Zoo Hannover quält Elefanten – alles zum Verfahren von 2017

PETA hatte im Frühjahr 2017 Aufnahmen veröffentlicht, die zeigten, wie bereits Babyelefanten im Erlebniszoo Hannover geschlagen und gequält werden, damit sie für die Besucher zirkusähnliche Tricks vorführen. Dazu benutzen die Zoowärter den Elefantenhaken – einen Stock mit spitzem Metallhaken –, um die Tiere gefügig zu machen. PETA stellte daraufhin Strafanzeige. Was geschah danach?

Juli 2017: Augenzeugin beobachtet weitere Schläge im Zoo Hannover

Im Juli 2017, während des laufenden Ermittlungsverfahrens, berichtete uns eine Augenzeugin von weiteren Misshandlungen von Elefanten im Zoo Hannover. Auch sie beobachtete, wie die Elefanten willkürlich und gewaltsam von den Zoowärtern geschlagen wurden. Hier ein Auszug aus ihrem Bericht:

„Die Pfleger betraten das Gehege und sofort war Stress unter den Tieren zu spüren. Was ich dann sah, macht mich heute immer noch sehr wütend und unheimlich traurig. […] Ich habe beobachtet, wie ein Tierpfleger direkt auf einen Elefanten zugegangen ist und ihm mit Gewalt (er hat mit seinem Arm ausgeholt) den Haken in die Haut gerammt hat.“

Dies zeigt, dass es seitens des Zoo Hannover zu keiner Einsicht gekommen ist und der gewaltsame Einsatz des Elefantenhakens weiterhin geduldet wird. Noch immer können es sich die Zoowärter erlauben, die Tiere in aller Öffentlichkeit vor den Augen der Besucher zu schlagen.

Ein Leben in ständiger Angst

Auffällig ist auch, dass der Augenzeugin auffiel, wie der Stresspegel bei den Elefanten stieg, sobald die Zoowärter sich ihnen näherten. Diese Beobachtung passt zu der Einschätzung der Elefantenexpertinnen Margaret Whittaker und Carol Buckley, dass sich die Tiere durch die ständige Bedrohung und Gewalt in Alarmbereitschaft befinden und unter psychischem Stress leiden.
 

  • Elefantenexpertinnen bestätigen Tierquälerei

    PETA hat zwei international renommierten Elefantenexpertinnen mehrere Stunden des Recherche-Videomaterials aus dem Zoo Hannover zur Bewertung vorgelegt.

    Carol Buckley, Gründerin von Elephant Aid International, kommt zu dem Ergebnis, dass die Elefanten mit roher Gewalt trainiert und ihnen wiederholt Schmerzen zugefügt werden. Dies kann bei den sensiblen Tieren auch lebenslange Traumata bewirken. Die Elefanten leben in einem ständigen Umfeld der Einschüchterung. Carol Buckley zufolge dient das Training keinem anderen Zweck, als den Elefanten zirkusähnliche Tricks beizubringen, um die Besucher zu unterhalten
    [Download der Expertise englisch / deutsch].

    Margaret Whittaker berät seit Jahrzehnten Zoos und Auffangstationen bei der Haltung von Elefanten. Sie bestätigt ebenfalls den gewaltvollen, kontrollierenden Umgang mit den Elefanten und empfiehlt dem Zoo eine sofortige Umstellung auf die Haltungsform „Geschützter Kontakt“, um die Lebensqualität der Elefanten entscheidend zu verbessern
    [Download der Expertise englisch / deutsch].

Diese Tierquälerei muss schnellstmöglich beendet werden. Wir haben die Beobachtungen der Augenzeugin an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet und Strafanzeige erstattet.

August 2017: Ermittlungsverfahren wird eingestellt

Unglaublich sind dabei die Begründungen der Staatsanwaltschaft, warum das Verfahren gegen den Zoo Hannover eingestellt wurde. Zum Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft hatte als Sachverständige drei vermutlich stark voreingenommene Gutachter aus zoo-nahen Kreisen bestellt – Prof. Dr. Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, den Osnabrücker Zoodirektor Herrn Dr. Böer sowie den ehemaligen Zoodirektor des Tierpark Hagenbeck, Herrn Dr. Hering-Hagenbeck. Zusätzlich hierzu hatte PETA zwei zoo-unabhängige Stellungnahmen der Elefantenexpertinnen Carol Buckley und Margaret Whittaker eingeholt. Interessanterweise wurde jedoch besonders das erste, von der Staatsanwaltschaft selbst angeforderte Gutachten aus fadenscheinigen Gründen kritisiert und letztlich ignoriert.

  • Zoo-unabhängige Stellungnahmen

    Die von PETA eingereichten Stellungnahmen wurden ebenfalls abgewiesen. Bezüglich der Stellungnahme von Carol Buckley, Gründerin von Elephant Aid International, hieß es, sie sei „unerfahren im Umgang mit Elefanten“. Zur Stellungnahme der Elefantenexpertin Margaret Whitaker äußerte die Staatsanwaltschaft, „dass diese ihre Qualifikation auf eine langjährige Erfahrung in der Tierpflege stütze, allerdings keinen wissenschaftlichen Hintergrund in Anspruch nehmen könne.“ – Wie soll man diese Argumentation nur verstehen? Welche Qualifikation müsste man also vorweisen können, um den Ansprüchen Genüge zu tun?
     

