Heumilch und Weidemilch: Warum die Produkte keine tierfreundliche Alternative sind

Viele Konsument:innen fragen sich, ob „Heumilch“ und „Weidemilch“ bessere Alternativen zu konventioneller Milch sind – nicht zuletzt weil die Milchindustrie und Firmen Milch- bzw. Milchprodukte aus „Weidemilch“ oder „Heumilch“ vermehrt bewerben. Dabei betonen sie, wie tierfreundlich und natürlich diese Produkte seien.

Doch was steckt hinter diesen Begriffen und den Versprechungen?

Inhalte im Überblick

Was ist der Unterschied zwischen „Weidemilch“ und „Heumilch“?

Wenn Milch- und Milchprodukte mit den Begriffen „Heumilch“ und „Weidemilch“ beworben werden, nehmen viele Konsument:innen an, diese Produkte würden mehr Tierwohl bedeuten. Denn die Industrie vermittelt in der Werbung und auf den Produktverpackungen oft ein idyllisches Bild von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen. Doch der traurige Alltag der meisten Rinder in der Milchindustrie sieht ganz anders aus.

Was ist „Heumilch“?

Der Begriff bezieht sich ausschließlich auf die Ernährung der Kühe: Als „Heumilch“ wird die Art von Milch bezeichnet, bei der die Kühe möglichst viel „Grünfutter“ erhalten, dazu gehören frisches Gras und Heu und Getreide. Die Tiere dürfen nicht mit Silage ernährt werden, also mit spezieller Tiernahrung, die durch Gärung haltbar gemacht wurde. Da der Begriff EU-weit gesetzlich geschützt ist, müssen bestimmte Produktionsstandards erfüllt werden.

Die Bezeichnung „Heumilch“ sagt jedoch nichts über die Haltungsform aus; wie viel Platz die Kühe im Stall haben oder ob sie Zugang zu einer Weide haben.

Wann wird Milch als „Weidemilch“ bezeichnet?

Der Begriff „Weidemilch“ ist gesetzlich nicht geschützt – wie lange die Tiere tatsächlich auf der Weide stehen, ist nicht verbindlich definiert. Jeder Betrieb kann diese Regelung daher unterschiedlich auslegen.

Die Mindestvorgabe, an der sich viele Milchbetriebe  orientieren: Die Kühe stehen an mindestens 120 Tagen im Jahr für mindestens 6 Stunden auf der Weide.

Das bedeutet jedoch, dass die Kühe an über 240 Tagen drinnen und auch über Nacht im Stall sind, zudem bei „ungünstigen“ Witterungsverhältnissen auch gerne mal im Stall gelassen werden.

„Weidemilch“ ist nicht tierfreundlich: Die Realität hinter den verbrauchertäuschenden Milchpackungen hat mit der dargestellten Weidenidylle nichts zu tun:

  • Die meisten Kühe in Deutschland leben in sogenannten Laufställen. Diese bestehen aus Laufgängen mit meist rutschigen Spaltenböden, die Klauenprobleme verursachen können.
  • Neben Heu oder Gras landet sogenanntes Kraftfutter wie Getreide oder Silage, meist aus Mais oder Soja, im Trog. Dieses gibt den Kühen zwar „Kraft“, aber im negativen Sinne, denn es sorgt für eine noch höhere „Milchleistung“ und kann die Tiere in großen Mengen auf Dauer sehr krank machen. Jede Kuh hat einen Liegeplatz. Stroh ist hier nicht vorgeschrieben, daher liegen die Kühe meist auf einer dünnen Gummimatte auf blankem Beton. Schmerzende Gelenke und Druckstellen können die Folge sein.
  • Gerade in kleinen Betrieben ist die Anbindehaltung weit verbreitet. Das bedeutet, die Kuh steht meist ihr Leben lang am selben Platz und kann sich nicht einmal umdrehen.
kuh im stal
Konventioneller Laufstall und ausgemergelte Kuh – auch mit gelegentlichem Weidegang bleibt dies Tierquälerei.

Warum „Heu“- und „Weidemilch“ keine bessere Alternative sind

Für die wenigen Tiere, die tatsächlich gelegentlich auf eine Weide dürfen oder bessere Nahrung bekommen, haben auch diese Umstände kaum etwas mit einem artgerechten oder tierfreundlichen Leben zu tun.

  • Auch für „Weide“- oder „Heumilch“ werden die Kühe meist künstlich befruchtet, da die Säugetiere nur wirtschaftlich Milch produzieren, wenn sie etwa einmal im Jahr ein Kalb zur Welt bringen.
  • Ihre Kinder werden ihnen meist kurz nach der Geburt weggenommen. Wenn die Kälber männlich sind, werden sie nach wenigen Wochen oder Monaten im Schlachthof getötet.
  • Weiblichen Kälbern steht das gleiche traurige Leben wie ihren Müttern bevor.
  • Nach durchschnittlich etwa fünf Jahren werden die empfindsamen und intelligenten Tiere, die in der Milchindustrie ausgebeutet werden, ebenfalls ins Schlachthaus transportiert, da sie für Landwirt:innen dann nicht mehr rentabel sind. Sie werden lange vor ihrer möglichen Lebenserwartung getötet, da Kühe bis zu 20 Jahre oder älter werden können.
  • Immer wieder werden auch schwangere Kühe getötet, sodass das ungeborene Kalb im Mutterleib erstickt, wenn der Kuh die Kehle durchtrennt wird.

