Unter dem Begriff „Meeresfrüchte“ werden Meerestiere zusammengefasst, bei denen es sich nicht um Wirbeltiere handelt – und die auf dem Speiseplan vieler Menschen stehen. Empfindungsfähige Lebewesen als Früchte zu bezeichnen, ist nicht nur biologisch falsch, sondern auch moralisch nicht vertretbar.
Erfahren Sie hier, warum Muscheln, Schnecken, Tintenfische und Krebstiere kein empfindungsloses Obst sind. Sie sind fühlende Lebewesen, deren Bedürfnisse respektiert werden müssen und die das Recht auf ein leidfreies Leben haben.
„Meeresfrüchte“: Tiere wie Muscheln, Kraken und Krebse sind kein Obst
„Meeresfrüchte“ ist in der Alltagssprache und im Lebensmittelhandel eine gängige Bezeichnung. Sie verleitet Konsument:innen zu der Annahme, Muscheln, Meeresschnecken, Tintenfische sowie Krebstiere wie Hummer, Krabben und Garnelen seien empfindungslose Lebewesen oder sogar Früchte – doch das ist ein schwerwiegender Irrtum.
Sind „Meeresfrüchte“ vegetarisch?
„Meeresfrüchte“ sind nicht vegetarisch. Allgemein werden als „Meeresfrüchte“ Muscheln, Wasserschnecken, Tintenfische und Krebstiere wie Garnelen, Krabben, Hummer und Langusten bezeichnet. „Meeresfrüchte“ sind somit weder Obst noch Gemüse, sondern Tiere.
Kann man als vegan lebender Mensch Muscheln essen?
Eine vegane Ernährung basiert auf pflanzlichen Lebensmitteln. Muscheln sind jedoch Weichtiere und enge Verwandte von schmerzempfindlichen Schnecken und Kopffüßern. [1, 2] Veganer:innen essen also keine Muscheln.
Warum werden Tiere als „Meeresfrüchte“ bezeichnet?
Die Bezeichnung geht auf ein veraltetes Verständnis des Fischfangs als landwirtschaftliche Aktivität zurück, die im Mittelmeerraum weit verbreitet war.
„Niedere Tiere“: Wirbellose können Schmerz und Emotionen fühlen
Obwohl 99,99 Prozent aller Tierarten zur Gruppe der wirbellosen Tiere gehören, ist die Empfindungsfähigkeit vieler Wirbelloser noch unzureichend erforscht. [3] Nach dem aktuellen Stand der Forschung empfinden auch wirbellose Tiere wie Insekten, Schnecken, Spinnen, Krebstiere und Kopffüßer wie Kraken Schmerz und können durchaus ein Bewusstsein haben – unabhängig davon, ob ihre Gehirnstrukturen denen von Wirbeltieren ähneln oder nicht. [1]
Verschiedene Studien weisen beispielsweise darauf hin, dass Krebstiere Angst empfinden, Schmerz fühlen und sich auch an Schmerz erinnern können. [4-6] Kraken und andere Kopffüßer sind hochintelligente Lebewesen, [7] die ebenfalls Schmerz empfinden; die Wissenschaft spricht ihnen auch ein Bewusstsein zu. [8, 9]
Die speziesistische Bezeichnung Wirbelloser als „niedere Tiere“ oder im Hinblick auf Meerestiere als „Meeresfrüchte“ basiert darauf, dass diese Tiere keine Wirbelsäule haben und für viele Menschen daher weniger „wichtig“ sind als andere. Um sie möglichst ohne Gewissensbisse ausbeuten, quälen und töten zu können, spricht der Mensch ihnen ihre naturgegebenen Bedürfnisse und Wünsche ab.
Diese Abwertung fühlender Lebewesen ist nach dem derzeitigen Forschungsstand moralisch nicht vertretbar und basiert auf einer speziesistischen Denkweise. Speziesismus ist die grundsätzlich falsche Annahme, manche Lebewesen seien mehr wert als andere. Doch genau wie wir Menschen hat jedes Tier das Recht auf ein unversehrtes, glückliches und möglichst selbstbestimmtes Leben.