  • Zweites Gutachten

    Letztendlich beruft sich daher die Staatsanwaltschaft ausschließlich auf das Gutachten von Dr. Hering-Hagenbeck. Zu diesem Gutachten heißt es:

    „Zwar komme es in einigen Sequenzen zu einem übertriebenen und unangemessenen Einsatz des Elefantenhakens, die Indizien für ein sehr strenges und hartes Training im Zoo Hannover dokumentierten; die Filmszenen seien aber insgesamt zu kurz, um eine umfassende Beurteilung vornehmen zu können. […] Im Einzelnen sei aus dem Material erkennbar, dass durch praktische Einsätze des Elefantenhakens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Schmerzreize verursacht wurden. Dafür sprechen insbesondere die direkten Reaktionen der Tiere. Da bei den Elefanten jedoch keine anhaltenden Verhaltensänderungen oder Verletzungen zu beobachten seien, könnten länger anhaltende oder erhebliche Schmerzen für die betroffenen Tiere nicht nachgewiesen werden.“
     

  • Erstes Gutachten

    Bezüglich des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Hackbarth von der Tierärztlichen Hochschule Hannover und Herrn Dr. Böer, Zoodirektor in Osnabrück, heißt es im Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft wörtlich:

    „Bei den auf den Videosequenzen dargestellten Situationen sei hingegen zu erkennen, dass die Tiere durchaus erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden erlitten hätten, wobei hier allerdings keine Zeichen für Rohheit erkennbar seien. Die Zufügung von erheblichen Schmerzen bzw. Leiden sei jedoch ausweislich des zur Verfügung gestellten Beweismaterials wiederholt geschehen.“

    Allerdings wurde dieses Gutachten nicht berücksichtigt: „Das Gutachten hält insgesamt einer kritischen Überprüfung nicht stand.“ Bemängelt wurde hierbei, dass sich die Sachverständigen in ihrer Darlegung nicht ausreichend mit der „Schmerz- bzw. Leidensfähigkeit von Elefanten und zur Beschaffenheit der Elefantenhaut“ befasst hätten. Außerdem sei „[…] nicht schlüssig dargestellt, inwieweit es tatsächlich zu einer erheblichen körperlichen Beeinträchtigung eines Elefanten gekommen ist.“
     

Fazit

Selbst diese Aussagen und Indizien wurden als nicht ausreichend gewertet, um Anklage gegen die Elefantenquäler zu erheben. Außerdem wird seitens der Staatsanwaltschaft argumentiert: „Weder auf Bildern noch auf Videosequenzen waren konkrete Verletzungen erkennbar.“

Die alleinige Fokussierung auf Verletzungen ist irrational, unwissenschaftlich und zeugt von völliger Rechts- und Fachunkenntnis. Sie lässt vermuten, dass hier aus sachfremden Erwägungen ein Verfahren niedergeschlagen werden sollte. Der Staatsanwalt, von keinerlei Fachkenntnis getrübt, hält Fachgutachten von ausgewiesenen Experten wie Prof. Hackbarth und Dr. Böer für nicht sachgerecht, obwohl alle anderen Gutachten auch erhebliche Leiden und Schmerzen bei den Elefanten attestiert hatten.
 

Konsequenzen

Dabei haben die Zooverantwortlichen, die PETA der Lüge bezichtigen, selbst gegenüber der Staatsanwaltschaft gestanden: „Auch habe man das Training mit den Tieren dabei noch einmal vollständig überdacht. Übungen, die keinen edukativen, tiermedizinischen oder tierbeschäftigenden Hintergrund hatten, würden nicht mehr durchgeführt.“ Außerdem habe man „die Arbeitsanweisungen für die Elefantenpfleger“ vollständig überarbeitet. Und: „Sowohl die Bullenanlage als auch die übrigen Anlagen würden künftig erweitert und dergestalt umgebaut, dass ein verändertes Management (zum Beispiel der gesicherte Kontakt zu den Tieren) möglich sei.“ Damit räumen die Zoo-Verantwortlichen Dressuren der Elefanten ein, die sie gegenüber der Öffentlichkeit immer wieder geleugnet hatten. Die Recherchen von PETA führen somit zu einer zeitnahen Abschaffung der in Hannover noch angewendeten, aber völlig veralteten Haltung im „Direkten Kontakt“.

PETA hat Beschwerde eingelegt und setzt sich weiter für eine Sanktionierung und ein Ende der Elefantenquälerei ein.

