Whale Watching: Tierquälerei oder Beitrag zum Tier- und Artenschutz?

Wer Urlaub am Meer macht, der hofft häufig auch, seltene Meerestiere beobachten zu können. Vor allem Wale wie Delfine, Pottwale und Buckelwale stehen dabei hoch im Kurs, aber auch Orcas, die übrigens ebenfalls zur Familie der Delfine gehören. Während solche Beobachtungen in Küstennähe und vom Strand aus eher selten möglich sind, erhöhen sich die Chancen auf eine Begegnung mit den Meeressäugern auf dem Wasser. Das wissen auch kommerzielle Anbieter:innen, die Whale Watching in Form von Bootstouren anbieten und Tourist:innen ein unvergessliches Erlebnis versprechen.

Tierfreund:innen, die mit dem Leben und den Anforderungen von Meeresbewohnern ein wenig vertraut sind, stellen sich vermutlich die Frage, ob diese Angebote wirklich tierfreundlich oder für die intelligenten Tiere möglicherweise sogar gefährlich sind. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen zum Thema Whale Watching.

Whale Watching: Tierquälerei oder Beitrag zum Tier- und Artenschutz?

Ob am Strand oder auf dem offenen Meer: Wer auf eine Walsichtung hofft, der braucht Glück. In vielen touristischen Regionen versprechen Anbieter garantierte oder sehr wahrscheinliche Begegnungen mit den Tieren auf dem Meer. Hier finden Sie alle wichtigen Informationen dazu, wie tierfreundliches Whale Watching gestaltet sein sollte, wie man seriöse von unseriösen Anbieter:innen unterscheiden kann, und warum solche Angebote einen Beitrag zum Schutz der Tiere leisten können.

Inhaltsverzeichnis

Ist Whale Watching Tierquälerei?

Whale Watching ist nicht grundsätzlich Tierquälerei. Bei der Buchung von Whale-Watching-Angeboten sollten Urlauber:innen jedoch darauf achten, dass die Tiere nicht gestört werden. Denn die Meeressäuger sind unersetzlich für das Ökosystem Meer und bereits ohne den Stress durch touristische Bootsfahrten vielen Gefahren ausgesetzt.

Respektvolles und tierwohl-orientiertes Whale Watching

Da es bezüglich Whale Watching keine einheitlichen Vorgaben gibt, ist die Auswahl des richtigen Veranstalters extrem wichtig. Nur so ist es möglich, dass diese Form des Wildtier-Tourismus nachhaltig und tierfreundlich erfolgt.

Im Gegensatz zu Walbeobachtungen im Rahmen von Bootstouren können Sie beim Beobachten von Land aus, dem sogenannten „Land-based Watching“, sicher sein, die Tiere in keiner Weise negativ zu beeinflussen. Bei dieser Option werden die Wale nicht gestört, doch ihr natürliches Verhalten kann trotzdem optimal beobachtet werden. Auch wenn viele Anbieter:innen von Whale-Watching-Touren großen Wert darauf legen, die Tiere nicht zu bedrängen, locken andere mit „garantierten“ Sichtungen und jagen den Walen rücksichtslos hinterher.

Orca schwimmt im Wasser
Auch vom Land aus können Wale in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet werden.

Weltweit gibt es eine Vielzahl an Orten, an denen man mit etwas Glück Delfine und Wale beobachten kann, beispielsweise die kanadische Insel Neufundland in der Zeit von Mai bis Ende August. Aber auch auf Sylt, in Großbritannien, Frankreich, Irland, den Azoren und vielen anderen Ländern kann man Tiere mit etwas Geduld und einem Fernglas von Land aus beobachten.

Wer sich für Whale Watching interessiert, sollte sich bewusst sein, dass sämtliche menschliche Aktivitäten im Meer Folgen haben können – und dazu gehören auch Whale-Watching-Touren auf dem Wasser.

Ist Whale Watching gefährlich?

Wale sind intelligente und sensible Tiere. Ein aufdringliches Verhalten und Verfolgungen im Wasser können für die Meeressäuger gefährlich werden. So konnten Meeresforscher:innen beispielsweise Verhaltensstörungen bei Tieren nachweisen, in deren Lebensraum das Schwimmen mit Delfinen erlaubt ist.

Rücksichtloses Whale Watching kann verschiedene negative Auswirkungen haben, darunter Verhaltensänderungen, gesundheitliche Probleme, Stress für Delfinmütter mit Kindern und einen Rückgang der Populationen.

Whale Watching
Aufdringliches Verhalten oder Verfolgungen können den Meeressäugern schaden.