Milchkonsum ist immer unnatürlich und speziesistisch

Würde Hundemilch als besonders natürlich oder gesund für den Menschen verkauft werden, wäre die Empörung groß. Hundemilch ist Nahrung für Hundebabys. Nicht einmal menschliche Muttermilch würden die allermeisten Erwachsenen als Milch für ihren Kaffee in Erwägung ziehen.

Nach der Stillzeit brauchen wir für eine ausgewogene Ernährung keine Säuglingsnahrung mehr – vor allem nicht die von anderen Spezies wie Rindern, Schafen oder Ziegen.

Für eine gesunde Ernährung benötigen wir keine „Heu“- und „Weidemilch“

Oft wirbt die Milchindustrie mit dem Argument, dass „Weide“- bzw. „Heumilch“ besonders viele wertvolle Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren beinhalten würden. Dass diese ungesättigten und deshalb als gesund geltenden Fettsäuren bei überwiegender Ernährung der Tiere mit Gras oder Heu auch vermehrt in der Milch vorkommen, ist durchaus möglich.

Dies bedeutet aber nicht, dass diese Milch frei von gesättigten Fettsäuren ist. Ein hoher Milchkonsum steht unter anderem aufgrund dieser als ungesund geltenden Fettsäuren im Zusammenhang mit einem höheren Risiko für verschiedene gesundheitliche Probleme wie

Einige pflanzliche Lebensmittel liefern ausreichend Omega-3-Fettsäuren für eine gesunde Ernährung – und das ganz tierfreundlich. Gute Quellen sind Chiasamen, Leinsamen, Hanfsamen, Walnüsse und die daraus gewonnenen Öle, mit DHA angereicherte Öle und Mikroalgenöl.

Ist „Heumilch“ laktosefrei?

„Heumilch“ ist nicht laktosefrei, auch wenn das die ehemalige Bundesagrarministerin Ilse Aigner 2013 behauptet hat. Pflanzendrinks und vegane Alternativen zu Milchprodukten hingegen sind es schon – und das ohne Tierleid.

Kuh mit Kalb
Nur so ist Kuhmilch natürlich: als Muttermilch für das Kalb.

Weidehaltung: Nicht naturnah, sondern schlecht für Klima und Umwelt

Weidehaltung ist weder klima- noch umweltfreundlich und dient auch nicht dem Wohlergehen der Tiere. Es ist lediglich eine veraltete Tradition, die Menschen glauben lässt, dass Weidehaltung „naturnah“ sei. Diese Annahme ist jedoch falsch, denn Weiden, auf denen keine Tiere aus der Landwirtschaft gehalten werden, sorgen sowohl für einen wachsenden Bestand an Wildtieren [1] als auch langfristig für eine Zunahme der Artenvielfalt.

Global sind 77 Prozent der Agrarflächen für die Milch- und Fleischproduktion belegt, wobei nur 18 Prozent der weltweiten Kalorien damit gedeckt werden [2]. Dabei wird in Deutschland rund ein Drittel der landwirtschaftlich genutzten Fläche als Grünlandfläche genutzt. Würden diese Flächen aufgeforstet werden, könnte 4- bis 10-mal so viel Kohlenstoff in der Fläche gebunden werden als auf Grasland [3].

Zusätzlich ist das Methan aus der Rinderhaltung mit einem Anteil von 62 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft ein Hauptverursacher der Klimakatastrophe in Deutschland [4]. Denn unabhängig von der Ausbeutungsform ist Methan innerhalb von 12 Jahren mehr als 100 Mal schädlicher als CO2.

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  • Quellen

    [1] Filazzola, A., Brown, C., Dettlaff, M.A., Batbaatar, A., Grenke, J., Bao, T., Peetoom Heida, I. and Cahill, J.F., Jr (2020), The effects of livestock grazing on biodiversity are multi-trophic: a meta-analysis. Ecol Lett, 23: 1298-1309, https://doi.org/10.1111/ele.13527 (eingesehen am 10.01.2024)

    [2] Our World in Data (2019): Global land use for food production, https://ourworldindata.org/land-use (eingesehen am 10.01.2024)

    [3] Griscom BW, Adams J, Ellis PW, Houghton RA, Lomax G, Miteva DA, et al. Natural climate solutions. Proceedings of the National Academy of Sciences. 2017;114(44):11645-11650

    [4] Umweltbundesamt (2022): Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgas-Emissionen, https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft (eingesehen am 10.01.2024)