Oktober 2017: PETA reicht neues Expertengutachten ein

Wir legten dem langjährigen Elefantenkurator und Zootierarzt des Kölner Zoos, Dr. Olaf Behlert, Videoaufnahmen zur Begutachtung vor. Dr. Olaf Behlert war über 25 Jahre Kurator für Elefanten und 30 Jahre Zootierarzt im Kölner Zoo, bevor er 2016 altersbedingt in Rente ging.

Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft

Der Experte lässt in seiner 18-seitigen Bewertung des mehrstündigen Filmmaterials keine Zweifel offen, dass den Elefanten hier vorsätzlich erhebliches Leid durch das Personal zugefügt wurde und „eindeutige und schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz“ vorliegen. PETA hat bei der Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens eingelegt und das Gutachten von Dr. Behlert nun als zusätzliches Beweismittel eingereicht.
 

Experte lässt keine Zweifel offen

Während die Hannoveraner Zooverantwortlichen behaupten, die Elefanten müssten keine Dressurtricks mehr ausüben, betont Dr. Behlert in seiner Bewertung des circa sechsstündigen Videomaterials, dass

„alle auf den CDs beobachteten Eingriffe […] eine reine Dressur“ darstellen. „Nicht eine Szene beinhaltete Vorgänge, welche man veterinärmedizinischen Maßnahmen zuordnen könnte. […] Es bedeutet für die Elefanten ein erhebliches Trauma kaum abschätzbaren Ausmaßes, in solch einem ‚Haken‘-Umfeld aufzuwachsen und zu leben. […] Die physischen Gewalteinwirkungen sind gleichwertig zu der psychologischen Traumatisierung zu werten.“
 

Januar 2018: Einstellung des Ermittlungsverfahrens bestätigt

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat die Einstellung des Ermittlungsverfahrens bestätigt. Der Grund: Es sei nicht hinreichend nachgewiesen, dass den Elefanten durch den gewaltvollen Umgang im Zoo Hannover „erhebliche Schmerzen und Leiden“ zugefügt wurden.
 

So heißt es in der Begründung der Generalstaatsanwaltschaft:

„Der Sachverständige Dr. Hering-Hagenbeck hat auf der Grundlage nachvollziehbarer und plausibler Ausführungen das Folgende dargelegt: Die auf einigen Szenen mit stark übertriebener Härte durchgeführten Einsätze des Elefantenhakens verursachten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unmittelbare Schmerzen bei dem betroffenen Tier, wofür die direkten Reaktionen des Tieres sprächen. Soweit es unter Berücksichtigung der Tierart beurteilt werden könne, sei aber angesichts des Umstandes, dass keine anhaltenden Verhaltensänderungen und Verletzungen an den Tieren zu beobachten seien, davon auszugehen, dass es sich in den herausgestellten Szenen nicht um erhebliche Schmerzen für die Tiere gehandelt habe.“
 

Das heißt im Klartext: Der Gutachter Dr. Hering-Hagenbeck stellte fest, dass die Elefanten in Hannover mit Gewalt trainiert und ihnen beispielsweise durch Schläge mit dem Elefantenhaken Schmerzen zugefügt wurden. Die Misshandlung der Elefanten ist nach Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft jedoch nicht gravierend genug, damit es für eine Anklageerhebung reicht.

Voreingenommene Gutachter

Unfassbar ist auch, dass nur ein einziges der mittlerweile fünf vorliegenden Gutachten Berücksichtigung fand – nämlich das einzige, das die „erheblichen Schmerzen und Leiden“ der Tiere nicht bestätigt sah. Gutachter Dr. Hering-Hagenbeck hält selbst Elefanten im Tierpark Hagenbeck in Hamburg. Die Elefanten dort werden ebenfalls in der völlig überholten und tierquälerischen Haltungsform im „Direkten Kontakt“ gehalten, viele leiden an Verhaltensstörungen. Genau wie im Zoo Hannover wird im Tierpark Hagenbeck hart mit dem Elefantenhaken gearbeitet – befangener kann ein Gutachter nicht sein.

Im Übrigen sind die von PETA vorgelegten Aufnahmen authentisch und nicht manipuliert. Auch dies ist nunmehr anerkannt.

Sommer 2018: Haltung ohne Elefantenhaken beginnt

Im Sommer 2018 hat der Zoo Hannover mit provisorischen Maßnahmen die Umstellung zum „Geschützten Kontakt“ begonnen, bei dem die Elefanten nicht mehr mit dem Elefantenhaken geschlagen werden. Allerdings hat der Zoo auch eine fünfköpfige Familiengruppe der Asiatischen Elefanten an den belgischen Zoo Pairi Daiza abgegeben, um Platz für die Umbauarbeiten am Gehege zu machen. Für Showvorstellungen und tägliches Reiten dressiert der Tierpark nahe Brüssel die Elefanten mit dem Elefantenhaken – sie sind dort also weiteren Misshandlungen ausgesetzt.
 

Wie geht es nun weiter?

Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Misshandlung von Elefanten in deutschen Zoos aufhört! Egal welche Haltungsform ein Zoo praktiziert: Elefanten können in Gefangenschaft niemals artgerecht leben.