
Die Entscheidung, was auf unseren Tellern landet, ist längst keine Privatsache mehr. Die Wissenschaft ist sich einig, dass unsere Ernährung maßgeblichen Einfluss auf unsere Umwelt und damit auf unsere Zukunft hat [1]. Denn die tierhaltende Landwirtschaft tötet nicht nur jedes Jahr Milliarden Lebewesen, sie gehört zu den ressourcenintensivsten und umweltschädlichsten Wirtschaftszweigen unserer Zeit [2]. Die derzeitige landwirtschaftliche Tierhaltung bedroht die Lebensgrundlagen von Menschen und Tieren und ist, zumal wir Alternativen haben, ethisch nicht zu rechtfertigen.
Gemeinsam ackern für die Tiere
Was wäre, wenn wir allein in Deutschland plötzlich 4,9 Millionen Hektar Landfläche zur freien Verfügung hätten, da wir Tiere nicht mehr „nutzen“? Was wäre, wenn pflanzliche Alternativen im Supermarkt immer die günstigste Option wären, da wir Milliarden an landwirtschaftlichen Subventionen in nachhaltige, tierfreie Anbauweisen investieren?
Wie der dafür notwendige Umstieg auf eine tierfreie Landwirtschaft in Deutschland gelingen kann und welche immensen Vorteile damit verbunden sind, ist Gegenstand von PETAs Ausstiegsplan aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung.
Ausstieg aus der Tierwirtschaft: Strategien für Deutschland
Die deutsche Landwirtschaft ist nicht nur durch Klimaveränderungen gefährdet. Immer mehr Menschen akzeptieren auch das Leid der Tiere in den Ställen nicht mehr und möchten Veränderungen. Es ist Aufgabe der Politik, den Ausstieg aus der Tierhaltung und den Umstieg auf ein tierfreies Landwirtschafts- und Ernährungssystem anzutreiben, aber auch zu steuern und sozial gerecht zu gestalten. PETAs Ausstiegsplan legt die dafür notwendigen Maßnahmen und Strategien vor und zeigt ihre Vorteile für Deutschland und die Weltgemeinschaft auf.
Jeweils unterteilt in finanzielle und nicht-finanzielle Prozesse werden praktische Vorschläge für einen beschleunigten Ausstieg aus der Tierhaltung sowie für einen beschleunigten Ausbau der veganen Ökolandwirtschaft und alternativen Lebensmittelproduktion gemacht. Nicht-finanzielle, sofort anwendbare Maßnahmen umfassen etwa Aufklärungs- und Informationskampagnen über die schädlichen Auswirkungen der Tierwirtschaft und die Vorteile einer pflanzlichen Ernährung, sowie zudem die Verschärfung von Tierhaltungsbedingungen und Förderung von nachhaltigen Produktionsweisen. Finanzielle Maßnahmen beschreiben beispielweise die ohnehin seit langer Zeit geforderte erhöhte Mehrwertsteuer auf tierische Produkte sowie die Umverteilung von Agrarsubventionen für Ausstiegsprogramme aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung und den Ausbau des Ökolandbaus.
Vegan betrifft nicht die Anbauweise
Wenn ein Produkt im Supermarkt als „vegan“ gekennzeichnet ist oder wie Obst und Gemüse per se als vegan angesehen wird, dann bezieht sich das auf die Zutaten und die Verarbeitung. Nicht einbezogen ist jedoch die Anbau- und Ernteweise. Deshalb können vegane Lebensmittel durch den Einsatz von beispielsweise Gülle oder Schlachtabfällen ebenfalls an Tierleid gekoppelt sein. Hinzu kommt, dass die konventionelle Anbauweise zwar momentan mehr Erträge bringt, aber damit verbundene Monokulturen sowie der Pestizideinsatz schädlich für die Umwelt sind – damit stellt sie eine reale Bedrohung für unsere Wildtiere dar, die meist, ohne gesehen zu werden, an den Folgen sterben.