Mögliche Folgen des Whale Watching

  • Lärm durch Whale Watching-Touren kann die Tiere in ihren Ruhephasen stören, ihre Kommunikation erschweren, die Nahrungsaufnahme beeinflussen, soziale Interaktionen unterbinden und beispielsweise zur Vernachlässigung des Nachwuchses führen
  • Orientierungslosigkeit und veränderte Schwimmrichtungen
  • Auswirkungen auf die Population, beispielsweise durch die Beeinträchtigung der Fortpflanzung
  • Kollisionen mit Schiffen, bei denen Tiere verletzt und getötet werden [1, 3-5]

Ein starker Schiffsverkehr begünstigt Verhaltensänderungen bei den Tieren und führt zu Stress, was auf Dauer ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen haben kann. [6]

Wo kann man am besten Wale sehen?

Um Wale beobachten zu können, muss man oft nicht besonders weit reisen. Dennoch ist es nur in einigen Regionen der Welt möglich, Wale und Delfine in ihren natürlichen Lebensräumen zu bestaunen. Auch in Europa gibt es einige Gebiete, in denen die Meeressäuger leben und Begegnungen möglich sind.

  • Sylt

    Auf der Nordseeinsel können Schweinswale direkt vom Weststrand aus beobachtet werden, ohne dass geführte Bootstouren nötig wären. Wenn die Sicht gut und das Wetter windstill ist, sind Einzeltiere und kleinere Gruppen zu sehen. [7] Dabei kommen die Tiere teilweise nah an die Küste. Alternativ kann man auf Sylt auch Bootstouren in das Walschutzgebiet buchen.

  • Norwegen

    Während das norwegische Festland nicht die besten Voraussetzungen zum Beobachten von Walen bietet, lassen sich um die Inselgruppe des Landes in der Region Vesteralen verschiedenste Wale sichten. In dem rund 300 Kilometer nördlich des Polarkreises gelegenen Gebiet leben zahlreiche Walarten, darunter Pottwale, Pilotwale, Zwergwale und Delfine.

  • Frankreich

    Am Mittelmeer und an der Atlantikküste im Nordwesten Frankreichs kann man in Küsten- und Strandnähe regelmäßig Delfine beim Schwimmen, Springen und bei der Nahrungssuche beobachten.

  • Island

    Einer der am besten geeigneten Orte zur Walbeobachtung in Europa ist Island. Dort lassen sich abhängig von Region und Reisezeit Zwergwale, Schweinswale, Buckelwale, Orcas, Pottwale, Finnwale, Grindwale, Blauwale und Weißschnauzdelfine bestaunen.

  • Schottland

    Die Gewässer um Schottland gehören zu den besten Regionen Europas, um Delfine und Wale von Land aus zu beobachten. In den schottischen Küstenregionen gibt es zahlreiche ausgewiesene sogenannte Shorewatch Sites, an denen die Chancen auf eine Sichtung besonders hoch sind. [8] Von den fast 30 in schottischen Gewässern lebenden Wal- und Delfinarten werden etwa 20 regelmäßig gesichtet – dazu gehören Zwergwale, Schweinswale, Große Tümmler, gewöhnliche Delfine und Rundkopfdelfine sowie Finnwale und Orcas.

  • Kanarische Inseln

    Vor allem in den Gewässern um Teneriffa und La Gomera leben zahlreiche verschiedene Walarten, die vom Blauwal bis hin zu Orcas reichen.

  • Balearische Inseln

    Auch im Meer um die Inselgruppe im Mittelmeer können mehrere Walarten wie Finnwale und Delfine entdeckt werden, letztere vor allem vor Mallorca.

  • Azoren

    An derportugiesische Inselgruppe mitten im Atlantik ziehen zwischen Mai und Oktober verschiedene Meeressäugerarten vorbei. Aufmerksame Beobachter:innen können mit etwas Glück Finn- und Blauwale sichten.

Tipps für tierfreundliches Whale Watching: Wie erkennt man seriöse Anbieter?

Wer mit dem Gedanken spielt, ein Whale-Watching-Angebot zu buchen, der sollte wissen: Es gibt sowohl seriöse Anbieter:innen die auf das Wohl der Tiere bedacht sind, aber auch welche, denen es ausschließlich um Profit geht und die keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Tiere nehmen.

Um sicher zu gehen, dass Sie bei einem seriösen Anbieter:innen buchen und kein Tierleid verursachen, sollten Sie sich im Voraus umfassend informieren.

So erkennen Sie unseriöse Anbieter

Wenn Sie Angebote von Whale-Watching-Touren finden, bei denen eine „sehr hohe Wahrscheinlichkeit“ für Sichtungen und Begegnungen mit den Meeressäugern angepriesen wird, dann können Sie davon ausgehen, dass es sich um unseriöse Anbieter:innen handelt.

