
Immer wieder kommt es zu unverhofften Begegnungen zwischen Wildschweinen und Menschen, wie beispielsweise der Fall am Berliner Teufelssee von August 2020 zeigt. Die Bilder des nackten Mannes, der Wildschweindame Elsa hinterherrannte, weil sie sich seine Laptoptasche stibitzt hatte, gingen um die Welt. Nun müssen Elsa und ihre Familie so wie viele andere Wildschweine um ihr Leben bangen. [1]
Doch warum ist das so und weshalb treibt es die Waldbewohner immer näher an Städte heran? Wir erklären Ihnen die Gründe und zeigen Ihnen, wie Sie sich im Falle einer unerwarteten Begegnung richtig verhalten – und warum es keine Lösung ist, dass Jäger Wildschweine abschießen
Wildschweinbesuche in Städten sind ein menschengemachtes Phänomen
Es gibt viele Gründe, weshalb sich Wildschweine als ursprüngliche Waldbewohner immer öfter in unsere Nähe trauen. Einen davon bekommen wir selbst zu spüren: Wohnungsnot und die damit zusammenhängende starke Bebauung nehmen Wildtieren ihren Lebensraum und zwingen sie in andere Gegenden. Auch der Maisanbau bedroht das natürliche Gleichgewicht: Maisfelder bieten aus Sicht der Tiere verlässliche Futterquellen mit guten Tarnmöglichkeiten – etwas, das ihnen in ihrem gewohnten Waldzuhause kontinuierlich genommen wird. In Maisfeldern leben Wildschweinrotten dagegen manchmal auch über Monate hinweg und vermehren sich entsprechend überproportional. [2] Auch weil Jäger im Winter zufüttern, steigen die Geburtenraten von Wildtieren wie Wildschweinen. [3] Das sehen Jäger als Grund, um die Tiere in teils grausamen Drückjagden zu töten. Allein im Jagdjahr 2018/2019 wurden bundesweit mehr als 500.000 Wildschweine erschossen. [4] Mit Schuld an dem massiven Tierleid ist die pausenlose mediale Hetze der Agrarindustrie gegenüber den intelligenten und geselligen Tieren, die ihren Profit über das Tierwohl stellt. Das schlechte Bild der Tiere prägt die Landwirtschaft dabei durch die konstante Panikmache zu Unrecht. Immer mehr Studien belegen, dass es ohne die Jagd weniger Wildtiere geben würde: Die Jagd zerstört Familienverbände und Sozialstrukturen – losgelöst von ihrem natürlichen Fortpflanzungsrhythmus vermehren sich die Tiere daher unkontrolliert. Denn aufgrund der intensiven Bejagung sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung der Wildtiere und sie werden eher geschlechtsreif. [5]

Denn: Wildschweine sind wundervolle Tiere, sie sind intelligent und sozial. Wer ein paar einfache Tipps befolgt, muss sich vor Begegnungen mit ihnen nicht fürchten und kann obendrein zur eigentlichen Lösung des Problems beitragen.
Tipps zur Wildschweinbegegnung im Wald
Im Umgang mit jedem Wildtier gilt: Respekt ist zu jeder Zeit angebracht. So verhalten Sie sich richtig, wenn Ihnen beim Waldspaziergang oder beim Joggen ein Wildschwein über den Weg läuft:
Abstand halten
Halten Sie immer Abstand, wenn Sie beispielsweise beim Spaziergang oder beim Joggen auf ein oder mehrere Wildschweine treffen. Das gilt besonders für eine Bache, also eine Wildschweinmutter mit ihrem Jungtier.
Warnsignale beachten
Wildschweine drücken sich über Gebärden aus: Fühlen sie sich bedroht, dann schnauben sie, stellen die Schwänzchen auf oder klappern sogar mit den Zähnen. Beobachten Sie diese Signale, ist Vorsicht geboten.
Sich leise und ruhig zurückziehen
Bei genannten Warnsignalen sollten Sie langsam und ruhig den Rückzug antreten. Sehen Sie von hektischen Bewegungen oder lauten Geräuschen ab.
Im Angriffsfall: In die Hände klatschen und sich groß machen
Macht sich das Wildschwein bereit zum Angriff, klatschen Sie laut in die Hände und nehmen Sie eine große, bedrohliche Haltung ein. Im Normalfall reicht das als Einschüchterungstaktik und das Wildschwein wird selbst den Rückzug antreten.
