
In Deutschland werden jährlich Millionen Tiere für „wissenschaftliche“ Zwecke missbraucht. Auch wenn die Zahlen 2020 gesunken sind, bedeutet das nicht, dass Politik und Forschung in diesem Bereich bedeutende Fortschritte machen würden – denn aufgrund der Beschränkungen während des Corona-Lockdowns wurden einige Forschungsaktivitäten (welche nicht COVID erforschen) zurückgefahren und somit auch viele Tierversuche ausgesetzt oder abgebrochen. Trotz großer Versprechungen werden weiterhin unzählige Tiere in deutschen Versuchslaboren gequält und getötet.
Erfahren Sie hier, welche Tierversuche in Deutschland durchgeführt werden, welche und wie viele Tiere missbraucht werden – und wie Sie gegen die grausamen Experimente aktiv werden können.
Millionen Tiere werden in Deutschland in Versuchen und Experimenten missbraucht
In deutschen Versuchslaboren werden immer noch unzählige Tiere in Giftigkeitstests von Chemikalien, in Tierversuchen für der Entwicklung von Medikamenten und für andere Zwecke wie Aus- und Weiterbildungen missbraucht. Fast die Hälfte der Tiere wurde in der Grundlagenforschung missbraucht. [1]
2020: Offizielle Zahl der missbrauchten Tiere sinkt auf 2,5 Millionen
Laut offiziellen Angaben waren die Versuchszahlen mit 2,5 Millionen missbrauchten Tieren in Deutschland im Jahr 2020 im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig [1] – doch das sind nur scheinbar gute Nachrichten: Denn der Grund ist nicht etwa, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seine Ankündigung, die Anzahl an Tierversuchen senken zu wollen [2], wahr gemacht hat, sondern vor allem die Corona-Pandemie. Aufgrund der Beschränkungen während des Lockdowns wurden viele Forschungsaktivitäten, die nicht die COVID-Forschung betreffen, zurückgefahren und somit auch viele Tierversuche ausgesetzt oder abgebrochen.
Davon waren vor allem gesetzlich vorgeschriebene Experimente wie Sicherheitstests von Chemikalien und die Erhaltung von genetisch veränderten Tieren betroffen. Anders sah es bei der Grundlagen- und angewandten Forschung aus; in diesen Bereichen sind die Zahlen sogar gestiegen. Es ist deshalb kaum anzunehmen, dass es sich hierbei um eine Trendwende handelt.
Zu den offiziellen Zahlen kommen weitere etwa 4 Millionen Tiere, die gezüchtet, als „Überschuss“ getötet und wie Müll entsorgt werden – diese Zahl wird in der jährlichen Statistik jedoch verschwiegen und wurde zuletzt für das Jahr 2017 erfasst. [3]

Mehr Tierversuche mit Hamstern, Pferden und Schafen
Die Zahl der missbrauchten Hamster lag 2020 bei über 2.100 Tieren, somit waren es etwa 1.000 Tiere mehr als im Vorjahr. Während die Zahl der Hunde und Katzen im Vergleich zum Vorjahr sank (bei Hunden von fast 3.500 auf über 2.500, bei Katzen von knapp 1.000 auf 640), stieg die Zahl der Meerschweinchen, Frettchen, Rinder und Schafe. Von ihnen litten 2020 insgesamt 27.420 in deutschen Versuchslaboren. Die Zunahme der Anzahl von missbrauchten Pferden und Eseln ist besonders auffällig: Von etwa 1.400 Tieren im Jahr 2019 stieg die Zahl nun auf über 2.200 Tiere – das ist ein Anstieg von 180 Prozent. [1, 2]
Entwicklung der Tierversuchszahlen in Deutschland im Laufe der Jahre
In den Jahren vor der Corona-Pandemie stiegen die Zahlen der in Tierversuchen missbrauchten Tiere – entgegen dem seit Jahren angekündigten Vorhaben, diese Zahlen möglichst zu reduzieren.

2019 | 2.902.348 Tiere |
2018 | 2.825.066 Tiere |
2017 | 2.807.297 Tiere |
2016 | 2.854.586 Tiere |
2015 | 2.799.961 Tiere |
2014 | 2.798.463 Tiere |
2013 | 2.997.152 Tiere |
2012 | 3.080.727 Tiere |
2011 | 2.911.705 Tiere |
2010 | 2.856.316 Tiere |
2009 | 2.786.331 Tiere |
2008 | 2.692.890 Tiere |
2007 | 2.609.483 Tiere |
2006 | 2.518.267 Tiere |
2005 | 2.412.678 Tiere |
2004 | 2.265.489 Tiere |
2003 | 2.112.341 Tiere |
2002 | 2.212.376 Tiere |
2001 | 2.126.561 Tiere |
2000 | 1.825.215 Tiere |
Hinweis: Seit 2014 wird die Anzahl der Tiere leicht verändert erfasst als zuvor.
