Warum Pferde nichts bei Karnevalsumzügen zu suchen haben

Fliegende Pralinenschachteln, angetrunkene Menschenmassen und enormer Lärm – für Pferde ist ein Einsatz bei Karnevalsumzügen purer Stress. Damit sie die hohe Belastung überhaupt aushalten, werden viele von ihnen mit Betäubungsmitteln sediert. [1, 2] Andere werden mit Gewalt durch die Gassen gezerrt. Die Unfallgefahr ist immens hoch, weil Pferde Fluchttiere und sehr schreckhaft sind. Immer wieder kommt es zu dramatischen Unfällen, bei denen Menschen und Tiere zu Schaden kommen.

Gewaltsames Zerren an einem Pferd im Kölner Karneval

Obwohl der Tiermissbrauch offensichtlich ist, brauchen die lobbystarken Karnevalsvereine weder Politik noch Behörden fürchten. Selbst kranke Tiere werden entgegen der selbst aufgestellten Regeln durch viele Stunden andauernden Trubel getrieben. In Köln brach 2017 die 19-jährige Querida mitten während des Umzugs zusammen, obwohl bekannt war, dass sie an „Schale“ litt. Dabei handelt es sich um eine chronische Knochen- und Gelenkerkrankung, bei der die Sturzgefahr mit zunehmender Belastung steigt.

Pferde im Karneval sind nicht mehr zeitgemäß

Mehrheit der Bürger will ein Verbot

Eine repräsentative INSA-Meinungsumfrage [3] ergab Anfang 2018, dass sich mit 47 % eine knappe Mehrheit der Bürger in NRW für ein Verbot von Pferden bei Karnevalsumzügen ausspricht. 45 % der Befragten äußerten keine Bedenken.

Keine Pferde mehr im Bonner Karneval ab 2022

Ende Mai 2021 beschloss das Präsidium des Festausschusses des Bonner Karnevals, dass ab 2022 keine Pferde mehr beim Rosenmontagszug mitlaufen werden. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass beim Einsatz von Karnevalsumzügen das Wohl der Tiere sowie die Sicherheit für Menschen nicht gewährleistet werden können. [4]

„Der Bonner Festausschuss hat eine kluge Entscheidung getroffen, denn Sicherheit und Tierwohl sind viel wichtiger als ein vermeintliches Vergnügen. Weder für die Pferde noch für die meisten Menschen ist der Pferdeeinsatz bei Karnevalsumzügen ein Spaß. Die Tiere leiden durch den Stress unter erheblichen Qualen – immer mehr Menschen stößt der Einsatz von Pferden bitter auf.“

Peter Höffken, PETA Deutschland

Wir von PETA Deutschland fordern, dass auch Städte wie Köln und Düsseldorf nachziehen und endlich Pferde im Karneval verbieten. Wir appellieren an den Kölner Festkomitee-Präsidenten Christoph Kuckelkorn, veraltete Denkmuster über Bord zu werfen und einen Rosenmontagszug zu ermöglichen, bei dem kein Mensch und kein Tier leiden oder um sein Wohlergehen fürchten muss.

Neue Regeln für den Einsatz im Karneval in NRW: „Ungeeignet, Tierleid und Unfallrisiken zu verhindern“

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat überarbeitete Leitlinien für den Einsatz von Pferden bei Karnevalsumzügen veröffentlicht. Statt Pferde im Karneval zu verbieten, dürfen Pferde unter „strengeren“ Bedingungen weiterhin eingesetzt werden: So soll es unter anderem die Möglichkeit geben, die Tiere an mehreren Punkten der Strecke aus dem laufenden Zug zu nehmen. Zudem soll gewährleistet werden, dass Pferden innerhalb von zehn Minuten eine tierärztliche Betreuung zukommt. Nach Möglichkeit sollen die Pferde am Anfang oder Ende des Zugs und nicht in der Nähe einer Musikkapelle positioniert werden. [5]

„Ministerin Heinen-Esser hat versäumt, der Tierquälerei bei Karnevalsumzügen ein Ende zu setzen. Die überarbeiteten Leitlinien verhindern nicht, dass Pferde gezwungen werden, viele Stunden lang zwischen Tausenden – teils alkoholisierten – Feiernden, fliegenden Pralinenschachteln und lauter Musik auszuharren. Für die Fluchttiere bedeutet dieser Dauerstress enormes Leid. Die Reitenden kontrollieren die Tiere oft gewaltsam mit scharfen Gebissen im Mund – doch mehrere Fälle von durchgehenden Pferden bei Umzügen haben gezeigt, dass sie ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr kontrollierbar sind.“

Peter Höffken, PETA Deutschland

Völlig unverständlich ist, dass laut den Leitlinien das Verbot von Doping- und Beruhigungsmitteln nur stichprobenartig kontrolliert werden soll, obwohl es in den vergangenen Jahren immer wieder positive Befunde gab. Auch die jährlich vorgeschriebene „Gelassenheitsprüfung“ vor den Umzügen ist nicht mit dem Tierschutz vereinbar, weil die Tiere dort so lange Stressreizen ausgesetzt werden, bis ihre natürlichen Instinkte unterdrückt sind. Ein weiterer großer Kritikpunkt an den neuen Richtlinien ist, dass weiterhin die besonders gefährlichen Kutschen erlaubt bleiben.

Pferde gehören auf eine grüne Wiese und nicht mitten in den Karnevalstrubel. Wir von PETA Deutschland fordern die Landesregierung Nordrhein-Westfalens auf, sich für das Wohl der Tiere einzusetzen und ihre Einsätze auf Umzügen zu untersagen.

„Desensibilisierung“ – tierquälerische Trainingsmethode

Ebenfalls zu kritisieren sind die tierschutzwidrigen Trainingsmethoden, mit denen die Tiere im Vorfeld „desensibilisiert“ werden. Dazu werden die Pferde regelmäßig mit lauter Musik beschallt oder durch Knallgeräusche erschreckt. Scharfe Gebisse kommen ebenfalls zum Einsatz, um die Pferde mit Schmerzen kontrollieren zu können.

Wie Pferde leben wollen

Pferde sind sehr sensible und soziale Lauftiere, die in einer Herde leben möchten. Sie benötigen neben ausreichend Auslauf – vorzugsweise in einer Aktiv- oder Offenstallhaltung – auch gutes Futter und stets frisches Wasser, Pflege und medizinische Versorgung. Ein Pferd kann in guter Haltung 35 Lebensjahre und mehr erreichen.

Wie Sie den Pferden helfen können

In mehreren Städten sind Pferde bei Karnevalsumzügen aufgrund einschlägiger Erfahrungen verboten oder nur mit Einschränkungen erlaubt. Nach einem Beschluss des Festausschusses Bonner Karneval laufen beim Bonner Rosenmontagszug ab 2022 keine Pferde mehr mit.

Bitte appellieren Sie höflich an die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, auch in der Karnevalshochburg Pferde bei Umzügen künftig nicht mehr zuzulassen.

Frau Henriette Reker: [email protected]