Das sollten Hundehalter im Wald beachten: Bitte nehmen Sie Ihren Hund in Waldgebieten an die Leine. Hunde folgen ihrem Jagdtrieb – Wildschweine dagegen lassen sich nichts gefallen und sind insbesondere dann äußerst wehrhaft und übervorsichtig, wenn es um ihren Nachwuchs geht. In der Regel ziehen bei derlei Auseinandersetzungen die Hunde den Kürzeren. Durch Anleinen vermeiden Sie von vornherein einen Angriff und mögliche Verletzungen auf beiden Seiten.
So vermeiden Sie Wildschweinbesuche in Stadtgebieten:
Es ist wichtig, im Hinterkopf zu behalten, dass wir Menschen Wildtieren, darunter auch Wildschweinen, keine andere Wahl lassen und sie sich nur aus der Not heraus in menschenbewohnte Städte vorwagen. Die Tiere deswegen zu töten, bekämpft nicht den Kern des Problems. Stattdessen sollten wir unser eigenes Verhalten anpassen. Das können Sie tun:
Bitte nicht füttern!
Achten Sie bitte bei Besuchen in öffentlichen Parks und in der Nähe von Restaurants sowie Imbissbuden darauf, Essensabfälle grundsätzlich so zu entsorgen, dass Wildschweine sie nicht erreichen können. Das Füttern von Wildtieren generell ist gesetzlich verboten und kann in Städten zu hohen Geldstrafen führen.
Garten einzäunen
Gartenbesitzer können unerwünschten Wildschweinbesuch vermeiden, indem Sie nicht nur ihren Komposthaufen, sondern das gesamte Privatgelände einzäunen. Da Wildschweine von Natur aus viel Kraft und Willensstärke besitzen, empfiehlt sich ein stabiles Zaunmodell mit mindestens 1,50 Metern Höhe, das durch einen Sockel oder tiefes Eingraben gut im Boden gesichert sein sollte.
Bitte sehen Sie grundsätzlich davon ab, Abfälle wie Kompost, Obst oder altes Gemüse in Wäldern oder umliegenden Gebieten zu entsorgen, denn das lockt die Wildtiere bei ihrer Suche nach Futter an. Im schlimmsten Fall gewöhnen sich Wildschweine daran – was meistens schwerwiegende Folgen für die Tiere hat und darin enden kann, dass Jäger sie abschießen.
Auch hier gilt: Ruhe bewahren
Wenn Sie im Stadtgebiet auf ein Wildschwein treffen, verhalten Sie sich am besten genauso, wie Sie es bei einem Aufeinandertreffen im Wald tun sollten: Indem Sie ruhig bleiben und langsame Schritte zurück machen, geben Sie dem Wildschwein zu verstehen, dass keine Gefahr von Ihnen ausgeht. Gerade in städtischen Regionen kommt es vor, dass Wildschweine nicht immer direkt die Flucht ergreifen, sie sind bereits an den Menschen gewöhnt und weniger scheu. Das gilt auch für den Nachwuchs. Fassen Sie niemals ein Wildschweinferkel an, egal, wie süß es ist oder wie verspielt es sich Ihnen nähern mag! Damit provozieren Sie die nicht weniger achtsamen Eltern nur und fordern eine Auseinandersetzung heraus. Auch die kleinen Ferkel können – wie alle Kinder – frech werden.

Wir Menschen bestrafen Wildschweine, obwohl wir sie ungerecht behandeln
Wildtiere haben dasselbe Recht zu leben wie wir. Nicht Wildschweine, Füchse, Wölfe und Rehe nehmen uns unseren Lebensraum weg – wir Menschen zerstören ihr natürliches Umfeld. Indem Sie die oben genannten Tipps umsetzen, helfen Sie dabei, Wildtiere zu schützen, und ermöglichen es so auch Ihren Kindern, die heimische Tierwelt bei Waldbesuchen näher zu bringen.
Was Sie tun können
- Halten Sie sich an die oben genannten Tipps und tragen damit Ihren Teil gegen das Leid vieler Wildtiere bei.
- Entscheiden Sie sich noch heute für eine bio-vegane Ernährung, denn damit helfen Sie, die Zerstörung des natürlichen Lebensraumes durch die industrielle Landwirtschaft zu reduzieren.
- Melden Sie uns Tierquälerei, zum Beispiel, wenn Sie Zeuge von grausamen Jagdmethoden auf Wildschweine werden. Bild- oder Videoaufnahmen helfen dabei, die Täter vor Gericht zu bringen.