
Bereits kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine reiste ein Team von PETA Deutschland in die polnisch-ukrainische Grenzregion, um fliehenden Menschen und ihren tierischen Mitbewohnern sowie in der Ukraine zurückgelassenen Tieren zu helfen.
Daniel Cox, Leiter unseres Kampagnenteams, schildert Eindrücke von seinem Einsatz vor Ort und verschafft einen kleinen Einblick in die tägliche Arbeit der Menschen, die unerschöpflich daran arbeiten, so viele Hunde und Katzen wie möglich mit ihren Familien in Sicherheit zu bringen.
Freiwillige Helfer:innen in der Ukraine: So sieht der tägliche Einsatz vor Ort aus
„Es ist jetzt 2 Uhr in der Nacht – und wir warten bereits seit fast vier Stunden darauf, die polnisch-ukrainische Grenze überqueren zu dürfen. Es ist bitterkalt und es bilden sich lange Schlangen von Autos, die langsam Richtung Polen rollen. Dabei laufen die Motoren durchgehend, damit die Insassen nicht erfrieren. Es riecht nach Abgasen, die Luft ist zum Schneiden, die allgemein angespannte Atmosphäre ist spürbar.“
Unermüdlicher Einsatz für Tiere und ihre Menschen in Not – auch in gefährlichen Regionen
„Es ist ein extrem langer Tag für uns: Nachdem wir bereits im Morgengrauen aufgebrochen waren, und schließlich gegen 7 Uhr am Morgen endlich in die Ukraine einreisen konnten, verbrachten wir zwischenzeitlich den gesamten Tag damit, zu drei verschiedenen Orten im Umland der Stadt Lviv zu fahren, die etwa 100 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt liegt. Dort haben wir Dutzende Hunde und Katzen abgeholt, die aus Tierheimen in der gesamten Ukraine stammen.“
„Wir reagieren dabei auf Hilferufe von engagierten und mutigen ukrainischen Aktivist:innen, die im ganzen Land verteilt ihr Leben riskieren, um Katzen und Hunde zu retten. Sie haben die Tiere zuvor aus Kiew und Charkiw gerettet und nach Lviv gebracht – aus zwei Städten, in denen die Gefahr und die Zerstörung zunehmend schlimmer werden und es vermehrt Angriffe auf die Zivilbevölkerung gibt.“
Es ist unklar, wie es den unzähligen „Nutztieren“ in der Ukraine ergeht
„Während unserer zahlreichen Rettungseinsätze haben wir nicht eine einzige Kuh, kein Schwein, Huhn oder irgendein anderes sogenanntes Nutztier gesehen. Immer wieder muss ich daran denken, welchem unvorstellbaren Leid jedes einzelne Lebewesen aus der industriellen Tierhaltung ausgesetzt ist. Diese Tiere werden zurückgelassen, vergessen und können nicht gerettet werden – was auch gar nicht nötig wäre, wenn sie gar nicht erst gezüchtet worden wären, nur um viel zu früh in ihrem Leben im Schlachthof getötet zu werden. Ihr Leben ist von Leid, Angst, Schmerzen und Ausbeutung geprägt – unabhängig davon, ob außerhalb der fensterlosen Ställe, in denen sie zusammengepfercht werden, Krieg oder Frieden herrscht.“
Dutzende Hunde und Katzen können gerettet werden
„Bei diesem Einsatz sind wir zu Tierheimen, Wohnungen und anderen provisorischen Unterkünften gefahren, um Tiere in Not einzusammeln und in Transportboxen unterzubringen. Die Verängstigten und Verletzten haben wir beruhigt – und insgesamt 60 Katzen und 20 Hunde in unseren Konvoi aus drei Fahrzeugen verladen. Während wir die Tiere in Sicherheit bringen, entspannen sie sich mit jeder verstreichenden Minute und auch das panische Miauen der Katzen wird langsam leiser.“
„Während ich eine Katze beruhige, lächele ich zum ersten Mal heute“
„Ein etwa sechs Monate junger Kater, den wir ‚Dorian, der graue Kater‘ getauft haben, war so verzweifelt und seine Schreie so herzzerreißend, dass meine Kollegin Petya, die wohl entschlossenste und mutigste Tierrechtlerin, die ich kenne, ihn aus seiner Transportbox holte. Ich bemerke, dass ich zum ersten Mal heute lächele, während ich versuche, den Kater zu trösten.“

„Wir haben Glück: Die Beamt:innen an der Grenzkontrolle sind weniger streng als sonst und lassen uns ohne weitere Diskussionen durchfahren – besänftigt durch den Anblick von Dorian, der vorsichtig am Armaturenbrett schnüffelt.“
„Als wir polnischen Boden erreichen, spüre ich, wie die Anspannung nachlässt“
„Beim Überfahren der Grenze spüre ich, wie sich die Anspannung in meinen Schultern löst. Bei der Fahrt über ukrainische Straßen, die mit Schlaglöchern gespickt und von behelfsmäßigen Kontrollpunkten aus Sandsäcken und Betonstücken gesäumt sind, ist kein Entspannen möglich. Diese Kontrollpunkte sind vom Militär oder Zivilist:innen besetzt, die dem Ruf der Waffen folgen, um ihr Land zu verteidigen. Ein solcher Anblick sorgt dafür, dass der Körper von alleine in Alarmbereitschaft verfällt. Hier fühlt sich alles viel bedrohlicher an als das tägliche Leben in unserer allzu privilegierten westlichen Welt.“
