Olympia und Reitsport: Immer wieder Tierquälerei und tödliche Vorfälle

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Bei den Olympischen Spielen 2020 (durchgeführt 2021) sorgte vor allem ein Vorfall weltweit für Entsetzen: So versetzte die deutsche Athletin Annika Schleu im Modernen Fünfkampf mit Tritten und Schlägen dem Pferd Saint Boy zu, als dieses den Parcours verweigerte. Dieses Beispiel ist jedoch nur eines von vielen dafür, dass dass beim olympischen Reitsport die Bedürfnisse der Pferde hinter den Interessen der Athlet:innen stehen.

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Die Tiere leiden im Reitsport unter dem Ehrgeiz der Reiter:innen und der Gier nach Prestige, Ansehen und oft auch nach Geld. In diesem Beitrag finden Sie eine Auflistung der relevanten Vorfälle im Reitsport bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris und 2020 in Tokio, bei denen Pferde vor laufenden Kameras verletzt, misshandelt und erheblichen Leiden ausgesetzt wurden.

Inhalte im Überblick

Welche Reitsportarten sind olympisch?

  • Springreiten: Im Stechen des Springreitens (Einzel) der Olympischen Spiele 2020 gingen sechs Reiter:innen mit ihren Pferden an den Start. Hier sollen Reiter:innen und Pferde Hürden überwinden, die zwischen 1,40 und 1,65 Meter hoch sind. [1] Wer am schnellsten mit den geringsten Fehlerpunkten ins Ziel kommt, gewinnt. Die Bedürfnisse der Pferde werden zurückgestellt, sie werden über Hindernisse gehetzt, mit Gerten und Sporen angetrieben.
  • Vielseitigkeit: Die olympische Disziplin Vielseitigkeit – früher als „Military“ bekannt – besteht aus den folgenden Disziplinen: Springen, Dressur und einem Geländeritt. Den Pferden werden risikoreiche Höchstleistungen abverlangt – mit dem einzigen Ziel, ihren Reiter:innen und Halter:innen zu Profit und Ruhm zu verhelfen. Dabei werden sie extremen körperlichen Belastungen ausgesetzt; innerhalb weniger Tage muss je ein Pferd drei Disziplinen absolvieren. Dabei tragen sie nicht nur scharfe Gebisse im Mund, die bei Sprüngen nicht selten von Reiter:innen als Haltegriff missbraucht werden, sondern sind auch Sporen und Gerten ausgesetzt. Diese werden als sogenannte Hilfsmittel dazu eingesetzt, die Pferde „nach vorne“ zu bringen – oft um jeden Preis.
  • Dressurreiten: Dabei werden Pferde zu unnatürlichen Bewegungen gezwungen, während sie Kandaren im empfindlichen Mund tragen müssen. Ein Kandarenzaum besteht aus zwei Gebissen, einer festen Stange mit zum Teil einer Kette, die um den Pferdekiefer gebunden wird, und einem in sich beweglichen Gebisseinsatz. Das bedeutet, dass Pferde beim Dressurreiten zwei Gebisse in ihrem Mund tragen, aus denen jeweils ein Paar Zügel – also zwei insgesamt – zum Menschen reichen. Jede Bewegung über den Zügel zum Pferdemund kann bei dem Pferd Schmerzen auslösen. Teils treten Reiter:innen immer wieder mit ihren Sporen in den empfindlichen Pferdebauch.

In der olympischen Disziplin Moderner Fünfkampf, die in Paris 2024 zum letzten Mal mit Springreiten ausgetragen wird, werden die Pferde der Teildisziplin Springreiten den Teilnehmer:innen zugelost. Ein Verband stellt die Pferde, die meist von privaten Pferdehalter:innen aus dem Land des Austragungsorts stammen. [2]

Der Vorfall bei den Olympischen Spielen in Tokio wurde zum Anlass genommen, die Disziplin Springeiten beim Modernen Fünfkampf nach Paris 2024 durch die des Hindernisparcours zu ersetzen. [3]

