Vegane Seide: Die besten Alternativen zu tierischer Seide

Für die Produktion von Seide werden jedes Jahr rund 1,6 Billionen Seidenspinner und noch verpuppte Seidenraupen bei lebendigem Leib in kochendem Wasser verbrüht. Auch wenn gerne das Gegenteil behauptet wird: Ahimsa- oder Wildseide sind keine tierleidfreien Alternativen, denn auch für ihre Herstellung werden wild lebende oder nicht lebensfähige überzüchtete Raupen ausgebeutet.

Die einzige Seide, bei der Tiere nicht (aus)genutzt werden, sind Alternativen aus pflanzenbasierten und synthetischen Stoffen. Sie sind zudem besser für uns Menschen und die Umwelt. In diesem Beitrag finden Sie umfassende Informationen zu tierfreundlichen Seide-Alternativen.

Inhalte im Überblick

Was ist vegane Seide?

Als „vegane Seide“ wird eine Vielzahl unterschiedlicher Materialien bezeichnet, die eine tierfreundliche Alternative zu Seide tierischen Ursprungs bieten. Im Gegensatz zu ihrem tierischen Pendant werden für vegane Seide-Alternativen Raupen nicht bei lebendigem Leib gekocht und getötet. Auch sogenannte Ahimsa- oder Wildseide ist keine tierleidfreie Alternative, denn bei dieser Art von Seide lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob die Falter nach dem Schlüpfen wirklich in Freiheit leben durften. Teilweise werden die Tiere bei der Produktion von Ahimsa- oder Wildseide vorzeitig aus ihren Kokons herausgeschnitten.

Neben dem tierethischen Aspekt kann die Herstellung von Seide tierischen Ursprungs auch umweltschädliche Auswirkungen haben, denn sowohl bei der Seidenverarbeitung als auch beim Anbau der Nahrung für die Tiere setzen Herstellungsbetriebe teilweise auf chemische Mittel bzw. Pestizide.

Wie wird vegane Seide hergestellt?

Bei veganen Alternativen zu Seide unterscheidet man zwischen pflanzenbasierten und synthetischen Stoffen, die je nach Ausgangsmaterial und Verarbeitungsweise auf verschiedene Weise erzeugt werden. Synthetische Materialien werden unter anderem aus Erdöl hergestellt, pflanzenbasierte Stoffe etwa aus Pima-Baumwolle oder Sojabohnenschalen.

Vegane Seide: 8 tierfreundliche Alternativen

Pflanzenbasierte Alternativen

Die Grundlage bilden pflanzliche Ausgangsmaterialien wie Baumwolle oder Cellulose. Neben klassischen Naturfasern, die seit Jahrtausenden eingesetzt werden, werden heute auch Materialien chemisch aufbereitet, wodurch neue, innovative Stoffe mit funktionalen Eigenschaften entstehen.

1. Sojaseide

Sojafasern werden aus den Schalen von Sojabohnen gewonnen, die bei der Lebensmittelherstellung anfallen. Sojaseide ist glänzend, haltbar, warm und weich. Sie kann ohne Qualitätsverlust und ohne Einlaufen in der Maschine gewaschen werden. Je nach Herstellungsweise werden die Fasern recycelt oder biologisch angebaut. [2,3]

Zwei bunte Rollen aus Sojaseide.
Sojaseide besteht aus Sojafasern, die als Nebenprodukt bei der Sojabohnen-Verarbeitung anfallen.

2. Pima-Baumwolle

Pima-Baumwolle wird auch vegane Seide genannt. Sie ist atmungsaktiv, temperaturausgleichend und widerstandsfähig. Pima-Baumwolle zählt zu den stärksten, feinsten und weichsten Baumwollarten und hat von Natur aus einen ähnlichen Glanz wie Seide.

Als Naturmaterial ist Pima-Baumwolle zwar prinzipiell biologisch abbaubar, allerdings stammen bisher nur geringe Mengen aus dem Ökolandbau. Wer sich besonders nachhaltig kleiden möchte, sollte daher auf die Wahl von biologisch produzierten Produkten achten. [1]

3. Lyocellfasern

Die Cellulosefaser Lyocell wird aus Holz hergestellt und zu Materialien wie Tencel oder Modal weiterverarbeitet. Die Bäume werden aus nachhaltiger Forstwirtschaft bezogen, bevorzugt werden schnell wachsende, robuste Baumarten wie Eukalyptus, die ohne künstliche Bewässerung und Pestizide auskommen.