Das Team hörte Luftschutzsirenen und es gab Luftangriffe auf nahe gelegene Militärstationen
„Bisher gab es zwei Luftangriffe auf militärische Einrichtungen in der Nähe von Lviv, und kürzlich hörte unser Team Luftangriffssirenen, als Tiere in die Transporter geladen wurden. Wir versuchen, tagsüber so schnell wie möglich zu arbeiten und Lviv vor Anbruch der Nacht zu verlassen, da nachts die Wahrscheinlichkeit für russische Luftangriffe steigt.“
„Vor Ort erleben wir viel Solidarität“
„Wir haben in den vergangenen Tagen vor Ort viel Solidarität erlebt; alle geben ihr Bestes, um Menschen und Tieren bei der Flucht in sichere Gebiete zu helfen. Vor ein paar Tagen haben wir Elina bei der Flucht nach Deutschland geholfen. Sie ist gemeinsam mit ihren zwölf Katzen aus Charkiw geflohen. Es hat mich zu Tränen gerührt, als ich gesehen habe, wie sie und ihr Mann sich verabschiedeten, als er mit Tiernahrung zurück Richtung Osten fuhr, um sie an Tierheime zu verteilen.“
Nach über 24 Stunden Einsatz: Verletzte Tiere werden in polnischer Klinik untergebracht
„Um fast 5 Uhr morgens, nachdem wir 24 Stunden lang im Einsatz sind, erreicht unser Team endlich Polen, wo die teilweise schwer verletzten Tiere direkt in die Klinik unserer Partnerorganisation gebracht werden. Die anderen Tiere werden in ein nahe gelegenes Tierheim gebracht, in dem sie liebevoll versorgt werden.“
„Nachdem wir die Transportbehälter und Käfige gereinigt und die Fahrzeuge für den nächsten Tag beladen haben, können wir uns endlich ein paar Stunden Schlaf gönnen, bevor die nächste Rettungsaktion beginnt. Einige der Tiere haben bereits ein neues Zuhause in Deutschland und Österreich gefunden. Die anderen werden zu Tierheimen in Deutschland gebracht und können dort adoptiert werden.“
Nicht alle Tiere haben so viel Glück wie die geretteten Hunde und Katzen
„Diese Tiere haben Glück: Sie werden den Rest ihres Lebens versorgt, erhalten Liebe und Schutz von Menschen, die sich um sie kümmern. Aber es gibt noch so viele Tiere, die Hilfe brauchen.“
„Wir haben Nachrichten von Menschen aus der ganzen Welt erhalten, die Tiere aus der Ukraine bei sich aufnehmen möchten. Es ist zwar wunderbar, dass Menschen heimatlose Tiere aufnehmen wollen, doch wer die Zeit und die Mittel hat, ein Tier in seine Familie aufzunehmen, braucht sich nur an sein örtliches Tierheim zu wenden, wo viele liebenswerte Katzen und Hunde verzweifelt auf ein liebevolles Zuhause warten, in dem sie ihr Leben verbringen können. Dadurch wird dann automatisch ein Platz am Ende der Kette in einem polnischen Tierheim frei, das dann wieder ein Tier aus der Ukraine aufnehmen kann.“
„Ich hoffe, dass wir lernen, dieses Mitgefühl auch auf andere Tiere auszudehnen, die es ebenso verdienen, dass wir uns um sie kümmern. Denn wir müssen nicht sogenannte „Haustiere“ adoptieren, um Kühen, Schweinen, Hühnern und anderen zu helfen: Jede:r von uns kann 200 Tieren pro Jahr unnötiges Leiden und Sterben ersparen, indem wir uns für eine tierfreundliche vegane Lebensweise entscheiden, statt sie in der Ernährungs- und Bekleidungsindustrie auszubeuten und töten zu lassen.“
120 Tonnen Tiernahrung konnten bereits geliefert werden – doch noch mehr Hilfe ist nötig
„Dank der großzügigen Unterstützung von unseren Spender:innen konnten wir bereits 120 Tonnen Hunde- und Katzennahrung in die Ukraine liefern und dort verteilen, wo solche Hilfslieferungen zunehmend lebensrettend sind: Vor kurzem haben es zwei Konvois bis nach Odessa geschafft, wo die Vorräte an Tiernahrung ausgegangen waren und die Tiere mehrere Tage kein Essen erhalten hatten.“
„Es wird jedoch noch viel mehr Nahrung benötigt: Wir werden daher weiterhin so viel Tiernahrung wie möglich in die Ukraine bringen, um so viele Menschen und Tiere wie möglich zu erreichen – mit der Hilfe von Menschen, die unsere Bemühungen unterstützen.“
Helfen Sie den Tieren in der Ukraine: Unterstützen Sie PETAs „Global Compassion Fund“
Wenn Sie unseren Einsatz an der polnisch-ukrainischen Grenze unterstützen möchten, ist das über unseren „Global Compassion Fund“ möglich: