Vegan in der Schwangerschaft – kein Problem! Ein Erfahrungsbericht

Ein Erfahrungsbericht von Lisa Kainz, Fachreferentin bei PETA Deutschland

Die vegane Ernährung ist mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen – zumindest für erwachsene Menschen. Schwangere Frauen oder Eltern kleiner Kinder müssen sich leider noch immer gesellschaftlicher Kritik stellen, da sich viele Menschen und leider auch viele Ärzte noch nie wirklich mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt haben. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) versäumt hier leider ihren Aufklärungsauftrag!

Um werdenden Müttern, die sich auch in der Schwangerschaft vegan ernähren wollen, etwas Sicherheit zu geben, werde ich hier über die Erfahrungen meiner ersten Schwangerschaft schreiben.

Zuerst etwas über meine Person:

Ich bin Jahrgang 1988, lebe seit meinem 23. Lebensjahr vegan und lege Wert darauf, mich (meistens) gesund und abwechslungsreich zu ernähren. Mit dem Thema, was eine „gesunde Ernährung“ überhaupt bedeutet, habe ich mich tatsächlich erst auseinandergesetzt, als ich vegan wurde.

1. Monat

Vegan und schwanger

Wenn der Schwangerschaftstest dieses lebensverändernde zweite Strichlein anzeigt, dann steht die Welt erst einmal Kopf. Von da an möchte jede Mutter natürlich nur das Beste für ihr Baby, und gerade die Ernährung der Mutter ist ein wichtiges Thema.

Noch vor dem ersten Besuch bei der Frauenärztin ging ich also in die Apotheke. Auch wenn Veganer oft sehr gut mit Folsäure versorgt sind, wollte ich natürlich nichts dem Zufall überlassen. Folsäure ist gerade in den ersten Wochen für die Entwicklung des Embryos sehr wichtig und wird jeder Schwangeren und allen, die schwanger werden wollen, empfohlen. B12 nehme ich sowieso regelmäßig. So, und nun hieß es Füße still halten bis zum ersten Arztbesuch.

Bei meiner Frauenärztin

Ganz aufgeregt gingen mein Freund und ich also zum ersten Termin. Wir haben uns wahrscheinlich die gleichen Fragen gestellt, wie alle werdenden Eltern. Ist alles gut? Was kann man da jetzt schon alles sehen? Was erwartet uns? Und so weiter …

Da ich mich mit der veganen Ernährung sehr sicher fühle, hatte ich auch kein Problem damit, es der Ärztin im Gespräch zu erzählen – einfach auch, um zu erfahren, auf was ich alles achten muss. Glücklicherweise blieben nervige Grundsatzdiskussionen aus und ich bekam fachkundige Tipps für die weiteren Monate.

Die sahen wie folgt aus:

B12 wie gewohnt weiternehmen, genau wie Folsäure. Wir hatten zuvor schon Blut abgenommen, und da meine Eisenwerte über dem Durchschnitt lagen, sollte ich noch kein Eisenpräparat nehmen (gerade gegen Mitte/Ende der Schwangerschaft sollen viele werdende Mütter auf ihren Eisenspiegel achten, da erhöhter Bedarf besteht).

Auch meine Schilddrüsenwerte hatten sich wieder normalisiert, nachdem sich mein Körper an die Hormonumstellung der Schwangerschaft gewöhnt hatte, weshalb ich in Bezug auf Jod erstmal nichts weiter beachten musste. Manchen Schwangeren, egal ob vegan oder nicht, wird zusätzlich Jod empfohlen.

Weil ich als Veganerin natürlich keinen Fisch esse, empfahl mir die Ärztin mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Da ich mich jedoch auch mit diesem Thema auseinandergesetzt hatte und regelmäßig Nüsse, Avocado, Samen, Leinöl und ab und an auch Algen (als Salat oder Sushi) esse, entschloss ich mich, nur DHA als ungesättigte Fettsäure zusätzlich zu nehmen (in Form von Kapseln aus Algen). Ich glaubte zwar nicht, dass ich das wirklich brauche, aber sicher ist sicher.

Obst und Gemüse musste ich wie jede Schwangere gründlich waschen (Toxoplasmose), aber ansonsten sollte ich mich einfach weiter so gut und abwechslungsreich wie bisher ernähren.

Die weiteren Arztbesuche waren natürlich genauso aufregend – aber nicht wegen unserer Ernährung, sondern weil es einfach ein Wunder ist, ein kleines Wesen in sich wachsen zu sehen und zu spüren.

5. Monat

Ich war nun im fünften Monat, der Bauch wuchs langsam deutlich. Da uns im Ultraschall noch keine merkwürdigen Veränderungen, wie krautartiges Beinwachstum oder bananenförmiges Köpflein, aufgefallen war, vertrauten wir unserer Ärztin, die mit der Entwicklung unseres kleinen Sohnes sehr zufrieden war.

Schwangerschaftsübelkeit oder sonstige Wehwehchen?

Die Schwangerschaft ist ein großes Ereignis – auch für den weiblichen Körper. Deshalb sind körperliche und hormonelle Veränderungen sowie mal ein Zwicken hier und da ganz normal. Ich hatte das Glück, dass ich wenig bis gar nicht mit Schwangerschaftsübelkeit kämpfen musste. Anfangs war ich einfach oft sehr müde und musste mich langsam an das Hormonchaos gewöhnen. Zudem war mein Kreislauf nicht mehr so stabil wie früher, aber im Großen und Ganzen konnte ich mich nicht beschweren. Jede Schwangerschaft verläuft jedoch anders – deshalb wäre es, denke ich, unangebracht, hier Rückschlüsse auf meine Ernährung zu ziehen.

Trotzdem kann ich abschließend sagen: Ich fühlte mich mit meiner Ernährung pudelwohl, rundum versorgt – und ich freute mich auf die zweite Halbzeit!

8. Monat

Ich war nun schon im achten Monat und trug meine immer größer werdende Babykugel mit Stolz vor mir her.

Besuche bei meiner Frauenärztin

Alle vier Wochen besuchte ich meine Frauenärztin zur Routineuntersuchung. Dort wurde neben Urin, Blutdruck und der allgemeinen Untersuchung mit Ultraschall auch regelmäßig mein Blut kontrolliert. Diese stetige Kontrolle finde ich sehr wichtig, da Auffälligkeiten schnell festgestellt und behandelt werden können. Glücklicherweise war bei mir und meinem Baby immer alles in bester Ordnung – nur meine Schilddrüsenwerte lagen nicht ganz im Normbereich, weshalb ich zur Sicherheit ganz niedrig dosierte Schilddrüsenhormone nehmen musste. Dies kommt u. a. durch die Hormonumstellung und den erhöhten Hormonbedarf recht häufig vor und sollte ernst genommen werden, da Unstimmigkeiten negative Auswirkungen auf die Gesundheit des Babys haben können.

So durfte es weitergehen

Alle anderen Werte, das Wachstum und die Entwicklung des Babys sowie das erste CTG waren perfekt. Ich war noch recht fit und musste glücklicherweise nicht mit Wassereinlagerungen, starken Rückenschmerzen oder großer Gewichtszunahme kämpfen – so durfte es gerne weitergehen! Um auch weiterhin fit zu bleiben, ging ich natürlich mit meinen Hunden spazieren, ab und an schwimmen und in die Sauna, machte etwas Gymnastik und startete auch einen Yoga-Kurs. Und zwischendrin lag ich ganz viel auf der Couch und legte die Beine hoch.

Was ich konsumierte

Eigentlich hatte sich an meinem Speiseplan kaum etwas geändert. Ich hatte keine Heißhungerattacken auf bestimmte Lebensmittel und verbat mir keine „kleinen Sünden“. Insgesamt ernährte ich mich gesund und abwechslungsreich – das heißt viel frisches Gemüse, Vollkornprodukte, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Dazu leckeres Obst, Nüsse und viel stilles Mineralwasser (mit reichlich Kalzium) sowie Kräutertees. Ab und an durften natürlich auch fettige Kalorienbomben auf den Teller, und ich brauchte jeden Tag ein paar Rippchen meiner veganen Lieblingsschoki.

Auf was ich achtete

B12 und Vitamin D

Veganer (sowie mehr Vegetarier und Omnivore als gedacht) sollten Vitamin B12 ergänzen. Daneben haben viele Deutsche einen Mangel an Vitamin D (unabhängig von der Ernährungsweise und vor allem im Winter). Beides supplementierte ich regelmäßig.

Jod

Ich benutze Jodsalz und esse gerne veganes Sushi und Algensalat. Gerade in der Schwangerschaft sollte man aber eine ausreichende Jodzufuhr sicherstellen, weshalb ich zu einem Kombi-Präparat (B12, Vitamin D und Jod) griff.

Omega 3

Auch wenn ich Nüsse, Avocado, Leinsamen und Leinöl immer in meinen Speiseplan integriere, nahm ich zusätzlich Omega 3. War wahrscheinlich nicht unbedingt nötig, aber sicher ist sicher.

Eisen

Bisher waren meine Eisenwerte immer überdurchschnittlich gut. So langsam leerten sich wegen des erhöhten Bedarfs aber meine Speicher, und ich achtete darauf, besonders eisenreiche Lebensmittel wie Hirse, Amarant, grünes Gemüse und Sonnenblumenkerne (in Kombination mit Vitamin C) zu essen. Zudem kann man sich pflanzliche und eisenreiche Säfte von Floradix oder Rotkäppchen besorgen.

Fazit

Ich bin sicherlich kein Einzelfall – wer sich informiert und auf einige wenige Dinge achtet, kann sich auch in der Schwangerschaft problemlos vegan ernähren und die vielen Vorteile der rein pflanzlichen Ernährung für Körper und Gesundheit nutzen.

Ganz wichtig: Machen Sie sich nicht verrückt, und genießen Sie Ihre Schwangerschaft mit leckerem Essen ohne Tierleid!