Im Gegensatz zu Viskose ist das Herstellungsverfahren von Lyocell umweltfreundlicher und frei von toxischen Lösungsmitteln. Es verbraucht weniger Wasser und Energie, und die Faser gilt als biologisch abbaubar sowie leicht recycelbar. Tencel lässt sich vielseitig einsetzen und kann je nach Webart nicht nur Eigenschaften von Seide, sondern auch von Wolle und Wildleder annehmen. [4]

Tencelgarn
Zahlreiche Eigenschaften machen Lyocell zu einem beliebten Material in der Textilindustrie.

Synthetische Alternativen

Synthetische Stoffe werden mit chemisch-technischen Verfahren hergestellt bzw. im Labor synthetisiert. Dabei lassen sich Materialien mit teils unterschiedlichen Eigenschaften herstellen, die flexibel und je nach Bedarf angepasst werden können.

1. Nylon

Mit entsprechenden Verarbeitungsmethoden kann Nylon der Optik und Haptik von Seide tierischen Ursprungs ähneln. Das Material ist elastischer und langlebiger als Seide und galt in den Anfangszeiten als günstige Seide-Alternative. Im Vergleich zu tierischen Fasern sind Nylonfasern glänzender, leichter, reißfest, knitterfrei und mottensicher. Zudem lassen sie sich gut färben. Verschiedene Unternehmen arbeiten mittlerweile mit recyceltem Nylon. [5]

Eine Alternative zu herkömmlichen Polyester- und Nylonfäden ist sogenanntes HeiQ AeoniQ-Garn, das von der Marke Hugo Boss gemeinsam mit HeiQ entwickelt wurde. Verglichen mit Garnen aus Kunststoff ist dieses Zellulosegarn laut den Herstellern nachhaltig, kreislauffähig und recycelbar. [6]

Bunte Garne aus Nylon.
Nylon wurde als Alternative zu Seide entwickelt und wird für verschiedenste Produkte verwendet.

2. Polyester

Polyesterseide besteht aus Polyesterfäden und ist optisch kaum von Seide tierischen Ursprungs zu unterscheiden. Das feine Gewebe bietet aber auch weitere Vorteile, wie etwa eine kostengünstige Herstellung und ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten. Bei der Herstellung von Polyesterseide, auch Kunstseide genannt, kommen verschiedene Verfahren und Materialien zum Einsatz. [7]

3. Viskose

Die Cellulosefaser Viskose wird aus dem Holz von Bäumen wie Buchen, Fichten, Bambus oder Eukalyptus gewonnen. Da bei der Herstellung des Garns aus den Fasern verschiedene Chemikalien eingesetzt werden, ist Lyocell eine umweltfreundlichere Alternative.

Zu den positiven Eigenschaften von Viskose zählt, dass sie pflegeleicht ist und Feuchtigkeit gut absorbiert. Optisch ähnelt sie Seide und sorgt für ein glänzendes Aussehen. Dadurch eignet sich Viskose zum Beispiel hervorragend für Anzüge und als Alternative zu Seide.

Eine beige Bluse aus Viskose.
Viskose-Stoffe werden aus Cellulose gewonnen. Sie wirken kühlend und fallen schön luftig-locker.

4. Weitere Zellulosefasern – Cupro und Naia

Die Cupro-Faser wird aus Nebenprodukten der Baumwollverarbeitung oder anderen zellulosebasierten Stoffen gewonnen. Wie Viskose, Modal und Lyocell zählt auch Cupro zu den Zellulosefasern. Der Stoff ist weich, atmungsaktiv und waschmaschinengeeignet. Früher kam bei der Produktion eine giftige Kupfer-Ammoniak-Lösung zum Einsatz, die mittlerweile verboten ist. Bei der heutigen Herstellung werden die Chemikalien laut Hersteller in einem geschlossenen Wasserkreislauf vollständig zurückgewonnen, und das Endprodukt ist biologisch abbaubar. [8] Wie schön Mode aus Cupro sein kann, zeigt die PETA-zertifizierte Marke niLuu.