Die Bezeichnung von Tieren als „Früchte“ ist Verbrauchertäuschung
Laut den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches (DLMB) muss der Schutz von Verbraucher:innen vor Täuschung gewährleistet sein, beispielsweise durch die korrekte Bezeichnung von Nahrungsmitteln. Auf dieser Grundlage dürften empfindungsfähige Tiere im Handel eigentlich nicht als Früchte bezeichnet werden. Der irreführende Begriff „Meeresfrüchte“ verleitet Verbraucher:innen dazu, ohne Bedenken tierische Produkte zu konsumieren, ohne sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein. Gleichzeitig fördert diese Bezeichnung Unsicherheiten und Fehlannahmen bei Konsument:innen.
Sprache beeinflusst unser Denken und Handeln. Mit der Bezeichnung „Meeresfrüchte“ implizieren wir, Krebstiere und Weichtiere wie Muscheln, Tintenfische und Schnecken seien gefühllose, schwimmende Früchte, die man für den eigenen Verzehr wie selbstverständlich ihrer Heimat in den Meeren entreißen und qualvoll töten kann. Doch das Gegenteil ist der Fall: Auch diese Tiere sind empfindungsfähige und intelligente Lebewesen, die sich ein unversehrtes Leben ohne Leid wünschen.
Helfen Sie, Speziesismus zu beenden!
- Bitte bezeichnen Sie Tiere nicht als „Meeresfrüchte“, sondern als das, was sie sind: fühlende Lebewesen. Klären Sie auch Ihr Umfeld über die Problematik auf, und erklären Sie Familie, Freundi:nnen und Bekannten, warum die Bezeichnung falsch ist.
- Entscheiden Sie sich gegen den Konsum tierischer Produkte und genießen Sie tierfreundliche vegane Alternativen zu Muscheln, Tintenfisch, Garnelen, Fisch- und Hummerfleisch.
- Informieren Sie sich über die Tatsache, dass Tiere nicht dazu da sind, uns einen Nutzen zu bringen, sondern das Recht auf ein glückliches Leben haben.
-
Quellen
[1] Waldhorn, Daniela R. (2019): Invertebrate sentience: summary of dindings, part 2, https://rethinkpriorities.org/publications/invertebrate-sentience-summary-of-findings-part-2 (eingesehen am 03.03.2022)
[2] Crook, Robyn J. (2021): Behavioral and neurphysiological evidence suggests affective pain experience in octopus, https://www.cell.com/iscience/fulltext/S2589-0042(21)00197-8?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS2589004221001978%3Fshowall%3Dtrue (eingesehen am 03.03.2022)
[3] Ray, G. (2018) “Invertebrate sentience: Urgent but understudied”, Wild-Animal Suffering Research, January 19.
[4] Magee, B. & Elwood, R. W. (2013): Shock avoidance by discrimination learning in the shore crab (Carcinus maenas) is consistent with a key criterion for pain. In: The Journal of Experimental Biology 216. S. 353-358.
[5] Fossat, P. / Bacqué-Cazenave, J. / De Deurwaerdère, P. / Delbecque, J.-P. / Cattaert, D. (2014): Anxiety-like behavior in crayfish is controlled by serotonin.
[6] Opinion on the „Aspects of the biology and welfare of animals used for experimental and other scientific purposes“. In: The EFSA Journal 292, 1-46. S. 16. 2005, unterhttp://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/doc/292.pdf, (eingesehen am 01.03.2022)
[7] Zarrella I. / Ponte, G. / Baldascino, E. / Fiorito, G. (2015): Learning and memory in Octopus vulgaris: a case of biological plasticity. Curr Opin Neurobiol 35:74–79.
[8] Cambridge Declaration of Consciousness (2012), http://fcmconference.org/img/CambridgeDeclarationOnConsciousness.pdf (eingesehen am 02.03.2022)
[9] Birch, Jonathan et al. (2021): Review of the Evidence of Sentience in Cephalopod Molluscs and Decapod Crustaceans, https://www.lse.ac.uk/business/consulting/assets/documents/Sentience-in-Cephalopod-Molluscs-and-Decapod-Crustaceans-Final-Report-November-2021.pdf (eingesehen am 03.03.2022)