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2019: 2.902.348 missbrauchte Tiere
Die Zahl an missbrauchten Tieren lag bei fast 3 Millionen [2] – ein Anstieg von fast 100.000 Tieren im Vergleich zum Vorjahr. Hinzu kommen unzählige weitere Tiere, die gezüchtet und als „Überschuss“ getötet wurden, die in Statistiken nicht erfasst werden.
Mehr Affen, Katzen, Kaninchen, Vögel und Fische
Die Zahl der missbrauchten Affen lag 2019 bei mehr als 3.400 Tieren – damit waren es etwa 100 Affen mehr als im Vorjahr. Während die Zahl der Hunde auf etwa 3.500 Tiere sank, im Vorjahr waren es noch knapp 4.000, stieg die Zahl der Katzen auf fast 1.000 von knapp 800 im vorherigen Jahr. Auch mehr Kaninchen (Titel: Schockierende Tierversuche an Kaninchen) (von 85.645 auf 94.679) und Vögel (von 39.745 auf 43.783) litten 2019 in deutschen Versuchslaboren. Die Zunahme 2019 bei der Anzahl missbrauchter Fische ist besonders auffällig: Von knapp 230.000 Tieren im Jahr 2018 stieg die Zahl nun auf fast 400.000 Tiere – das entspricht einem Anstieg von 73,3 Prozent!
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2018: 2.825.066 missbrauchte Tiere
Für „wissenschaftliche“ Zwecke wurden 2018 mit einer Zahl von rund 2,83 Millionen fast 3 Millionen Tiere missbraucht und zu großen Teilen auch getötet. [4] Im Vergleich zu 2017 zeigt sich ein leichter Anstieg der Zahlen: 2017 lag die Gesamtzahl der Tiere noch bei 2.807.297. Die Zahl der missbrauchten Hunde und Katzen ist im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gestiegen: Fast 4.000 Hunde und über 750 Katzen fristeten 2018 ihr Dasein im Tierversuchslabor. Auch die Zahl der „verwendeten“ Primaten ist mit etwa 3.300 immer noch erschreckend hoch.
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2017: 2.807.297 missbrauchte Tiere
Zu verschiedenen Zwecken wurden 2017 rund 2,8 Millionen Tiere auf verschiedenste Weisen in Versuchen und Experimenten gequält und getötet.
Welche Tierarten werden für Tierversuche in Deutschland missbraucht?
In Deutschland werden Tierversuche am häufigsten an Nagetieren durchgeführt – vor allem an Mäusen und Ratten. Doch auch zahlreiche andere Tierarten leiden für Versuche und in Experimenten, denn wirklich sicher vor Tierversuchen sind hier lediglich Menschenaffen:
- Affen
- Fische
- Frösche
- Esel
- Hamster
- Hunde
- Kalmare und Kraken [1]
- Kaninchen
- Katzen
- Mäuse
- Meerschweinchen
- Pferde
- Ratten
- Schafe
- Schweine
- Vögel
- Würmer
- Reptilien wie Bartagamen [5] und Schlangen [6]
- Verschiedene Insekten
Tiere sind fühlende Lebewesen, die sich ein unversehrtes Leben ohne Leid und Schmerz wünschen. Der Missbrauch von Tieren zu „wissenschaftlichen Zwecken“ ist unmoralisch und speziesistisch.
Warum sind Tierversuche in Deutschland erlaubt?
In Deutschland dürfen Tierversuche laut dem Tierschutzgesetz offiziell nur durchgeführt werden, wenn es für sie keine Alternative gibt – doch ob tierversuchsfreie Methoden ein geeigneter Ersatz wären oder nicht, ist Auslegungssache. Für Medikamente sind Tierversuche gesetzlich vorgeschrieben.
Obwohl die Wissenschaft sich weitgehend einig ist, dass Tiere Gefühle haben und Schmerz empfinden, werden weltweit unzählige von ihnen in Tierversuchen missbraucht. Auch in Deutschland sind Tierversuche mit lebenden Tieren zu den verschiedensten Zwecken weiterhin erlaubt:
- Grundlagenforschung
- Forschung zu Krankheiten und gesundheitlichen Zuständen von Mensch und Tier – auch hinsichtlich Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen „Nutztieren“
- Umweltschutz im Interesse der Gesundheit von Menschen und Tieren
- Sicherheitsprüfung von Arzneimitteln, Lebensmitteln usw.
- Prüfung der Wirksamkeit von Stoffen gegen tierische „Schädlinge“
- Forschung zur Artenerhaltung
- Aus-, Fort- und Weiterbildung
- Gerichtsmedizinische Untersuchungen [7]
Dass hierzulande überhaupt Tierversuche durchgeführt werden, bekommen viele Menschen nur mit, wenn Tierschützer:innen Tierversuchsskandale aufdecken.