Auch Naia™ ist eine Seide-Alternative auf der Basis von Zellulose. Sie wird aus nachhaltig bewirtschafteten Kiefern- und Eukalyptuswäldern und -plantagen gewonnen und in einem geschlossenem Kreislaufverfahren hergestellt. Wie Cupro ist auch Naia Oeko-Tex-zertifiziert und laut Hersteller ebenfalls biologisch abbau- und kompostierbar, was vom TÜV Austria bestätigt wurde. [9]

Alternativen aus biotechnologischen Verfahren

Derzeit werden neue, innovative Produkte als Alternativen zu Seide entwickelt, die künftig nicht nur in der Bekleidungsindustrie, sondern auch in der Medizin zum Einsatz kommen könnten. Obwohl sie bis zur Marktreife teilweise noch etwa Zeit benötigen, versprechen sie großes Potenzial.

Seidenproteine aus Hefezellen oder Bakterien

Bei der Imitation des Seidenproteins könnten in Zukunft biotechnologische Verfahren eine Rolle spielen. So haben einige Unternehmen wie Spiber, Amsilk oder Bolt Threads bereits versucht, aus Hefezellen oder Bakterien Seidenproteine herzustellen, welche die Eigenschaften von Seide tierischen Ursprungs kopieren. Daraus ist ein vielseitig einsetzbares Garn entstanden, das in der Bekleidungsindustrie, aber auch in der Medizin und in anderen Bereich zum Einsatz kommen kann. Mit diesem tierfreien Verfahren könnte sich die Tötung von Seidenspinnern künftig beenden lassen.

Warum ist Seide nicht vegan?

Für die Herstellung von Seide werden Seidenraupen bzw. Seidenspinner in einer Form der Massentierhaltung gezüchtet und getötet. Die Insekten produzieren in kleinen Drüsen im Mund proteinhaltige Seidenfäden, in denen sie sich einspinnen, verpuppen und im Kokon auf ihre Metamorphose vorbereiten. Um an den Faden zu gelangen, werden die Tiere in ihren Kokons bei lebendigem Leib gekocht oder mit heißem Dampf getötet.

raupen in heissem wasser
Für Seide werden Raupen getötet, indem sie lebendig in kochendem Wasser verbrüht werden.

Die Zukunft der Seide ist vegan

Heutzutage gibt es eine Fülle an erstklassigen Seide-Alternativen aus tierfreundlichen Quellen, welche die Eigenschaften von Seide tierischen Ursprungs nahezu vollständig imitieren. Diese Materialien bieten sogar noch einen weiteren Vorteil: Sie locken keine Kleidermotten und Teppichkäfer an, die sich von den Eiweißfasern tierischer Seide ernähren und Kleidungsstücke häufig zerstören.

Neben den genannten sind auch weitere Alternativen wie Rose Sylk oder Ramie erhältlich, die aktuell allerdings nur in geringem Umfang oder von einzelnen Modeunternehmen angeboten werden.

Angesichts der Vielzahl an erstklassigen Seide-Alternativen gibt es keine Entschuldigung dafür, Tiere bei lebendigem Leib zu kochen und zu töten.

So helfen Sie Tieren in der Modeindustrie

In der Bekleidungsindustrie werden nicht nur Seidenspinner, sondern viele weitere Tiere für die Produktion von Daunen, Leder oder Wolle ausgebeutet, gequält und getötet. Eine der Ursachen für die grausame Behandlung von Tieren durch den Menschen liegt in der sogenannten speziesistischen Denkweise. Der Speziesismus stuft Tiere als Objekte ein und legitimiert damit ihre Nutzung für menschliche Zwecke.

Diese Ausbeutung lässt sich nur dann beenden, wenn wir die Vorstellung aufgeben, Menschen hätten einen höheren Wert als andere Tiere. Bitte helfen auch Sie, diesen Wandel voranzubringen und tragen Sie ausschließlich tierfreundliche, vegane Bekleidung.