wie Hautausschlägen, Asthma, Lungenkrebs oder Leukämie. [10]
Wer Leder kauft und am Körper trägt, setzt sich ebenfalls Gesundheitsgefahren aus. Bei der Gerbung mit Chrom III kann das krebserregende und allergieauslösende Chrom VI entstehen. Dieses wird weltweit regelmäßig in Lederprodukten wie Schuhen, Taschen oder Jacken nachgewiesen. Auch in Lederartikeln in deutschen Geschäften sind immer wieder gefährlich hohe Rückstände von Chrom VI zu finden – so auch in Waren für Babys und Kinder [11,12].

Gibt es eine Kennzeichnungspflicht für Leder?
In China werden jedes Jahr geschätzte 2 Millionen Hunde und Katzen ihrer Felle und Häute wegen getötet und als Handschuhe oder Gürtel in alle Welt exportiert. Da es in Europa keine umfassenden Kontrollen bezüglich der Tierart von Lederwaren gibt, gelangen solche Hundelederprodukte womöglich unentdeckt nach Deutschland. Generell sind bei der Lederkennzeichnung keine Angaben über die Tierart, das Herkunftsland des Tieres noch Informationen über die benutzten Chemikalien eines Lederproduktes vorgeschrieben.
Auch Siegel wie „Made in Germany” beziehen sich ausschließlich auf den Ort der Lederverarbeitung. Ein Lederwarenhersteller aus Deutschland, der Leder aus Asien oder Indien verarbeitet, hat das Recht, „Made in Germany” auf seine Etiketten zu drucken. Wer Lederprodukte kauft, riskiert daher immer, sich mit der Haut qualvoll getöteter und misshandelter Tiere zu schmücken.

Pflanzlich gegerbtes Leder von Bio-Kühen als Lösung?
Kühe in der sogenannten Biotierhaltung haben nur unwesentlich mehr Platz zur Verfügung. Auch ihr Leben endet vorzeitig und in denselben Schlachthöfen, in denen ihre Artgenossen aus konventionellen Zuchtbetrieben getötet werden.
Zudem ist das Gerben mit pflanzlichen Gerbstoffen ein Nischenprodukt, da für dieselbe Menge Leder deutlich mehr Zeit und Energie aufgewendet werden muss und die benötigten Pflanzen wie Mimosa, Quebracho oder Rhabarberwurzel nur in geringer Anzahl zur Verfügung stehen.
Speziesismus: Tiere wollen nicht wegen ihrer Häute getötet werden
Würden Sie Schuhe tragen, die nicht aus Büffelleder, sondern aus Hundeleder gefertigt wurden? Oder Handtaschen aus Katzenleder statt Schlangenleder? Nein? Dann haben Sie das Prinzip des Speziesismus verinnerlicht. Speziesismus bezeichnet die Diskriminierung bestimmter Tierarten (Spezies) – je nachdem, welchen Nutzen sie für den Menschen bieten. Es ist eine willkürliche Einteilung, die der Mensch im Laufe der Jahrhunderte getroffen hat. Doch auch wir Menschen sind Tiere und haben kein Recht, uns anderen Spezies überlegen zu fühlen, sie als Kleidung zu tragen, an ihnen zu experimentieren, sie zu essen oder zu unserer Unterhaltung auszubeuten. Jede Tierart verdient ein glückliches und möglichst selbstbestimmtes Leben.
Unsere Kaufentscheidungen bestimmen, wie wir mit unseren Mitgeschöpfen umgehen. Nur tierleidfreie Alternativen sind eine ethisch vertretbare Lösung – auch wenn es um die Materialien für unsere Bekleidung geht.
Die Zukunft des Leders ist vegan
Echte Lederalternativen aus synthetischen und pflanzlichen Materialien sind zum Glück weit verbreitet. Während hochwertiges Kunstleder schon jetzt überall erhältlich ist, werden stetig neue Technologien entwickelt, um aus Pflanzenfasern lederartige Materialien herzustellen: Ananasleder, Weinleder aus den Traubenresten der Weinherstellung sowie Leder aus Pilzen und Kork. Diese Materialien sind nicht nur tierfreundlich, sondern zugleich umweltverträglich und ressourcenschonend.
In PETAs tierfreundlichem Einkaufsführer finden Sie weitere nützliche Tipps und eine Übersicht über lederfreie Schuh- und Modehäuser.
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Quellen
[1] Liu, Deng-Cheng (2001): Better Utilization of By-Products From the Meat Industry. Food & Fertilizer Technology Center for the Asian and Pacific Region.
[2] WDR (2016): Woher kommt unser Leder? 07.12.2016
http://www1.wdr.de/verbraucher/geld/koennes_kaempft-massenware-tierhaut-100.html[3] Majchrzak, Thomas (2014): Echtes Leder oder Kunstleder? Tierschutz in der Autoindustrie. 24.012.2014. Autogefühl
http://www.autogefuehl.de/2014/12/24/echtes-leder-oder-kunstleder-tierschutz-der-automobilindustrie/[4] Deutscher Bundestag, Tierschutz bei der Tötung von Schlachttieren, Drucksache 17/10021, 15.06.2012
[5] Rawstorne, Tom (2007): Pythons skinned and left to die. The shocking reality behind fashion’s new obsession. Daily Mail Online
http://www.dailymail.co.uk/femail/article-482849/Pythons-skinned-left-die-The-shocking-reality-fashions-new-obsession.html[6] Guardian Online (2013): Inside a snake slaughterhouse in Indonesia – in pictures, http://www.guardian.co.uk/artanddesign/gallery/2013/feb/20/snakes-indonesia-in-pictures (24.04.2013).
[7] Food and Agriculture Organization of the United Nations (2016): World statistical compendium for raw hides and skins, leather and leather footwear 1999-2015. http://www.fao.org/3/a-i5599e.pdf
[8] Presseportal Videos (16.11.2016): Tierqual für Autoleder: Rinder in Brasilien für Interieur von VW, BMW und Opel gefoltert [Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=d99pTucHIvw
[9] Committee on Commodity Problems (2001): Hides and Skins. UN Food and Agriculture Organization. Hides and Skins and Skins and Leather. Intergovernmental Group on Meat, Sub-Group on Commodity Profile and Strategy for Development, Seventh Session, 4–6 Jun. 2001
[10] Muralidhar, Venkiteswaran et al. (2017): Basic occupational health services (BOHS) in community primary care: the MSF (Dhaka) model. Global health BMJ Case Report. http://press.psprings.co.uk/bmj/march/occupationalhealth.pdf
[11] Clean Kids Magazin (2017): Gesundheitsgefahr – Chrom VI in Kindersandalen der Marke „Bio Street“. 10.02.2017
http://www.cleankids.de/2017/02/10/gesundheitsgefahr-chrom-vi-in-kindersandalen-der-marke-bio-street/63088[12] Handelsblatt (2014): Greenpeace warnt vor Lederschuhen. Handelsblatt, 09.04.2014
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/giftiges-chrom-greenpeace-warnt-vor-lederschuhen/9739424.html