Olympia 2024 in Paris: Stürze und Tierquäler:innen am Start

  • Sturz beim Vielseitigkeitsreiten: Manuel Grave stürzt mit Carat de Bremroy – Reiter und Pferd bleiben für eine Weile liegen. [4] Ob das Tier bei dem Sturz eine Verletzung erlitt, wurde nicht mitgeteilt.
  • Sturz im Gelände beim Vielseitigkeitsreiten: Christoph Wahler verliert im Sprung die Balance und stürzt vom Pferd. [5] Offiziellen Angaben zufolge wurde das Pferd nicht verletzt.
  • Brasilianischer Reiter nach verbotener Rollkur verwarnt: PETA USA liegt Bildmaterial von den Olympischen Spielen in Paris vor, das zeigt, wie Carlos Parro, Mitglied des brasilianischen olympischen Reitteams, den Hals eines Pferdes bei der Rollkur schmerzhaft überdehnt: Diese „Trainingsmethode“ erschwert dem Tier das Atmen, kann seine Wirbelsäule beschädigen und zu langanhaltenden Schäden führen. PETA USA meldete den Vorfall, woraufhin die zuständige reiterliche Vereinigung Fédération Équestre Internationale eine Verwarnung aussprach. [6]
  • Ausschluss eines italienischen Reiters: Der italienische Reiter Emiliano Portale wurde von den Spielen in Paris ausgeschlossen, weil das von ihm gerittene Pferd Future nach einem Wettkampf aus dem Mund blutete.
  • Ausschluss eines US-amerikanischen Reiters: Der US-amerikanische Reiter Marcus Orlob und das Pferd Jane wurden vom olympischen Dressurwettbewerb ausgeschlossen, nachdem das Tier sich beim Betreten des sogenannten Dressurvierecks offenbar aus Protest aufbäumte und dabei sein rechtes Hinterbein verletzte. Die Jury bemerkte, dass das Bein der Stute blutete und hielt Orlob von der Teilnahme ab. Dieser Ausschluss disqualifizierte die USA beim Wettkampf um die Mannschaftsmedaille.  [6]
  • Dänische Reiter:innen wegen schwerer Tierquälerei angezeigt: In den dänischen Medien kursierten Fotos, die von dänischen Olympiareitenden gemacht wurden. Fachleute erkennen auf dem Bildmaterial, dass die Pferde starke Schmerzen haben: Es sind Tiere mit blauen Zungen zu sehen. Diese waren Folge einer verminderten Blutzirkulation, die durch grausame Praktiken (ein Gebiss und ein zu enger Nasenring) verursacht wurde – Beweise für Misshandlungen. Natürlicherweise ist die Zunge rosa wie das Zahnfleisch um sie herum, eine blaue Zunge ist ein klares Anzeichen dafür, dass im Mund des Pferdes etwas nicht stimmt. Es ist zu sehen, wie ein Reiter fest an den Zügeln zieht, während er auf einem Pferd mit einer anscheinend blauen Zunge sitzt. Um die blauen Zungen der Pferde zu verbergen, haben die Reiter:innen offenbar begonnen, die Nasenriemen fester anzuziehen, wodurch es für die Tiere schwieriger wird, ihren Mund zu öffnen. Die Reiter:innen hatten absichtlich gegen die Regeln verstoßen und versuchten, dies zu vertuschen. Die Jury nahm dies anscheinend nicht zur Kenntnis, doch wegen der belastenden Bilder wurden die dänischen Reiterinnen Nanna Skodborg Merrald, Nadja Aabo Sloth und Cathrine Laudrup-Dufour wegen tierquälerischer Misshandlung angezeigt. [7]

Tierquäler:innen bei Olympia 2024: Skandale im Vorfeld der Spiele

Annika Zillekens, ehemals Annika Schleu, nimmt auch in Paris wieder am Modernen Fünfkampf inklusive Springen teil. Bei den vorherigen Spielen in Tokio war sie beim Modernen Fünfkampf disqualifiziert worden und hatte für Empörung gesorgt, als sie mit einer Gerte auf das völlig gestresste und verängstigte Pferd Saint Boy eingeschlagen hatte. Ihre erneute Teilnahme ist ein Schlag ins Gesicht für den Tierschutz.

