Abgemagert und verwundet: Die riskante Rettung des Pferdes „Gold“

Die Mitarbeiter von PETA HELPS ROMANIA erhielten eines Tages eine besorgniserregende Meldung: Seit ungefähr zehn Tagen stehe auf einem Feld nahe eines abgelegenen Dorfes ein weißes, völlig abgemagertes Pferd. Sein Zustand sei katastrophal: Die Beine seien zusammengebunden, offene Wunden seien zu sehen. Das Pferd sehe traurig aus und habe den Kopf immerzu gesenkt.

Zusammengebundene Beine – keine Seltenheit!

In Rumänien werden die Beine von Pferden oftmals zusammengebunden, damit die Tiere ihre natürlichen Verhaltensweisen nicht ausleben und sich nicht bewegen oder laufen können. Die Meldung über das weiße Pferd im Feld kam zu einer Zeit, in der es jeden Tag regnete und heftige Gewitter über das Land zogen.

Laut unserem Informanten stand das Tier Tag und Nacht bewegungslos in strömendem Regen und Donnergetöse. Offenbar legte es sich nur nieder, was auf beiden Körperseiten bereits tiefe, offene Wunden verursacht hatte.

Unser Team machte sich natürlich sofort auf den Weg. Als die Mitarbeiter das abgemagerte Tier erblickten, näherten sie sich ganz langsam. Die Augen des Tieres sahen unglaublich verloren aus, doch seine Beine waren nicht zusammengebunden. Und da wurde klar, warum der Hengst sich nicht bewegte: Er hatte in den Hinterbeinen so starke Schmerzen, dass er nicht gehen konnte!

Gold hatte 10 Tage auf diesem Feld verbracht.

Hilfe von der Polizei

Wir riefen die Polizei, um das Pferd zu identifizieren und festzustellen, ob es wirklich ausgesetzt worden war. Außerdem war es zwingend erforderlich, alle Informationen zu seinem Auffinden und seinem äußeren Zustand festzuhalten und zu dokumentieren, damit wir das Tier übernehmen konnten.

Gleichzeitig suchten wir mit Hochdruck nach einer Unterbringungsmöglichkeit – bei Organisation und sogar Privatpersonen, denen wir versicherten, dass wir die Verantwortung und die Kosten für die ärztliche Behandlung des Pferdes übernehmen würden.

Die schwierige Suche nach einem Platz für ein Pferd

Zum Glück fanden wir schließlich eine befreundete Tierschutzorganisation, die bereits 80 Pferde beherbergt und einwilligte, das weiße Pferd abzuholen und gesund zu pflegen. Und so verließ unser Pferd, das wir nun „Gold“ nannten, in der Nacht mit gesenktem Kopf das Feld, auf dem es so lange gestanden hatte.

Gold verließ das Feld in Richtung Zukunft.

Plötzliche Anrufe vom „Tierhalter“

Doch schon am nächsten Tag erhielten wir die ersten Anrufe von einem Herrn Roșu, der sich als Besitzer ausgab und die sofortige Rückgabe des Pferdes forderte. In den nächsten Tagen bekamen wir Dutzende Anrufe von ihm, erfuhren aber in der Zwischenzeit auch, wer dieser Mann war – ein zwielichtiger Betrüger mit einer beängstigenden Ausstrahlung, der bereits12 Jahre inhaftiert gewesen und der Polizei bestens bekannt war.

Roșu besitzt teure Pferde, mit denen er an Wettbewerben oder Messen teilnimmt. Dort zwingt er die Tiere, schwere Gewichte zu ziehen, um so ihre Stärke unter Beweis zu stellen. Reinrassige Pferde sind für Roșu nichts weiter als ein Werkzeug, um sich aufzuspielen und seinen Reichtum zu präsentieren. Mehrere Tierärzte verweigern die Versorgung von Roșus Pferden mittlerweile, denn wenn die ärztliche Behandlung eines Tieres nicht zu dem von Roșu gewünschten Ergebnis führt, kann das eine ernsthafte Bedrohung für das Tier werden und schlimme Folgen bis hin zum Tod des Pferdes nach sich ziehen.

Auf tierquälerischen Wettbewerben wie diesen stellt auch Roșu seine Pferde zur Schau.

Er flößt allen Angst ein

Roșu gab bei der Polizei an, dass sein Pferd gestohlen worden war. Außerdem mobilisierte er einflussreiche Personen, die sich daraufhin mit uns in Verbindung setzten. Sie hatten natürlich keine rechtliche Handhabe, um uns zur Rückgabe des Pferdes zu bewegen, übten aber enormen Druck auf uns aus. Je mehr wir über Roșus Macht und Einfluss erfuhren, desto mehr Angst bekamen wir, denn gegen rumänische Unterwelt-Clans konnte sich selbst die Polizei oftmals nicht durchsetzen. Es war offensichtlich, dass uns niemand wirklich beschützen würde, und selbst die Polizei riet uns, Roșu das Pferd zurückzugeben. Doch wie würde Gold bei Roșu nur einen einzigen Tag überleben?

Wir führten zahlreiche Gespräche mit Roșu, in denen wir ihm erklärten, dass das Pferd auf einem staatseigenen Grundstück in einem sehr schlechten Zustand gefunden worden war und weder Nahrung noch Wasser oder einen schützenden Unterstand hatte. Wir verdeutlichten ihm, dass es gegen das Gesetz verstößt, ein Tier auszusetzen. Zudem hatte Roșu für den Hengst keinen Equidenpass oder ein sonstiges Identitätsdokument.

Obwohl wir verschiedene Ansätze ausprobierten, um die Situation möglichst erfolgreich zu meistern, blieb Roșu hartnäckig. Es schien, als wolle er seinen Willen mit aller Gewalt durchsetzen. Er setzte uns so sehr unter Druck, dass wir schließlich darüber nachdachten, ihm das Pferd wirklich zurückzugeben. Doch dann stellten wir uns vor, wie wir Gold zurückbringen und wieder in Roșus Hände geben würden. Wir wussten, dass der Hengst ihm völlig hilflos ausgeliefert sein wird, bis er irgendwann seinen Leiden erliegt. Diese Vorstellung konnten wir einfach nicht akzeptieren!

Wir beschlossen, weiter zu kämpfen, denn jede einzelne Seele ist es wert, gegen den größten Sturm anzukämpfen. Also gaben wir alle Taktiken, die wir in unseren Gesprächen mit Roșu bisher angewandt hatten, auf. Wir erklärten ihm unverblümt, dass er das Pferd nie wieder zurückkommen werde und wir uns vor Gericht sehen, falls er uns weiter belästigt. Es fühlte sich richtig an – aber wir wussten auch, dass wir nun mit massiven Aggressionen rechnen mussten, die wir alleine nicht in den Griff bekommen würden.

Der Gewalt eines Clans hilflos ausgeliefert

Wir haben schon viele Tiere gerettet – doch diese Tierrettung löste bei uns ein nie dagewesenes Unbehagen und große Angst aus. Wir wussten, dass die Polizei oftmals untätig zusieht, wenn man mit der Macht eines Clans konfrontiert wird, der keine Gewaltanwendung scheut. Dennoch hofften wir, dass die Auseinandersetzung nach diesem letzten Gespräch endlich beendet sein würde – und wir sollten recht behalten. Roșus Anrufe wurden seltener, schließlich stellte er seine Belästigungen gänzlich ein.

Gold hat nun die Chance auf ein neues Leben!

Gold in der Klinik

Gold wurde nun tierärztlich untersucht, und eine Röntgenaufnahme zeigte, dass er an schlimmer Hufrehe, einer schweren Pferdekrankheit, leidet. Da auch seine Nierenwerte schlecht waren, musste er in eine Spezialklinik eingeliefert werden. Hier erhält er nun die optimale tiermedizinische Behandlung und hat beste Chancen, wieder ganz gesund zu werden und alle wichtigen Nährstoffe zu bekommen, die er jetzt so dringend braucht.

Auf dem Weg der Besserung

Mittlerweile kann Gold wieder viel besser gehen, er legt sich nicht mehr kraftlos hin, und auch seine Wunden sind fast verheilt. Neben der körperlichen Genesung hat auch die Heilung seiner Seele begonnen: Gold senkt seinen Blick nicht mehr dauerhaft auf den Boden, sondern blickt nun stolz nach vorn, manchmal auch gen Himmel. Die Körperhaltung des Hengstes hat sich komplett verändert, er hat seinen Stolz wiedererlangt.

Gold ist in Sicherheit.

Es hat sich so sehr gelohnt, für dich zu kämpfen, Gold!

Was Sie tun können

Rumänien ist das Land mit den meisten heimatlosen Hunden in ganz Europa. Tausende von ihnen werden Jahr für Jahr von Hundefängern gefangen und in städtischen Tierheimen und Tötungsstationen untergebracht. Um dieses Leid zu verringern, haben wir gemeinsam mit unserem Partner Eduxanima ein großes Kastrations- und Bildungsprogramm vor Ort ins Leben gerufen.

Mit einer mobilen Kastrationskampagne können wir jedes Jahr über 8.000 Tieren helfen. Mithilfe von Kastration und Registrierung sorgen wir für eine nachhaltige Populationskontrolle von Hunden und Katzen. Durch Spenden von Laufleinen und Nahrung und mit medizinischer Versorgung hilft unser Team Hunden, die auf der Straße leben, und jenen, die zwar ein Zuhause haben, aber im Freien gehalten werden.

Kinder lernen im Tierschutzunterricht an Schulen, wie wichtig es ist, Mitgefühl und Empathie für alle Lebewesen zu entwickeln. Durch Gespräche mit Politikern und lokalen Bürgermeistern wird die Kampagne auf viele weitere Orte in Rumänien ausgeweitet, denn nur so lässt sich das Leid tausender Tiere langfristig verringern. Wo immer Hilfe benötigt wird, helfen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Kräften.

Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir das Kastrationsprojekt in Rumänien weiter ausbauen können.