Wir brauchen einen verbindlichen Plan für den Ausstieg aus Tierversuchen
Für einen nachhaltigen Rückgang der Zahlen brauchen wir eine verbindliche Ausstiegsstrategie. Die neue Bundesregierung verpflichtet sich laut Koalitionsvertrag erstmalig dazu, tatsächlich eine entsprechende Strategie zu entwickeln – zunächst jedoch nur zur Reduktion von Tierversuchen [8] statt zum Ausstieg mit dem Ziel, gleichzeitig tierversuchsfreie Methoden großzügiger zu fördern.
Nun liegt es an der Politik, es besser zu machen und den Tierschutz in Deutschland voranzubringen. Die Ampel-Koalition hat viel versprochen: eine Strategie zur Reduktion von Tierversuchen sowie die Schaffung eines ressortübergreifenden Kompetenzzentrums zur Förderung tierfreier Methoden. Dabei war sowohl bei den Grünen als auch bei der SPD ein Ausstiegsplan aus Tierversuchen im Wahlprogramm enthalten.
Ob die neue Regierung im Gegensatz zur Regierung der vergangenen 16 Jahre ihren Worten auch Taten folgen lässt, ist abzuwarten. Denn das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das in Deutschland für den Tierschutz zuständig ist, gibt seit Jahren als langfristiges Ziel vor, Tierversuche „möglichst schnell“ komplett ersetzen zu wollen.
EU-Bürgerinitiative für einen Ausstieg aus Tierversuchen – jetzt helfen!
Tierversuche sind ethisch und wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Wissenschaftler:innen von PETA Deutschland und unseren internationalen Partnerorganisationen haben daher unzählige wissenschaftliche Studien zusammengetragen, die das Scheitern von Tierversuchen verdeutlichen.
Gleichzeitig haben sie eine Strategie zum Ausstieg aus Tierversuchen entwickelt, um den medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritt voranzutreiben: den Research Modernisation Deal. Damit bieten wir den Behörden und politischen Entscheidungsträger:innen wissenschaftliche Unterstützung zur Umsetzung einer längst überfälligen Ausstiegsstrategie aus verschwenderischen Tierversuchen – zugunsten von tierfreien Methoden, die für den Menschen relevante Ergebnisse hervorbringen.
Auch auf EU-Ebene ist ein Ausstiegsplan relevant wie nie zu vor: Wir brauchen eine Million Unterschriften, um mit der EU-Bürgerinitiative gegen Tierversuche das Thema vor die EU-Kommission zu bringen. Neben der Durchsetzung des Verbots von Tierversuchen für Kosmetik und einer EU-Chemikalienverordnung ohne Tierversuche fordert die Initiative einen Ausstiegsplan aus Tierversuchen. Jede Stimme zählt!
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Quellen
[1] Deutsches Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (2021): Die Verwendung von Versuchstieren im Jahr 2020, https://www.bf3r.de/de/verwendung_von_versuchstieren_im_jahr_2020-288932.html (eingesehen am 07.06.2022)
[2] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Verwendung von Versuchstieren im Jahr 2019, https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/versuchstierzahlen2019.html (eingesehen am 24.05.2022)
[3] Drucksache 19/18520 vom 01.04.2020: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renate Künast, Kai Gehring, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/185/1918520.pdf (eingesehen am 24.05.2022)[4] Verwendung von Versuchstieren im Jahr 2018, https://www.bmel.de/DE/Tier/Tierschutz/_texte/Versuchstierzahlen2018.html (eingesehen am 24.05.2022)
[5] AnimalTestInfo: Hirnfunktionen in Bartagamen, https://www.animaltestinfo.de/dsp_show_ntp.cfm?ntpID=42146&showPage=qry_param_showPage&CFID=33768248&CFTOKEN=a233fa67938dde25-A7B51EBD-9D06-E2CA-72FAC884B2C9E3AE (eingesehen am 09.06.2022)
[6] AnimalTestInfo: Beuteschlag Schlangen, https://www.animaltestinfo.de/dsp_show_ntp.cfm?ntpID=33706&showPage=qry_param_showPage&CFID=33768248&CFTOKEN=a233fa67938dde25-A7B51EBD-9D06-E2CA-72FAC884B2C9E3AE (eingesehen am 09.04.2022)
[7] Bundesamt für Justiz: Tierschutzgesetz § 71, https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__7a.html (eingesehen am 07.06.2022)
[8] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2021): Versuchstierzahlen für 2020 deutlich gesunken, https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/183-versuchstierzahlen.html (eingesehen am 07.06.2022)