Auch der Springreiter Max Kühner, gegen den das Amtsgericht Starnberg im März 2024 auf Antrag der Münchner Staatsanwaltschaft II einen Strafbefehl erlassen hat, tritt in Paris an. Er steht unter anderem im Verdacht, Pferde durch sogenanntes Barren gequält und zu mehr Leistungen angetrieben zu haben. Kühner hat gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt, womöglich kommt es im Herbst 2024 zu einer Gerichtsverhandlung.

Zudem tritt die dreifache Olympiasiegerin Charlotte Dujardin bei den Spielen in Paris nicht an, da sie gesperrt wurde. Ein Video zeigt, wie sie im Training ein Pferd vor Jahren massiv gequält hatte – so schlug sie mehrfach hart mit einer Peitsche auf das hilflose Tier. [8]

Olympia 2020 in Tokio: Tritte, Schläge und Nasenbluten

Moderner Fünfkampf: Zugelostes Pferd Saint Boy wird mehrfach geschlagen

Zum Modernen Fünfkampf wurde das Pferd Saint Boy ausgeliehen und zwei Reiterinnen zur Verfügung gestellt, die jeweils 20 Minuten Zeit hatten, den Wallach kennenzulernen, um danach einen komplexen Springparcours zu bewältigen. Die erste der beiden Wettkämpferinnen war die russische Fünfkämpferin Gulnaz Gubaydullina. Im Parcours wehrte sich Saint Boy und verweigerte Sprünge – während die Reiterin mit Schlägen durch die Gerte und Tritte in seinen Bauch versuchte, den Wallach weiter anzutreiben. Der Ritt wurde daraufhin abgeklingelt und beendet.

Die deutsche Athletin Annika Schleu „war sich keiner Tierquälerei bewusst“, [9] nachdem sie das Pferd Saint Boy vor laufenden Kameras mit einer Gerte verprügelte, weil dieses sich weigerte, den Parcours zu starten. Schleu befolgte den „Rat“ ihrer Trainerin Kim Raisner, die sie dazu aufforderte, „mal richtig draufzuhauen“. [10] Zusätzlich versetzte Bundestrainerin Raisner dem Pferd einen Fauststoß von der Seite aus. Saint Boy wurde massiv mit der Gerte geschlagen, ihm wurden gewaltsam die Sporen in den Bauch getreten und er wurde mit Gewalt dazu genötigt, den Parcours zu durchlaufen. Nach mehreren Verweigerungen schied Annika Schleu mit Saint Boy aus. Statt mit dem verstörten Pferd mitzufühlen, sind sich Schleu und Raisner keiner Schuld bewusst:

„Ich bin weit davon entfernt, Tiere zu quälen. Ich liebe Tiere, ich liebe Pferde. Wir verdreschen unsere Pferde nicht.“

Bundestrainerin Kim Raisner in einem Stern-Interview. [11]

Springreiten: Pferd Kilkenny blutet aus der Nase

Der irische Reiter Cian O’Connor startete mit Kilkenny im Stechen. Dabei blutete der Wallach stark aus der Nase – der Ritt wurde dennoch nicht unterbrochen. Weder von den Richter:innen noch von anderen Verantwortlichen. Die FEI argumentierte, dass Nasenbluten – anders als Blut aus dem Mund oder an den Flanken – nicht zum Ausschluss führen würde. Cian O’Connor verzichtete nach dem Vorfall auf einen weiteren Start mit Kilkenny. [12]

  • Teddy Vlock stürzt mit Pferd Amsterdam – beide bleiben unverletzt

    Nicht nur für Pferde, auch für die Reiter:innen kann Springreiten gefährlich, sogar lebensbedrohlich sein. Während der Qualifikation im Springreiten Einzel startete der für Israel antretende Reiter Teddy Vlock mit dem Pferd Amsterdam. Während Vlock auf ein Hindernis zuritt, verloren Pferd und Reiter die Distanz und stürzten beide schwer. Während Amsterdams Beine beim Sturz einknickten, sich das Pferd aber wieder aufrichtete, blieb der israelische Reiter einige Augenblicke reglos liegen. Beide haben laut dem Sportportal Eurosport den Platz verletzungsfrei verlassen können. [13]

Vielseitigkeit: Wallach Jet Set wird nach Verletzung getötet

Während der Olympischen Spiele in Tokio im Sommer 2021 ist der Schweizer Wallach Jet Set nach einem Bänderriss getötet worden. Das Pferd „kam am letzten Wasserkomplex etwas müde an, […] beim Herausreiten aus dem Wasser ging der Braune dann aber plötzlich nur noch auf drei Beinen.“ [14] In der Vielseitigkeit kommt es immer wieder zu schweren Verletzungen, die oft tödlich für die Tiere enden. [15]

Pferd sprint ueber Hindernis
Pferde werden beim Dressurreiten gezwungen, oftmals untypische und komplizierte Bewegungsabläufe wie beispielsweise Pirouetten auszuführen. 

Dressurreiten: Reiter:innen standen in der Vergangenheit unter Dopingverdacht

Die Dressurreiter:innen machten während der Olympischen Spiele  in Tokio den Auftakt des Reitsports. Im Vorfeld kritisierten verschiedene deutschsprachige Influencer:innen, unter anderem Aurel Mertz, dass Pferde für die Spiele 19 Stunden Flug ertragen mussten.

Einige deutsche Teilnehmer:innen an Olympischen Spielen wurden in der Vergangenheit wiederholt wegen Dopings ihrer Pferde zeitweise gesperrt – darunter Namen wie Isabell Werth, [16] Ludger Beerbaum [17] und Christian Ahlmann. [18] Auch dies ist eine Form der Misshandlung.

Schon früher wurden Pferde für die Olympischen Spiele missbraucht: Weitere Stürze mit schweren Verletzungen und Todesfolgen – Beispiele

Neben dem Pferd Jet Set, das bei den Olympischen Spielen in Tokio getötet wurde, starben zahlreiche weitere Pferde in Folge von olympischen Wettkämpfen:

  • Olympische Spiele in Berlin 1936: Das Pferd Legény, geritten vom ungarischen Teilnehmer István Visy, brach sich bei einem Hindernis ein Bein und wurde daraufhin getötet. [19]
  • Olympische Spiele in Berlin 1936: Das Pferd Slippery Slim wurde von dem US-amerikanischen Reiter John Willems geritten, verletzte sich am selben Hindernis wie Legény und wurde aufgrund des Beinbruchs ebenfalls eingeschläfert. [20]
  • Olympische Spiele in Stockholm 1956: Nachdem sich das Pferd Iller des schwedischen Reiters Johan Asker auf dem Parcours ein Bein gebrochen hatte, wurde es eingeschläfert. [21]
  • Olympische Spiele in Rom 1960: Mures II brach nach dem Parcours zusammen und starb. [22]
  • Olympische Spiele in Athen 2004: Das Pferd Over and Over erlitt bei einem Wettkampf einen Bruch des linken Oberschenkels und wurde getötet, da die Verletzung als nicht behandelbar galt. [23]

All diese beispielhaften Vorfälle verdeutlichen die Risiken und Misshandlungen, denen Pferde bei den Olympischen Spielen und ähnlichen Wettbewerben ausgesetzt sind. Die Belastungen, die Pferde ertragen müssen, sowie die unzureichenden Sicherheits- und Betreuungsmaßnahmen führen immer wieder zu Diskussionen und Forderungen nach dem Ende der Tierquälerei bei Olympia sowie des für Tiere und Menschen gefährlichen Reitsports.

Da bei den Spielen in Paris 2024 erneut zahlreiche Fälle massiver Tierquälereien bekannt wurden, haben sich neun PETA-Büros weltweit, darunter auch wir von PETA Deutschland und PETA Schweiz, Mitte August 2024 an das Internationale Olympische Komitee gewandt und in einem Brief gefordert, sämtliche Pferdedisziplinen von den Wettbewerben zu verbannen. [24]

Helfen Sie, das Leid der Pferde bei Olympia zu beenden!

Im Reitsport werden Pferde zu Sportgeräten degradiert. Sie werden gegen ihren Willen in Dressurvierecke und Springparcours manövriert und müssen auf Kommando Leistung abrufen – ohne Rücksicht auf ihr Wohl.

Helfen Sie, das Leid der sensiblen Tiere in diesem ausbeuterischen System zu beenden, indem Sie ein Ende des Reitsports bei Olympia fordern. Unterschreiben Sie dazu unsere Petition an das Olympische Komitee.