In unserem Ausstiegsplan fordern wir deshalb neben der tierfreien auch eine ökologische Landwirtschaft. „Bio“ bezieht sich aber nur auf die Anbauweise und nicht auf die spätere Verarbeitung. Kurz: Bio für die Wildtiere und unsere Umwelt, tierfrei für die Tiere in den Ställen. Das heißt, veganer Ökolandbau ist für uns alle gut – auch für unsere Gesundheit.
Chancen des veganen Ökolandbaus
Von dem notwendigen Um- und Ausstieg werden viele verschiedene Akteur:innen und Produktionszweige betroffen sein – und doch dürfen wir keine Zeit mehr verlieren und sollten anfangen, gemeinsam für die Tiere zu ackern. Denn die Möglichkeiten einer tierfreien Landwirtschaft gehen weit über die Abmilderung der Klimakatastrophe hinaus. Millionen Tiere in Deutschland leiden nicht mehr in den Ställen, Transportern und Schlachthäusern, aber auch unsere Wildtiere bekommen Lebensräume zurück und werden – genau wie wir – vor beispielsweise schädlichen Pestiziden und Düngern geschützt.
-
Ergänzungen zum Ausstiegsplan:
- Explizit wird in unserem Plan kein Ausstieg aus der Fischerei oder Jagd angesprochen – wir fordern ganz klar einen Ausstieg aus jeglicher Tiertötung, kommerziell oder nicht!
- Menschenrechtsverletzungen finden durch die tierhaltende Landwirtschaft in Deutschland nicht nur in Bezug auf eine ungerechte Verteilung von Nahrung und intergenerationelle Ungerechtigkeit außerhalb von Deutschland statt, sondern auch real in Deutschland. Etwa bei Schlachthof-Mitarbeitenden, die unter fürchterlichen Arbeitsbedingungen ausgebeutet werden. [3]
- Desinformationen werden nicht nur von Lobbyverbänden und der Industrie gestreut, auch das deutsche Landwirtschaftsministerium bringt beschönigende Beschreibungen der landwirtschaftlichen Tierhaltung in den Umlauf. [4, 5]
- Der Ausstiegsplan stellt dar, dass neuartige Produktionsverfahren große Chancen für Deutschlands Ökonomie, Ökologie und den sozialen Bereich bedeuten, denn:
- Mit Präzisionsfermentation lassen sich unter Einsatz von beispielsweise Hefe ressourcenschonend wichtige Proteine herstellen, teils auch aus sonst nicht essbaren Pflanzenteilen.
- Mit der Kultivierung von Fleisch, vertikal Farming oder durch photovoltaisch erzeugtes mikrobielles Protein werden Millionen Hektar Land frei und kein Tier muss mehr sterben.
- Produkte aus alternativen Proteinen, etwa Hülsenfrüchten, stehen schon heute zahlreich zur Verfügung.
- Die Bodenqualität wird erheblich verbessert und geopolitische Abhängigkeiten können durch eigenen Anbau von Grundnahrungsmitteln verhindert werden.
- Landwirtschaftliche Insolvenzen werden durch zielgerichtete Subventionen verhindert.
- Alle diese Punkte haben unmittelbare, positive und nachhaltige Auswirkungen auf die Volks-, Markt- und Landwirtschaft des Landes.