Weitere Hinweise für problematische Angebote sind:

  • Verfolgen der Tiere: Einige Anbieter:innen machen mit motorisierten Booten oder dem Einsatz von Hubschraubern regelrecht Jagd auf Wale.
  • Bedrängen der Tiere: Wird ein Mindestabstand von mindestens 100 Metern nicht eingehalten, können die Wale nicht selbst entscheiden, wie nah sie dem Boot kommen wollen. Das bedeutet für die Tiere großen Stress.
  • Das Schwimmen mit Walen wie Delfinen birgt für Mensch und Tier große Risiken. Bitte entscheiden Sie sich nur für Anbieter:innen, deren Angebot kein Delfinschwimmen umfasst.
Personen schwimmen mit Delfinen im Wasser
Angebote wie das gemeinsame Schwimmen mit den Tieren sind unseriös und nicht ganz ungefährlich.

Wenn skrupellose Anbieter:innen ihre Bootstouren rücksichtslos im Lebensraum der Tiere durchführen und die Wale bedrängen oder verfolgen, kann das die Fortpflanzung der Tiere beeinträchtigen und beispielsweise die Mutter-Kind-Beziehungen innerhalb von Familien stören.

So erkennen Sie tierfreundliche Anbieter – 10 Tipps

Seriöse und tierfreundliche Anbieter:innen respektieren die Bedürfnisse und unterschiedlichen Stimmungen der Wale. Informieren Sie sich daher über die folgenden Punkte:

  1. Sind Anzahl und Dauer der Fahrten in einen bestimmten Bereich begrenzt?
  2. Geschultes Fachpersonal an Bord sollte die Körpersprache der Tiere kennen und entsprechend reagieren, um Stress zu reduzieren. [1]
  3. Um Lärmbelästigung zu vermeiden, sollten statt Motorbooten möglichst Segelboote, E-Boote oder sogar Kanus, Kajaks und Paddelboote zum Einsatz kommen.
  4. Werden motorisierte Boote verwendet, stellen verantwortungsvolle Unternehmen die Motoren ab und warten – denn meist kommen die neugierigen Tiere von selbst in die Nähe der Boote. Das Ausschalten des Motors ist Vorschrift, denn an der rotierenden Schiffsschraube können sich Meerestiere schwer oder tödlich verletzen.
  5. Sind die Schiffe so gebaut, dass keine Verletzungsgefahr von ihnen ausgeht und dass die Tiere bei Zusammenstößen möglichst keinen Schaden davontragen?
  6. Während der Fahrt sollten keine spontanen Änderungen von Geschwindigkeit und Kurs vorgenommen werden, um die Tiere nicht zu verschrecken.
  7. Sind Walfamilien mit Jungtieren unterwegs, ist besondere Rücksicht geboten. [1]
  8. Seriöse Touren finden mit kleinen Ausflugsgruppen ohne alkoholisierte Teilnehmer:innen statt.
  9. Informationen über bedrohte Tiere und Lebensräume: Whale Watching wird auch von Organisationen angeboten, die durch die Sensibilisierung der Teilnehmer:innen einen Beitrag zum Schutz der Meeressäuger und ihres Lebensraums leisten. Biolog:innen oder fachkundige Mitarbeiter:innen sollten vor und während den Touren über die in der Region lebenden Wale sowie ihren Lebensraum informieren und darüber aufklären, dass das Meer ein schützenswerter Lebensraum ist. [1]

Falls möglich, sollten Sie Whale-Watching-Touren vor Ort über Tierschutzorganisationen buchen statt bei kommerziellen Unternehmen. Entscheiden Sie sich im Zweifel lieber für „Land-based Watching“, denn dann können Sie sicher sein, dass die Tiere nicht belästigt werden.

Orcas schwimmen im Meer
Am tierfreundlichsten ist die Beobachtung der Tiere vom Land aus.

So verhindern Sie Tierleid im Urlaub

Viele Angebote in Urlaubsregionen zielen darauf ab, Reisenden das Geld aus der Tasche zu ziehen – oftmals getarnt als vermeintlicher Tier- und Artenschutz. Während das Leid der Tiere bei Stierkämpfen und Pferdekutschen offensichtlich ist, gibt es auch zahlreiche Angebote, die nicht als tierquälerisch wahrgenommen werden – es aber dennoch sind. Dazu zählen etwa der Kontakt zu Wildtieren in Auffangstationen, das Reiten auf Wildtieren, Fotoshootings mit Wildtieren oder der Besuch von Delfinarien.

Informieren Sie sich daher über tierquälerische Freizeitangebote und die größten Tierschutzfallen im Ausland.