- Nach heutigem Wissen stellen tierische Produkte keine Grundnahrungsmittel mehr dar. Der Steuersatz sollte auf mindestens 19 % angehoben werden, bei gleichzeitiger Senkung der Mehrwertsteuer auf pflanzenbasierte und sonstige nachhaltige und vegane Alternativen auf 0 %. Dies wird seit längerem auch vom Umweltbundesamt gefordert. [6] Die zusätzlichen Steuereinnahmen dürfen nicht wieder in die Tierhaltung fließen, etwa in „bessere“ Ställe. Stattdessen sollten sie beispielsweise in Ausstiegs- und Umstiegsprämien für Landwirt:innen investiert werden. [7]
- Damit die künftigen Möglichkeiten der Politik nicht weiter schwinden und gleichzeitig immer teurer werden, braucht es zügig einen Wandel in unserer Ernährung und Landwirtschaft. Bereits im Jahr 2025 belaufen sich die Umweltkosten der Fleischproduktion alleine in Deutschland auf 21 Milliarden Euro jährlich. Hinzu kommen Gesundheitskosten durch den Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch in Höhe von 16 Milliarden Euro. [8]
- Dass bio-vegan im Trend ist, zeigt eine Zahl sehr deutlich: 2025 stammten 65 % der pflanzlichen Milchgetränke aus der tierfreien und nachhaltigen Landwirtschaftsform. [9] Prof. Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft (BNW), bestätigt, dass sich für die deutschen Landwirt:innen hier ein neuer Absatzmarkt eröffnet. Außerdem appelliert sie an die neue Bundesregierung, den Ökolandbau in Deutschland zügig auf das 30-%-Ziel auszubauen: „Gesunde Bio-Böden verbessern die Lebensgrundlage von Bäuer:innen, die Lebensmittelsicherheit und die Klimafolgenanpassung. Jetzt in Bio zu investieren, hilft Bäuer:innen trotz Klimawandel erfolgreich zu wirtschaften und macht sie zu aktiven Partner:innen im Umweltschutz“. [10]
Wie auch Sie für die Tiere ackern können
Mit der Entscheidung für eine rein pflanzliche Lebensweise können Sie bereits jetzt jeden Tag zu einem Ausstieg aus der landwirtschaftlichen Tierhaltung beitragen. Außerdem können Sie die Politik auffordern, PETAs Ausstiegsplan in die aktuellen Debatten mit einzubeziehen. Unterschreiben Sie unsere Petition – wenn wir gemeinsam für die Tiere ackern, können wir den Umstieg auf eine tierfreie, gerechte und nachhaltige Landwirtschaft vollziehen.
-
Quellen
[1] Schlesier H. et al. (2024): Measuring the Doughnut: A good life for all is possible within planetary Boundaries, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959652624008953 (eingesehen am 30.04.2025)
[2] Shepon et al. (2018): The opportunity cost of animal based diets exceeds all food losses, https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1713820115 (eingesehen am 30.04.2025)
[3] taz (2021): Ausbeutung in der Fleischindustrie „Diesen Job würde kein Deutscher machen“, https://taz.de/Ausbeutung-in-der-Fleischindustrie/!5791699/ (eingesehen am 30.04.2025)
[4] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2025): Landwirtschaftliche Tiere, https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/nutztiere_node.html (eingesehen am 30.04.2025)
[5] NABU (Naturschutzbund Deutschland) e. V. (2019): Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes (DBV), https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/landwirtschaft/agrarreform/190429-studie-agrarlobby-iaw.pdf (eingesehen am 30.04.2025)
[6] Umweltbundesamt (2022): Mehrwertsteuer ökologisch und sozial gestalten, https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/mehrwertsteuer-oekologisch-sozial-gestalten (eingesehen am 30.04.2025)
[7] Springmann, M., Dinivitzer, E., Freund, F. et al. (2025): A reform of value-added taxes on foods can have health, environmental and economic benefits in Europe. Nat Food 6, 161–169, https://www.nature.com/articles/s43016-024-01097-5 (eingesehen am 30.04.2025)
[8] Greenpeace (2025): Die versteckten Kosten der Ernährung: Was kostet unsere Ernährung für Gesundheit und Umwelt?, https://www.greenpeace.de/publikationen/Versteckte%20Kosten%20der%20Ern%C3%A4hrung_0.pdf (eingesehen am 16.06.2025)
[9] Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (2025): Die Bio-Branche 2025, https://www.boelw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Zahlen_und_Fakten/Brosch%C3%BCre_2025/B%C3%96ELW_Branchenreport2025.pdf (eingesehen am 16.06.2025)
[10] BNW Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (2025): Ökolandbau und Pestizidabgabe: Landwirtschaftsministerium muss Lebensgrundlage der Bäuer:innen schützen, https://www.verbaende.com/news/pressemitteilung/oekolandbau-und-pestizidabgabe-landwirtschaftsministerium-muss-lebensgrundlage-der-baeuerinnen-schuetzen-166759/ (eingesehen am 16.06.2025)